Kelkheim (kez) – Nur ganz wenige Gartenbesitzer freuen sich, wenn ihr Kohl von Raupen zerfressen wird. Ganz zu schweigen, wenn Landwirte Kohl gewerbsmäßig anbauen. Dann wird großflächig gegen die „Schädlinge“ gespritzt. Wen wundert es da, dass der früher gefürchtete Schmetterling in seinem Bestand stark abgenommen hat. So mancher Leser wird sich fragen, aber es gibt doch noch eine Menge Weißlinge bei uns. In der Tat, aber in unseren Breiten kommen neben dem „Großen“ etliche Weißlinge vor: Kleiner Kohlweißling, Grünader Weißling, Senfweißling, Baumweißling und der erst seit einigen Jahren eingewanderte Karstweißling, um nur die wichtigsten Arten zu nennen. Der Karstweißling, über den bereits berichtet wurde (Kelkheimer Zeitung. 09. X. 2014), hat sich innerhalb weniger Jahre bei uns gut eingelebt.
Im Sommer bringt er mehrere Generationen hervor, wenn seine Raupenfutterpflanze, die Schleifenblume vorhanden ist. Die ist inzwischen in den Gärten fast überall zu finden und so avancierte der Karstweißling inzwischen auch in Fischbach zum häufigsten Weißling.
Doch warum hat der Große Kohlweißling bei uns so stark in seinem Bestand abgenommen? Seine großen gefräßigen Raupen (BILD: Raupe des Großen Kohlweißlings) können dem Kohl stark zusetzen. Das Weibchen platziert etwa 100 Eier meist auf der Blattunterseite von Kohlarten. Nach zwei Wochen schlüpfen daraus die Raupen, die anfangs nur geringen Schaden verursachen. Im ausgewachsenen Zustand aber sind sie 40mm lang und haben einen enormen Appetit. Sie können dann einen Kohlkopf verputzen und durch ihre Ausscheidungen ungenießbar machen.
Kein Wunder, dass im kommerziellen Kohlanbau viel gespritzt wird. Und auch der Hobbygärtner möchte den Kohl ernten und nicht den gefräßigen Raupen überlassen. Im günstigsten Fall werden die Raupen abgesammelt und über den Zaun geworfen, dort auf der anderen Seite finden sie aber nur in seltenen Fällen ihnen zusagende Kohlpflanzen.
Der Insektenforscher freut sich, wenn er ein Exemplar des großen Falters sieht. Mein Kollege Detlef Sengebusch beobachtete kürzlich ein Weibchen des Kohlweißlings bei der Eiablage, doch nicht auf Kohl, sondern auf Knoblauchsrauke (BILD: Weibchen bei der Eiablage). Wie kann das sein? Diese Pflanze kommt bei uns recht häufig an Wegrändern und am Waldessaum vor. Doch sie ist eigentlich viel zu klein, um eine Hundertschaft Raupen zu ernähren. Dem Falterweibchen muss das „bewusst“ gewesen sein, denn sie legte nur 8 Eier an der Unterseite der Blätter ab, dann flog sie davon. Doch warum nur so wenige Eier? Das Falterweibchen muss erkannt haben, dass die paar Knoblauchsraukenblätter keinesfalls für 100 Raupen ausreichen würden. Deshalb passte sie ihr Verhalten an die Gegebenheiten an. Was für eine Leistung eines so kleinen Insekts!
Sicherlich hat das Tier in einiger Entfernung an der nächsten Pflanze ebenfalls einige wenige Eier abgelegt, um schließlich seinen gesamten Eivorrat loszuwerden.
Freuen wir uns, wenn der Falter weiterhin vorkommt, auch wenn seine Raupen so manches Kohlblatt vertilgen.
Klaus Schurian
Das Falterweibchen legt seine Eier an einer Knoblauchsrauke ab.Foto: Detlef Sengebusch
Die Raupe des KohlweißlingsFoto: Klaus Schurian