Musik entdecken – vom Instrumentenbau der anderen Art und einem Konzert mit Wow-Faktor

Das Orchester mit seinen selbstgebauten Instrumenten, seinen Betreuerinnen und den beiden Musikpädagogen Lars und MariusFotos: Judith Ulbricht

Ruppertshain (ju) – Musik ist für Kinder weit mehr als nur ein angenehmer Zeitvertreib – sie ist eine Quelle der Inspiration, ein Werkzeug zur Entfaltung und ein Schlüssel zur ganzheitlichen Entwicklung. Besonders wenn Kinder spielerisch an Musik herangeführt werden, geschieht etwas Magisches: Sie entdecken Klänge nicht nur mit den Ohren, sondern mit dem ganzen Körper, sie erleben Musik nicht als abstrakte Kunst, sondern als lebendige Ausdrucksform ihrer eigenen Gefühle und Gedanken.

Instrumentenbau mal anders

Und wenn man die Musikinstrumente dann auch noch selber bauen kann, dann wird‘s erst richtig gut. So empfanden es zumindest die Jungen und Mädchen, die in den Weihnachtsferien die ganze Aufmerksamkeit ihrer Betreuerinnen während der Ferienbetreuung genossen und mit ihnen und den beiden Musikern Lars und Marius ganz besondere Instrumente bauten, die ganz besondere Musik machten. Aber eins nach dem anderen.

Wenn Kinder mit Tönen, Rhythmen und Melodien experimentieren, werden viele ihrer geistigen Fähigkeiten unbewusst geschult. Sie lernen, Muster zu erkennen, Zusammenhänge herzustellen und ihr Gedächtnis zu trainieren – und all das ohne Druck, sondern mit natürlicher Freude am Entdecken. Besonders eng ist der Zusammenhang zwischen Musik und Sprache: Wer singt, reimt oder rhythmisch klatscht, verbessert spielerisch seine sprachlichen Fähigkeiten, erweitert seinen Wortschatz und trainiert seine Aussprache. Im Vordergrund steht aber bei allem der Spaß.

Den hatten Lars und Marius von musikentdecken.com im Gepäck. Die beiden Musikpädagogen sind keine Unbekannten, sie betreuten schon mehrmals Kelkheimer Kinder in den Ferien. In der Rossertschule dreht sich in der letzten Ferienwoche alles um Musik, Instrumente und die Materialien, aus denen sie gebaut werden können. So machte man sich auch auf in den Wald – denn dort spielt die Musik. An drei Tagen wurde gewerkelt, geklebt, gebastelt – bis jeder zufrieden war. Am vierten Tag wurde dann geprobt, in zwei Gruppen und mit zwei verschiedenen Stücken. Es sollte beeindruckend werden.

Bühne frei

Am Nachmittag hieß es dann „Bühne frei – hier wird Musik gemacht“. Und nicht nur die Kids hatten ihre Premiere, auch Marius und Lars sollten ihr „erstes Mal“ erleben, denn sie machten vom Auftritt der Jungen und Mädchen ihre erste Akustikaufnahme.

Was dann folgte, beeindruckte nicht nur das anwesende Publikum. Mia kündigte das erste Stück an: „Vor dem Regenwald“. Dschungelgeräusche beherrschen plötzlich den Raum, Regentropfen fallen auf große Blätter, irgendwo knackt es im Laub – die Kinder erzeugen mit Triangeln, Kanistern, Dosen und Rasselrohren die Geräusche des Urwaldes. Eigentlich fehlt nur noch das Fauchen eines Panthers.

Die Kinder schaffen es, dass ihre Musik nicht nur den Verstand anspricht, sondern vor allem die Herzen. Sie können ihre Emotionen ausdrücken, Freude ausleben und so ganz nebenbei stärkt es ihr Selbstbewusstsein. Gerade das gemeinsame Musizieren ist ein kraftvoller sozialer Moment: Kinder lernen, aufeinander zu hören, im Einklang mit anderen zu agieren und gemeinsam etwas zu erschaffen. In diesen Momenten entsteht ein starkes Gefühl von Zusammenhalt, das ihr Selbstvertrauen und ihr soziales Empfinden stärkt. „Wir haben es den Kindern auch überlassen, zu entscheiden, welche Geräusche zuerst gespielt werden sollen, in welcher Reihenfolge die Instrumente einsetzen und wie laut oder leise sie sein möchten“, verrät Marius. Es geht um Improvisation.

Dann kommt Lea an die Reihe. Sie stellt das zweite Stück des Nachmittags vor: „Der große Schneesturm“. Wie abgesprochen tobt dieser gerade vor der Schule. Die Kinder holen ihn mit ihren Instrumenten hinein. Erst rieselt es leise, dann werden die Instrumente lauter, andere setzen ein. Der Sturm nimmt Fahrt auf, ein rauher Wind pfeift durch den Raum – es tobt, braust, windet. Dann schwillt er ab, die Töne werden leiser – es hat sich ausgetobt. Das Publikum ist begeistert. Unter ihnen auch Dr. Hildegard Bonczkowitz und Kay Möller von der Bürgerstiftung. Sie hatten Geld für die Durchführung des Projektes zur Verfügung gestellt und waren jetzt überzeugt, genau das Richtige getan zu haben.

Wer allerdings glaubte, dass das alles war, der täuschte sich. Denn jetzt ging es um vollen Körpereinsatz – im wahrsten Sinne des Wortes. Jeder machte mit beim „Körperorchester“ – egal ob treten, pfeifen, klatschen, auf die Brust trommeln – jedes Geräusch war willkommen. Ein Riesenspaß!

Musik mit allen Sinnen erleben

Und das Besondere daran? Das liegt in der Freiheit, Musik auf eigene Weise zu entdecken. Wenn Kinder improvisieren dürfen, neue Klänge erforschen oder sich frei zu einer Melodie bewegen, erleben sie sich als kreativ und kompetent. Sie spüren, dass es keine festen Regeln gibt, wie Musik sein muss – sie darf so sein, wie sie sie fühlen. Diese Erfahrung stärkt ihr Selbstbewusstsein, weil sie erkennen, dass ihre Art, sich auszudrücken, wertvoll und einzigartig ist.

Das Schöne am spielerischen Musizieren ist, dass es ganz ohne Zwang geschieht. Kinder lernen am besten, wenn sie sich begeistern können, wenn sie Spaß haben und mit Freude eintauchen in eine Welt voller Klänge und Rhythmen. Diese Erlebnisse bleiben nicht nur im Gedächtnis, sie prägen auch ihre Einstellung zur Musik und zur Kreativität für ihr ganzes Leben. Deshalb ist es so wichtig, ihnen die Möglichkeit zu geben, Musik nicht nur zu hören, sondern sie zu spüren, sie mit eigenen Händen und Stimmen zu gestalten – denn in diesen Momenten entfaltet sich nicht nur ihre musikalische Begabung, sondern auch ihre Persönlichkeit.

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