„Heiliger Ort der Konzentration, Meditation, der Stille und des Übens“

Amir in seinem Dojo. Hier stellt er sich der anspruchsvollsten Aufgabe, die es gibt: Kinder trainieren. Foto: Judith Ulbricht

Kelkheim
(ju) – Hört man Karate, denkt man an wilde Prügelfilme, zerschlagene Bretter und Betonsteine. Doch beim Karate geht es nicht um Showeffekte, sondern um die Ausbildung des Charakters.

Ein Großmeister in Kelkheim

Diese Ausbildung hat sich Amir Valadkhani zur Lebensaufgabe gemacht. Und was viele Kelkheimerinnen und Kelkheimer nicht wissen: Unter ihnen weilt ein Shihan, ein Großmeister der Kampfkunst. Im Oktober dieses Jahres bestand Amir seine Prüfung zum 8. Dan und ist damit einer der wenigen in Deutschland, die sich über diesen Titel freuen können. Er ist ein Shihan zum Anfassen. Einer, der innere Werte vermittelt, der seine lebenslange Erfahrung teilen möchte und der sich so natürlich und menschlich zeigt, wie selten ein Großmeister mit diesem Dan. Das wissen auch seine Schülerinnen und Schüler sowie die Senseis Tom und Berthold im Karate Dojo Kelkheim zu schätzen. Hier trainieren sie Kinder, Jugendliche und Jukuren (jap. „Die Erfahrenen“) in der Kampfkunst und den Werten, die sie vermittelt. „Es geht um Respekt, Disziplin, Fairness, Aufmerksamkeit und Wachsamkeit. Außerdem möchten wir die innere Haltung stärken, ein besseres Körpergefühl vermitteln und das Selbstbewusstsein und sichere Auftreten stärken“, fasst Amir die Philosophie zusammen.

Kampfkunst Karate

Karate ist eine Kampfkunst und ein faszinierender Kampfsport aus Japan. Karate ist dynamisch und diszipliniert, kontrolliert und voller Energie. Karate ist sanft und kraftvoll zugleich, elegant und geschmeidig. Karate ist viel mehr als nur ein Sport ... Karate ist lebensbegleitend. So würde es auch Amir beschreiben.

Die Ursprünge des Karatesports liegen etwa 500 Jahre nach Christus. Chinesische Mönche, die keine Waffen tragen durften, entwickelten mit der Zeit Gymnastikübungen zu einer speziellen Selbstverteidigungs-Kampfkunst.

Karate-Do spiegelt bis heute die fernöstliche Philosophie wider. „Karate-do“ bedeutet übersetzt „der Weg der leeren Hand“. Wörtlich heißt das: Der Karateka (Karatekämpfer) ist unbewaffnet, seine Hand ist leer. Das „Kara“ (leer) ist auch ein ethischer Anspruch. Danach sollte der Karateka seinen Geist von negativen Gedanken und Gefühlen befreien, um in allem angemessen handeln zu können.

Im Training und im Wettkampf wird dieser hohe ethische Anspruch konkret: Nicht Sieg oder Niederlage sind das eigentliche Ziel, sondern die Entwicklung und Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit durch Selbstbeherrschung und extreme Konzentration. Der Respekt des Gegners ist von größter Bedeutung.

Ein Leben für den Karatesport

Amir begann mit 11 Jahren mit Karate. Sein erster Trainer war sein Vater, ein strenger, aber gerechter Mann, der ihn bis zum grünen Gürtel trainiert. Der Junge hat Talent und Ehrgeiz, doch im Iran war und ist das Erlernen der Kampfkunst ein teurer Sport. Sein Sensei Keigo Abe erkennt, was in Amir schlummert, übernimmt die Kosten, kümmert sich um das junge Talent. Noch heute verneigt sich Amir vor seinem Sensei, seinem Shihan, der ihm den Weg gewiesen hat. Er wird mehrfach iranischer Meister in Kumite (Freikampf) und Kata, wird Mitglied der Kumite Nationalmannschaft. Höhepunkt seiner Karriere war die Teilnahme an der WM 1984 in Maastricht. 1986 kommt Amir nach Deutschland, wo er gleich das Training bei dem heutigen Bundestrainer Efthimios Karamitsos aufnimmt. Zwischen 1987 und 1990 war er mehrmaliger Hessenmeister und einmal deutscher Vize-Meister im Kumite (Freikampf). Danach hat er sich aus dem aktiven Wettkampfgeschehen zurückgezogen. Heute steht er als Kampfrichter auf der anderen Seite der Matte, aber immer noch nah dran am Geschehen. In Kelkheim unterrichtet Amir schon seit 1986 Karate. „Ich verkaufe jedoch kein Karate, sondern ich vermittle Karate“, fasst Amir seine Lebensaufgabe in knappe Worte. Für ihn ist es wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen nicht nur sportlich, sondern auch geistig beansprucht werden. Im Dojo gibt es klare Regeln, an die sich alle zu halten haben. Betritt man das Dojo, heißt es ‘Schuhe aus und das Draußen vergessen‘, spielerisch werden die Kids an das Üben und Wiederholen herangeführt, zeigen ihr Erlerntes. Über allem steht die erste Regel: Karate beginnt mit Respekt und endet mit Respekt.

Amir möchte mit seinem Dojo den Nachwuchs in ganzer Breite erreichen. Doch er kümmert sich nicht nur um Kelkheimer Kinder, sondern bietet auch immer wieder Kurse für Kinder geflüchteter Familien an. So unterrichtete er 2015 afghanische Kinder kostenlos, derzeit werden ukrainische Geflüchtete trainiert, mit Unterstützung der Bürgerstiftung, die einen Teil der Kosten übernommen hat. Amir: „Das hier ist mein kleines Lebenswerk, ein heiliger Ort der Konzentration, Meditation, der Stille und des Übens. Hier möchte ich Kinder auf das Leben vorbereiten, ihnen eine innere Haltung vermitteln, die sie gefestigt durch die Welt gehen lässt. Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe.“

Kleines Karate-Wörterbuch

Dojo
– Dieses populäre Wort „DOJO“ wird von vielen Anhängern der Kampfkünste gebraucht, ohne dass sie den eigentlichen Inhalt kennen. Es bedeutet nicht einfach „Saal“, sondern eher der Ort, an dem man sich mit dem „Wahren“ befasst. Dojo (jap. ‚Stätte des Do, Ort des Weges‘) bezeichnet einen Trainingsraum für verschiedene japanische Kampfkünste wie z.B. Karate, Judo, Kendo, Ju-Jutsu, Iaido oder Aikido. Im übertragenen Sinne steht der Begriff auch für die Gemeinschaft der dort Übenden bzw. den Übungsleiter.

Shotokan
– Shotokan ist ein Karatestil, der nach dem Künstlernamen seines Gründers, Gichin Funakoshi (1868-1957), benannt wurde. Allgemein verbinden die meisten Karatekas den Begriff Shotokan mit tiefen, kraftvollen Stellungen.

Shihan
– Der Shihan ist ein Großmeister der Kampfkunst. Steht er einer Stilrichtung oder Schule vor, wird er auch Saiko Shihan („oberster Lehrmeister“, „Stilbewahrer“) genannt. Der Titel Shihan wird verliehen und kann nicht durch Graduierungen erreicht werden. Mindestvoraussetzung ist je nach Kampfkunst der 7. Dan.

Sensei
– Der Begriff Sensei setzt sich aus folgenden Schriftzeichen zusammen: „Sen“ - „früher, zuerst“, „Sei“ - „Leben, Geburt“. Es meint also „früher geboren“ oder „vorheriges Leben“ und wird als höfliche Bezeichnung für ein Vorbild verwendet, das sein Wissen lehrt. Durch die Verwendung von dem Wort Sensei zeigt man Respekt gegenüber der Lebenserfahrung und den Fähigkeiten einer Person. Schüler sprechen ihre Lehrer und Dozenten auf diese Art an.

Schnuppertraining

Am Sonntag, 11. Dezember, bietet Amir im Karate Dojo Kelkheim ein Schnuppertraining für Kinder an. Von 11.35 bis 12.45 Uhr können sich Jungen und Mädchen sowie deren Eltern einen ersten Eindruck verschaffen, sich ausprobieren und hoffentlich Gefallen an dem Kampfsport finden.

Karate Dojo Kelkheim

Wilhelm-Dichmann Str. 2

(Eingang zwischen Aldi und Rossmann)

65779 Kelkheim

06195-724690 oder 0173-6705289

kontakt[at]Karate-Dojo-Kelkheim[dot]com



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