Zum Inhalt des § 13b BauGB

Grün und dicht bewachsen – so präsentierte sich der Kräthenbach, Fischbachs Grüne Lunge, im Sommer. Die heißen Temperaturen konnten dem Gebiet nichts anhaben, was auf den Wasserreichtum verweist. Fotos: BI Kräthenbach

Koalition drückt beim Thema Kräthenbach auf ein ungewöhnlich hohes Tempo

Kelkheim
(ju) – Die Hoffnungen haben sich erneut zerschlagen: Die Bürgerinitiative Krä-thenbach hatte bei ihrem zahlreichen Erscheinen in der Ausschusssitzung Planen und Bauen auf ein Umdenken der Koalition gehofft. Für die Fischbacher Bürger und die Bürgerinitiative ist das bisherige Verfahren nur schwer einzuordnen. Zurückgezogene Anträge in der Stadtverordnetenversammlung, die Versuche, die Bebauung im vereinfachten Verfahren planungsrechtlich durchzudrücken, emotionale politische Diskussionen mit einer Vielzahl widersprüchlicher Aussagen und die fehlende Bereitschaft, sich mit den Einwänden der Bevölkerung auseinanderzusetzen lassen die Sorgenfalten tiefer werden. Denn die Koalition drückte mit ihrer Mehrheit im Ausschuss die Aufstellung eines Bebauungsplans durch, die ukw wiederholte ihre ablehnende Haltung gegen das Bauvorhaben. Patrick Falk (FDP) brachte auch gleich noch einen Änderungsantrag ein, der vorsah, dass ein städtebaulicher Vertrag mit dem Investor geschlossen wird. Aber nicht wie im Beschlussvorschlag erwähnt vor der Fortsetzung des Bebauungsplanverfahrens, sondern im laufenden Verfahren bis zur Offenlegung des Bebauungsplans. Bauchschmerzen bei Bürgermeister Albrecht Kündiger, der Befürchtungen äußerte, dass die Stadt auf den Kosten für Erschließung, Vermessungsarbeiten und notwendige Gutachten sitzen bleibt, sollte der Bauträger aufgrund von Auflagen der Naturschutzbehörde die Lust an dem Vorhaben verlieren. Falk erwähnte auch, dass die Koalition bei der nächsten Parlamentssitzung den Beschluss noch auf ein beschleunigtes Verfahren ändern wollte. Da fragten sich in der Bürgerinitiative dann doch einige, warum die Koalition so auf das Tempo drückt und gerade das vereinfachte Verfahren (§ 13b BauGB) ermöglichen möchte?

Ein Blick ins Internet legt zumindest eine Vermutung nahe: Die neu eingeführte Norm des § 13b BauGB ist zeitlich bis Ende 2022 befristet. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans muss zum Ablauf des 31. Dezember 2022 förmlich eingeleitet werden (siehe Infokasten). Thomas Horn (CDU) und Patrik Falk betonten zwar, dass das Gebiet vor 12 Jahren einer Kontrolle unterzogen wurde und auch als Wohnfläche im Flächennutzungsplan ausgewiesen ist, „aber nicht destotrotz, kann man sich nicht auf Analysen von vor 12 Jahren ausruhen. Dinge und Planungen ändern sich“, monieren die Mitglieder der BI.

Und die BI hat sich kundig gemacht: Nach ihren Recherchen war Sinn und Zweck des §13b BauGB in erster Linie die befristete Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge aufgrund des damaligen großen Zustroms und im Anschluss daran die Intention, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Aus diesem Grund entstand die temporäre Schaffung mit Verfallsdatum, erstmals Dezember 2019, dann die Verlängerung bis Dezember 2022. „Dass nun schicke Doppelhaushälften entstehen sollen, widerspricht dem Gedanken hinter der Norm und wird an dieser Stelle konterkariert. Der Bauunternehmer wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hochpreisige Immobilien bauen, nichts anderes“, ist man sich in der Bürgerinitiative sicher. Der wichtige Aspekt des §13b für den Bauherrn und sein Geschäft sei in diesem Fall das Umgehen einer differenzierten Umweltprüfung durch dafür qualifizierte und zuständige Behörden. Dass entgegen der beschlossenen Magistratsvorlage aller Fraktionen, in der die angemessene Umweltprüfung durch das Planungsverfahren automatisch enthalten ist, nun doch noch auf dem Umweg über das Stadtparlament dieser Passus Platz finden soll, erinnere sie bereits an den „Geschmack“, den das ganze Vorhaben von Beginn an hatte und bereits weitere Politikverdrossenheit und Argwohn in großen Teilen der Fischbacher Bevölkerung produziere, so die Gedanken der BI-Mitglieder. Was sie tun werden, wenn der Beschluss durch‘s Parlament geht? Dennis Trobisch, einer der führenden Köpfe der BI, kann und will noch nichts dazu sagen. Auf ihrer Internetseite findet sich aber der Hinweis:
In der Stadtverordnetenversammlung (1. November 2022 um 19.30 Uhr, Stadthalle) wird erneut abgestimmt. Sofern dabei eine Mehrheit für den Aufstellungsbeschluss stimmen sollte, würde ab diesem Tag auch die achtwöchige Frist für das Unterschriftensammeln gegen die Bebauung (Bürgerbegehren) beginnen, mit dem Ziel, einen Bürgerentscheid herbeizuführen.

Bleibt noch zu erwähnen, dass sich auch die Anwohner aus den umliegenden Straßen große Sorgen darüber machen, was mit den bestehenden Nässeproblemen in ihren Häusern passiert, wenn der Kräthenbach (verlängerte Rhönstraße) erschlossen und verdichtet wird. Wer haftet für die Folgeschäden? Ein Thema, das die Gemüter noch lange erhitzen wird und dessen Ende sicherlich noch nicht gefunden hat. Wie fasste es schon Oscar Wilde in Worte: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.“

§ 13b BauGB ermöglicht es im Kern, Baugebiete im Außenbereich zuzulassen, die eine Grundfläche von < 10.000 Quadratmeter und Anschluss an im Zusammenhang bebaute Ortsteile haben, ausschließlich der Wohnnutzung dienen und hierbei im Speziellen nicht der Umweltverträglichkeitsprüfung-Pflicht (UVP-Pflicht) unterliegen und Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) nicht beeinträchtigen.

Somit wird die Öffnung des Außenbereichs für bis dato nicht privilegierte Vorhaben zugelassen. Dies heißt: Verzicht auf eine Umweltprüfung und die Erstellung des Umweltberichts, Verzicht auf die Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan (FNP). Es gilt zudem eine sogenannte Ausgleichsfiktion für die Eingriffe in Natur und Landschaft. Dies bedeutet konkret, dass der Ausgleich als bereits vor dem Eingriff als erfolgt gilt. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung wird nicht angewendet. Dadurch werden die von Vorhaben nach §13b BauGB zerstörten Funktionen und erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts nicht wiederhergestellt und gehen unwiderruflich verloren. (Quelle: BBN e.V.)

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