Kelkheim rüstet auf – Erste Lautsprecher-Sirene für eine bessere Warnung

Keiner wird den 14. August 2020 vergessen, als Kelkheim innerhalb weniger Stunden unter Wasser stand. Das Jahrhunderthochwasser verursachte nicht nur Kelkheim immense Schäden. 189 Menschen starben bei der Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz. Jetzt soll die Bevölkerung vor solchen Katastrophen besser gewarnt werden. Foto: Symbolbild/pixabay

Kelkheim
(ju) – Am Donnerstag fand in Deutschland der zweite Bundesweite Warntag statt, der das Ziel hat, die Auslösung der angeschlossenen Warnmittel zu erproben. 2019 wurde der erste Warntag durchgeführt, der Schwächen aufzeigen sollte und den Gemeinden und Kommunen danach Zeit bieten sollte, nachzurüsten sowie Schwachstellen auszumerzen.

Hochmoderne Sirene

Kelkheim hat jetzt den ersten Schritt unternommen und auf dem neuen Wohngebäude in der Ruppertshainer Straße in Fischbach eine hochmoderne Sirene installiert. Die neue Warnanlage ist nicht mehr mit einem schweren Motor ausgestattet, wie man es von früher kennt und verfügt über einen Lautsprecher. Dieser wirft den Schall weit in die Ferne und macht es sogar möglich, Durchsagen abzuspielen und Verhaltensanweisungen zu geben. In 30 Meter Entfernung schafft die Sirene eine Lautstärke von 100 Dezibel, das entspricht einem Presslufthammer, der direkt neben einem arbeitet. „Die Durchsagen kommen aber nur im Katastrophenfall zum Einsatz, niemand wird die aktuellen Fußballergebnisse der Eintracht durchgeben“, äußert sich Bürgermeister Albrecht Kündiger augenzwinkend etwas enttäuscht bei einem Vororttermin. Auch bei einem Stromausfall oder Blackout können diese Sirenen weiterhin ihren Zweck erfüllen, da sie batteriebetrieben sind. „Die neuen Sirenen haben einen Standby-Zeit von 12 Tagen, in denen wir 20 Alarme abspielen“, erklärt Hendrik Helfmann von der Stabsstelle Brandschutz. Weiterer großer Pluspunkt: Die Sirenen sind sehr bewohnerfreundlich. Bei den alten vibrierte und vibriert bei Alarm das ganze Haus.

Warn-Apps und Cell Broadcast

Bei dem Wort „Warnmittel“ denkt jeder sofort an Sirenen, aber auch an Warn-Apps wie NINA, KATWARN, HESSENWARN oder auch der neu eingesetzte Cell Broadcast gehören zu dem Verbund aus Warnmitteln.

Diese nützlichen Warn-Apps lassen auf den ersten Blick eine Sirene überflüssig oder als veraltete Form der Warnung erscheinen. Bei Ausfall der Stromnetze oder auch bei Menschen, die nicht über ein Smartphone verfügen, kann es zu der Situation kommen, dass die Sirene die einzige Möglichkeit der Warnung der Bevölkerung ist. Sie weisen mit einem Heulton auf eine Gefahr hin.

Sirenen wurden in den Zeiten des Kalten Krieges aufgebaut und über viele Jahre gepflegt und kürzlich mit einigem Aufwand in Kelkheim auf Digitalfunk umgerüstet.

Lange wurden Sirenen dafür verwendet, die Feuerwehr zu alarmieren. Nachdem alle Feuerwehrangehörigen mit den umgangssprachlichen „Piepsern“ ausgestattet waren und Alarm-Apps sogar noch eine zusätzliche Informationsmöglichkeit bieten, ist heute der Feueralarm über die Sirene mittels dreimaligem Auf- und Abschwellen nicht mehr notwendig. Die Feuerwehr wird also in Kelkheim regulär nicht mehr über die Sirenen alarmiert.

Flächendeckend

Trotzdem hat sich die Stadt nicht wie andere von der Warnung mittels Sirene abgewendet, auch wenn die Akzeptanz in der Bevölkerung abgenommen hatte. Die Ereignisse in den letzten Jahren bewiesen, wie wichtig die Warnung der Bevölkerung auch über dieses Warnmittel ist. Kelkheim setzt weiterhin auf die Modernisierung. Die nächste Anlage wird auf einem Haus in der Görlitzer Straße errichtet und ist achtmal größer als die neue Sirene in Fischbach. „Kelkheim-Mitte ist nicht so gut abgedeckt und wir müssen mehr Menschen erreichen, deswegen die Größe“, erklärt Helfmann. Derzeitige Lieferschwierigkeiten und die deutschlandweite hohe Nachfrage verzögern allerdings die Errichtung. Das Sirenennetz der Stadt wird nicht nur stetig aktualisiert, es werden auch noch vorhandene Lücken geschlossen. So wurde im Jahr 2021 eine neue Lautsprecher-Sirene im Industriegebiet in Münster errichtet. Bald sollen diese Sirenen alle alten Motorsirenen ersetzen und die Einwohnerinnen und Einwohner weiterhin zuverlässig vor Gefahren warnen.

Derzeit gibt es 15 Sirenen in Kelkheim, jeweils zwei in Eppenhain und Ruppertshain, vier in Fischbach (inklusive der neuen), drei in Hornau, zwei in Mitte (bald drei) und zwei in Münster. Rathauschef Kündiger: „Es ist in unserer aktuellen weltpolitischen Situation noch nie so viel über mögliche Sicherheitsvorkehrungen im Katastrophenfall gesprochen worden. Mit der Modernisierung unserer Sirenen stellen wir sicher, dass die Kelkheimer Bevölkerung vor einem Katastrophenfall zuverlässig gewarnt werden kann.“ Und er appelliert an die Bevölkerung: „Bitte achten Sie daher zukünftig auf Sirenensignale, die auf etwaige Gefahren in unserer Region hinweisen. Unwetter oder ähnliche Gefahrenlagen, wie im letzten Jahr in den benachbarten Bundesländern machen deutlich, dass wir vorbereitet sein müssen.“

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