Tierheime in der Krise!?

Ein besonderer Pressetermin für die Nachwuchs-Journalisten der Zeitungs-AG der Eichendorffschule.

Schülerreporter

Pressetermin im Kelkheimer Tierheim

von Alisha Talib und Clara Scholle (5. Klasse)

Tierheime stehen vor einer großen Herausforderung. Wegen der steigenden Preise, aufgrund des Krieges zwischen der Ukraine und Russland geben viele Tierhalter z.B. ihre Hunde in Tierheimen ab, die jedoch sehr stark überfordert sind. Es werden pro Jahr rund 300.000 Hunde in Tierheimen abgegeben. Manche Gemeinden helfen bei den Kosten. Trotzdem reicht das Geld oft nicht, denn die Kosten sind einfach zu hoch und die Spendenbereitschaft geht zurück. Obwohl so viele Tierheime überfordert sind, kümmern sie sich sehr gut um die Tiere.

Und wie geht es dem Tierheim in Kelkheim? Mark Bojko, erster Vorsitzender des Tierheims wurde von uns interviewt.

Was sind die Voraussetzungen, damit man ein Tier bei Ihnen kaufen kann?

Mark Bojko: Man kann nicht einfach sagen, dass man ein Tier haben möchte, sich eins aussucht und geht. Es gibt dafür ein Vermittlerteam, das mit den Interessenten über die Wohnbedürfnisse und die Verpflegung spricht. Man muss vier bis fünf Mal kommen, damit das Vermittlerteam gucken kann, wie das Tier auf den Interessenten reagiert.

Haben Sie oder Ihre Kollegen auch Nachtschicht?

Mark Bojko: Nein, die normalen Arbeitszeiten liegen Montag bis Freitag bei 8 bis 17.30 Uhr.

Gibt es denn keine Vorfälle in der Nacht?

Mark Bojko: Nur ein zerrupftes Kissen. Verletzungen von Tieren und Material gibt es sonst nicht. Wir haben alles sehr gut im Griff.

Wie lange bleibt ein Tier durchschnittlich bei Ihnen?

Mark Bojko: Es gibt Tiere, die wir heute auf unsere Website stellen und morgen melden sich schon Interessenten bei uns. Manche Tiere kommen aus Rumänien und werden direkt abgeholt. Es gibt aber auch Tiere, die waren drei Jahre bei uns. Die meisten Tiere werden in der Regel nach zwei bis drei Monaten vermittelt. In einem Jahr werden circa 200 Tiere vermittelt. Darunter ungefähr 60 Hunde. Das ist im Schnitt ein Hund pro Woche.

Was ist der häufigste Grund, weshalb Tiere zu Ihnen gebracht werden?

Mark Bojko: Nach Corona hatten wir 2022 knapp 40 Abgabehunde. Die Gründe davon sind unterschiedlich: Zu wenig Geld, weil die Tierarztkosten sehr teuer geworden sind, die Betreuungszeit ist nicht mehr gegeben, Scheidungen, Trennungen, Tod oder Beißvorfälle. Es steckt meist eine sehr traurige Geschichte dahinter. Es gibt Gründe, die kann ich weniger gut akzeptieren. Jeder sollte sich z.B. vorher überlegen, ob man einen Kampfhund anschaffen sollte. Bei manchen Vorfällen aber müssen wir einfach helfen, z.B. bei Beißvorfällen an Kindern.

Hat Corona die Situation in Ihrem Tierheim geändert?

Mark Bojko: Es gab deutlich mehr Abgabetiere als vor Corona.

Gibt es Hunde, die irgendwo ausgesetzt wurden?

Mark Bojko: Es gab circa sechs Fundhunde im Jahr 2022. Fundhunde sind z.B. Hunde, die an Bushaltestellen oder in Wäldern angebunden wurden. Wir sind zuständig für Kelkheim, Liederbach und Eppstein. Aber wir haben auch 26 Hunde vermittelt. Die Vermittler haben herausragende Arbeit geleistet. Viele Hunde kommen aus einem Partner-Tierheim in Rumänien. Es ist mit 6.000 Hunden das größte Tierheim der Welt. Jede Woche kommt ein Transporter mit ein bis zwei Hunden zu uns.

Wie reagieren Sie, wenn ein Tier aggressiv wird?

Mark Bojko: Der Schutz aller steht über allem. Wir haben Schutzanzüge, Maulkörbe und fachkundige Menschen. Außerdem gucken wir, dass das Tier seine negativen Erfahrungen vergisst, indem wir ihm gute Erfahrungen geben.

Wo kommen die Tiere hin, wenn Ihr Tierheim schließen würde?

Mark Bojko: Wir würden keine neuen Hunde mehr annehmen oder in Rumänien ,,bestellen“. Die, die wir noch haben, würden wir vermitteln oder an ein anderes Tierheim geben. Aber das Tierheim Kelkheim gibt es jetzt schon seit 1974, also fast 50 Jahre, und wir bleiben dran.

Werden Tiere bei Ihnen eingeschläfert, wenn es sein muss?

Mark Bojko: Wenn es sein muss, natürlich. Das machen aber nicht wir, sondern ein amtlicher Tierarzt nach einer ordentlichen Diagnose. Das passiert z.B., wenn es unheilbar krank ist und von seinem Leid erlöst wird. Das kommt aber selten vor.

Wie sieht die finanzielle Situation des Tierheims aus?

Mark Bojko: Wir haben circa sechsstellige Einnahmen und Ausgaben. 10% sind Mitgliederbeiträge des Vereins, 10% kommen von der Stadt Kelkheim, 30% aus Vermittlungsgebühren und der Rest sind Spenden. Wir sind glücklicherweise in einer gesegneten, reichen Gegend. Aber gesichert sind die Finanzen nicht, denn Spenden können nur einmal ausgegeben werden.

Vielen Dank für das Interview.

Sommerfest

Wer sich näher über das Tierheim informieren möchte, hat am Wochenende die Möglichkeit dazu. Auf dem Sommerfest am 15. Juli von 11 bis 18 Uhr und am 16. Juli von 11 bis 17 Uhr gibt es Live-Musik, „frisch zubereitete Crêpes, Kaffee und Kuchen, Herzhaftes vom Grill, ein Flohmarkt für Tierbedarf, eine Kreativ-Mitmach-Kunstaktion, Kinderschminken und ein Blick hinter die Kulissen“.

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