Hornau
(ju) – Wenn es nach den Hornauern gehen würde, befände sich die „Wiege der Demokratie“ in ihrem Stadtteil. Nicht umsonst laufen die Vorbereitungen zum 175. Jubiläum der Nationalversammlung, das fest mit dem Namen von Gagern verbunden ist, in Hornau und der Stadt auf Hochtouren. Auswärtige können die letzten noch erhaltenen Gebäude des einstigen Hofgutes der Familie von Gagern in Hornau bestaunen. 1818 erstand Hans Christoph Reichsfreiherr von Gagern gemeinsam mit seiner Ehefrau Charlotte das Hornauer Hofgut. Gegenüber der Martinskirche erinnern in einer vor 25 Jahren angelegten Grünanlage 12 Findlinge an die Familie – zwei für die Eltern und zehn für die Kinder der Familie. Und dann sind da die drei Gagern-Brüder: Heinrich, Max und Friedrich von Gagern, die sich zu großen politischen Persönlichkeiten entwickelten und sich 1838 an der Felsgruppe Mannstein gegenseitig ein Versprechen gaben: Was auch kommen möge, sie wollten brüderlich einig bleiben und nicht eher ruhen, bevor auch Deutschland einig sei. Ihre letzten Ruhestätten fanden die von Gagern auf dem Alten Friedhof in Hornau, über den 2008 in einem Artikel in der FAZ darüber berichtet wurde, dass die Gräber auf dem Bergfriedhof vergammeln würden. Seitdem hat sich vieles getan, und im Zuge der Vorbereitungen auf das große Jubiläum erhielten die Grabsteine nach einer ausführlichen Reinigung und Wiederaufbereitung das letzte, unvorhergesehene i-Tüpfelchen.
Restaurateurin Ruth Andres, die schon für die fachkundige Aufarbeitung der Grabmäler zuständig war, machte sich daran, die verblassten Buchstaben, die kaum noch leserlich waren, originalgetreu wieder auszumalen. Die Fachfrau griff dazu auf noch vorhandene Farbe in einigen einzelnen Buchstaben zurück. „Ich habe mir die Farben angemischt und immer wieder mit der ursprünglichen verglichen, bis ich den richtigen Farbton hatte“, erklärt sie. Denn nicht alle Steine haben die gleiche Inschriftfarbe. Die Rezepturen für jeden einzelnen hielt sie dann schriftlich fest, damit sie die Farben immer wieder anmischen kann. So kann auch in Zukunft immer wieder nachgebessert werden, falls Bedarf besteht. Rund 2.000 Buchstaben konnte die Darmstädterin so ein neues Aussehen verpassen – alles in akribischer Handarbeit, mit ruhiger Hand und Pinsel.
Dass das Ganze möglich gemacht wurde, ist der Hornauerin Hiltrud Bracht in ihrer Funktion als Schatzmeisterin der Bürger für Hornau e.V. und Joachim Schwind von der Aventis Foundation zu verdanken. Sie spendeten vierstellige Summen und trugen damit zum Erhalt der Gagerngräber bei. Interessiert verfolgten sie die Arbeit von Ruth Andres und zeigten sich begeistert von ihrem Engagement. „Über 2.000 Buchstaben auszumalen ist schon eine beachtliche Leistung, und wir als Bürger für Hornau sind froh, dies unterstützen zu können“, strahlt Hiltrud Bracht.
Und auch sie lernen nie aus. Werden doch die drei Sterne, die sich auf einem der Grabsteine befinden, von der Kulturreferentin Dr. Beate Matuschek erklärt: „Sie sind ein Zeichen der Freimaurer, zu denen die von Gagern zählten. Ein Zeichen dafür, dass man intellektueller war als andere, und man war wer, hatte etwas vorzuweisen“, berichtet die Fachfrau, der die von Gagern und das bevorstehende Jubiläum eine Herzensangelegenheit sind.
Die Konzentration bei den Vorbereitungen liegt ganz auf dem demokratischen Gedanken. „Wir möchten die Jugend darauf hinweisen, dass für die Demokratie gekämpft wurde, und das in Form von Personen, die eng mit den Ereignissen verknüpft sind und die wir hier vor unserer Nase haben“, fasst Matuschek die Intention zusammen. Dazu wird es auch in naher Zukunft eine kleine Ausstellung in der Alten Kirche Hornau geben. „Denn die Nationalversammlung war ein Einüben der Politik, wie wir sie heute haben, und daran sollten wir uns erinnern.“