„Ein schöner Tag im beschaulichen Hornau ...“

„Dem Volk auf‘s Maul geschaut“ – Im Gasthaus „Zum Taunus“ werden die Ereignisse auf dem Hofgut derer von Gagern besprochen, bewertet und die Revolution gelebt. Es weht ein frischer Wind durch das Dörfchen.Fotos: Judith Ulbricht

Kelkheim (ju) – „Es geht ein Gespenst um in Europa“ – diese prägenden Worte stimmten nicht nur im Jahre 1848/49, sie lassen sich 1:1 auch auf die heutige Zeit reflektieren. Um so wichtiger ist es, die Demokratie, wie wir sie kennen, zu schützen und zu stärken.

Demokratieverständnis vermitteln

Dieser Aufgabe hatte sich Kelkheim angenommen. Anlässlich des Jubiläums „175 Jahre Nationalversammlung“ war die Stadt ein Vorreiter in Sachen Aufklärung und Vermittlung von Demokratieverständnis. Mit zahlreichen Veranstaltungen wurde der Familie von Gagern gedacht, deren Söhne Friedrich, Maximilian und Heinrich eine maßgebliche Rolle bei der Demokratieentwicklung spielten. Unvergessen der Staufenschwur auf dem Mannstein, bei dem die drei Brüder schworen, alles für die angestrebte Einheit Deutschlands zu tun. Mit einer unterhaltsamen Finissage wurde nun auch die Ausstellung „Demokratie weiter denken“ beendet. Rund 1.500 Besucher hat in den vergangenen eineinhalb Monaten die Chance genutzt, sich in der Alten Kirche Hornau einen Überblick über die Demokratisierung zu verschaffen. Fünf Schulklassen ließen sich von Torsten Weigelt, dem Autor des Buches „Gagern – Pioniere der deutschen Demokratie“, durch die Ausstellung leiten. „Das Interesse war sehr unterschiedlich. Einige Gruppen haben sich die Ausstellung selbst erschlossen, andere lauschten meinen Ausführungen“, fasst Weigelt die Besuche zusammen. Besonders interessiert waren die Schülerinnen und Schüler am Demokratieindex und den Statements ihrer Mitschüler der EDS, die in kurzen Videosequenzen ihr Demokratieverständnis erklärten.

Stadt und Kulturdezernat sind durchaus zufrieden mit dem Interesse der Bevölkerung. „Ein wenig traurig bin ich jetzt schon“, gesteht Kulturdezernentin Dr. Beate Matuschek, „auf der anderen Seite freut es mich, dass wir so erfolgreich waren. Sogar vom Bundestag kam noch eine Danksagung, dass wir den Fokus auf das Umfeld der Paulskirche gelegt haben. Damit haben wir etwas Einmaliges geschaffen.“

Revolution an historischer Stelle

Unvergessen auch die ausverkauften Vorstellungen des eigens für Kelkheim inszenierten Theaterstücks „Revolution und Rosen“ der „Fliegenden Volksbühne Frankfurt“ mit dem bekannten Bühnendarsteller Michael Quast. Ein Teil des Ensembles und er ließen es sich nicht nehmen, zum krönenden Abschluss der Ausstellung noch ein paar Szenen des Stücks auf dem Platz vor dem letzten erhaltenen Haus der ehemaligen Hofgutanlage zum besten zu geben. Die Zuschauer erlebten noch einmal die Bemühungen des Maklers, das Hofgut an den Mann zu bringen, waren bei Heinrichs ersten politischen Schritten dabei, verfolgten die Auseinandersetzungen zwischen Vater und Sohn und schauten „dem Volk auf‘s Maul“, das im Gasthaus „Zum Taunus“ die Begebenheiten im Dorf Hornau begleitete und bewertete. Auch hier machte der Hauch der Revolution nicht Halt, und es wurde kurz darüber nachgedacht, für „Unruh“ zu sorgen. Und auch die Vorzüge Heinrich von Gagerns als Präsident der Nationalversammlung wurden noch einmal beleuchtet, hatte er doch unter den Parlamentariern und weiblichen Zuschauerinnen treue Anhänger, die schier „zerflossen“ vor Ehrfurcht.

Und so endet das Jubiläumsjahr in Kelkheim. Doch die Mahnung bleibt: Demokratie muss wehrhaft sein und im ständigen Umbruch, sonst bewahrheitet sich „das Gespenst in Europa“, und daran kann kein wahrhafter Demokrat Interesse haben. Die Geschichte lehrt uns etwas anderes.

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