„Kein Wasser für alle”: Die erschütternde Realität der weltweiten Wasserkrise

Eindringlich erläutert Winfried Watermann wie schon ein kleines Hygiene-Set, das UNICEF in den Krisengebieten der Welt verteilt, Leben retten kann. Darin enthalten sind unter anderem Aquatabs, die Wasser reinigen, Hygieneprodukte für Frauen und eine Trillerpfeife. Diese dient dem Schutz der Frauen. Mit ihr können sie Hilfe holen, wenn sie bedrängt werden.Foto: Judith Ulbricht

Kelkheim (ju) – Die UNICEF-Ausstellung „Kein Wasser für alle” ist kein einfacher Besuch. Sie ist eine Reise durch die Ungerechtigkeiten unserer Welt, eine Begegnung mit der harten Realität von Menschen, die um ihre Existenz kämpfen, und ein Appell, der uns dazu aufruft, nicht wegzusehen. Mit bewegenden Bildern und erschütternden Zahlen macht die Ausstellung eine globale Krise sichtbar, die für viele immer noch unsichtbar bleibt: die Wasserknappheit. Und sie zeigt die, die am meisten darunter leiden: die Kinder.

Derzeit ist die Ausstellung im Kelkheimer Rathaus zu sehen und bei der Eröffnung fand Winfried Watermann von UNICEF Frankfurt am Main mahnende Worte nicht nur an die Anwesenden, sondern an alle Menschen, für die es selbstverständlich ist, dass sauberes Wasser aus dem Hahn kommt. Dem stimmte auch der Erste Stadtrat Dirk Hofmann bei, der daran erinnerte, dass Kelkheim 2022 aufgrund der großen Dürre den Wassernotstand ausrufen und die Menschen sich etwas einschränken mussten. „Das ist in keinster Weise mit den Zuständen in Afrika, Asien oder Lateinamerika vergleichbar. Wir sprechen hier von Wohlstandsproblemen und sollten uns bewusst machen, dass Wasser ein Lebensmittel ist und wir gerade deswegen sorgsam damit umgehen sollten und müssen“, erinnerte er die Kelkheimer, die damals „allergisch” und mit Unverständnis auf die Maßnahmen der Stadt reagierten.

Die harte Realität hinter dem Titel

„Kein Wasser für alle” – dieser Titel klingt provokant, doch er beschreibt das, was für über zwei Milliarden Menschen weltweit bittere Wirklichkeit ist. Während wir oft bedenkenlos den Wasserhahn aufdrehen, sind sauberes Trinkwasser und grundlegende sanitäre Einrichtungen für einen großen Teil der Weltbevölkerung unerreichbar. Die Ausstellung zeigt, was das bedeutet: Kinder, die jeden Tag kilometerweit laufen, um verschmutztes Wasser zu holen. Frauen, die stundenlang an Wasserstellen warten. Familien, die an Krankheiten leiden, weil sie keine Alternative zu unsauberem Wasser haben.

UNICEF beleuchtet dabei die Ursachen dieser Katastrophe. Der Klimawandel, der Dürren verschärft. Armut, die den Zugang zu Wasseranlagen verhindert. Und Konflikte, die Infrastruktur zerstören und Wasser als Waffe einsetzen. All dies trägt zu einer Krise bei, die die Grundrechte von Millionen verletzt.

Am schwersten betroffen sind Afrika, Asien und Lateinamerika. Und nicht immer ist die große Dürre für den Wassermangel zuständig. Ebenso zerstören starke Regenfälle und Überschwemmungen sauberes Wasser oder die Zugänge zu eben diesem. Das A und O ist die Einhaltung von Hygieneregeln, doch wie Watermann erklärt, haben viele Menschen keine Ahnung davon, dass zum Beispiel Hände waschen vor Krankheiten schützt. Hinzu kommt, dass Abfälle und Fäkalien offene Wasserstellen verunreinigen, weil weder ein funktionierendes Abfallsystem noch santitäre Anlagen vorhanden sind.

Emotionale Highlights

„Kein Wasser für alle“ berührt auf einer tiefen, emotionalen Ebene. Besonders eindringlich sind die persönlichen Geschichten, die in Form von Fotos und Texten präsentiert werden. Eine dieser Geschichten handelt von Amina, einem 10-jährigen Mädchen aus Äthiopien. Jeden Tag geht sie mit ihrer Mutter mehrere Stunden, um Wasser zu holen – Wasser, das oft mit Krankheitserregern belastet ist. Ihr Wunsch ist so einfach und doch so weit entfernt: „Ich möchte in die Schule gehen, anstatt den ganzen Tag Wasser zu tragen.”

Ein anderer Teil der Ausstellung lädt die Besucher ein, den Weg eines Kindes nachzugehen, das auf der Suche nach Wasser durch eine Wüste läuft. Der knirschende Sand unter den Füßen, die bedrückende Hitze und der leere Kanister in der Hand vermitteln eine Ahnung von der physischen und emotionalen Last, die Millionen Menschen täglich tragen.

Erschreckende Zahlen hinter der Krise

Die Ausstellung spart nicht mit Fakten, die einen erschüttern. UNICEF zeigt, dass täglich rund 1.000 Kinder an Krankheiten sterben, die durch verschmutztes Wasser oder mangelnde Hygiene verursacht worden sind. „Kinder sterben an Durchfallerkrankungen, das ist für uns in den Industrienationen und mit unserer Gesundheitsversorgung unvorstellbar”, erklärt Watermann. Etwa 2,2 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser, und 3,6 Milliarden leben ohne angemessene sanitäre Anlagen. Besonders betroffen sind Frauen und Mädchen, die oft die Verantwortung für die Wasserversorgung tragen und dadurch Chancen auf Bildung und Selbstbestimmung verlieren.

Hoffnung durch Lösungen

Doch „Kein Wasser für alle” ist nicht nur eine Ausstellung über Leid. Sie zeigt auch, dass Lösungen möglich sind. UNICEF dokumentiert beeindruckende Projekte, die das Leben von Menschen nachhaltig verändern. Der Bau von Brunnen, die Bereitstellung von Wasserfiltern und Hygieneprogrammen, die Installation solarbetriebener Wasserpumpen – all das zeigt, wie wirkungsvoll Hilfe sein kann, wenn sie gezielt und nachhaltig erfolgt.

Ein besonders berührendes Beispiel ist ein Projekt in Malawi, wo mit Unterstützung von UNICEF ein Dorf mit einer Trinkwasseranlage ausgestattet wurde. Kinder, die zuvor stundenlang Wasser holen mussten, können nun zur Schule gehen. Mütter berichten, dass sie endlich sicher sind, ihren Familien sauberes Wasser geben zu können.

Was kann man mitnehmen?

Hat man sich die 22 Tafeln bis zum Ende angeschaut, fühlen sich hoffentlich die meisten zum Nachdenken anregt. „Was kann ich tun, um die Wasserkrise zu bekämpfen?”, könnte eine Frage sein, die sich die Besucher stellen. Antworten gibt es viele – Spenden, sich politisch engagieren, den eigenen Wasserverbrauch reduzieren. Denn, wie auch Bürgermeister Albrecht Kündiger feststellte: „Kommunales Handeln hat auch Einfluss auf globales Handeln.” Und bezieht sich dabei auf die Aufgaben einer Kommune und ihrer Bürger, mit Wasser sorgsam umzugehen und die Menschen für das Thema zu sensibilisieren.

UNICEF erinnert uns daran, dass Wasser ein Grundrecht ist, kein Privileg. Jeder Tropfen zählt – und jeder Mensch kann dazu beitragen, dass dieses Recht Realität wird.

Weckruf an unsere Menschlichkeit

„Kein Wasser für alle” ist mehr als eine Ausstellung. Sie ist ein Aufruf, Verantwortung zu übernehmen, und ein Plädoyer für Solidarität. Sie zeigt uns, dass die Wasserkrise nicht nur ein Problem des globalen Südens ist, sondern eine globale Herausforderung, die uns alle betrifft.

Indem UNICEF die Geschichten derer erzählt, die am stärksten leiden, hält uns die Ausstellung einen Spiegel vor. Sie erinnert uns daran, wie privilegiert wir sind – und wie viel wir tun können, um anderen zu helfen. Denn Wasser ist Leben. Und kein Mensch sollte darum kämpfen müssen.

Die Ausstellung ist bis zum 14. Februar im Rathaus während der Öffnungszeiten zu sehen



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