TuS Hornau: Missbrauchsfälle erschüttern den Verein – Trainer in Untersuchungshaft

Kelkheim (ju) – Die heile Welt des Jugendfußballs in Kelkheim hat Risse bekommen. Die Nachricht schlug am vergangenen Freitag wie eine Bombe ein.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main führt seit Mai 2024 Ermittlungen gegen einen Trainer einer Juniorenfußballmannschaft der Turn- und Sportfreunde Hornau e. V. wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern, der Vergewaltigung sowie der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige. Die Taten sollen sich von 2022 bis 2024 zugetragen haben.

Bei dem Beschuldigten handelt es sich um einen 28-Jährigen aus dem Raum Frankfurt am Main. Ihm wird zur Last gelegt, sich in mindestens vier Fällen männlichen Minderjährigen sexuell genähert sowie diese zum Konsum von Betäubungsmitteln veranlasst zu haben. Die Jungen sollen seinerzeit nicht in der Lage gewesen sein, sich gegen den wesentlich älteren Beschuldigten, der ihr Fußballtrainer im Verein war, zur Wehr zu setzen.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Frankfurt am Main einen Haftbefehl erlassen, der am 14. August zusammen mit einem Durchsuchungsbeschluss vollstreckt wurde. Der Beschuldigte befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

Die Ermittlungen, insbesondere die Auswertung von bei der Durchsuchung sichergestellten Datenträgern und die Identifizierung möglicher weiterer Opfer, dauern an.

Verein ist erschüttert

Der Verein und seine Führung zeigen sich erschüttert von den Ereignissen, beriefen am vergangenen Freitag gemeinsam mit dem BKA einen Infoabend für die Eltern der betroffenen Jungen ein. Man bittet um Verständnis, dass aufgrund der laufenden Ermittlungen keine weiteren Details bekanntgegeben werden können. Die ermittelnden Behörden hatten dem Verein direkt nach Bekanntwerden des Vorfalles klare Verhaltensregeln vorgegeben, an die man sich strikt gehalten habe. Der Schutz der Betroffenen sowie der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten stehe nun an erster Stelle. Der Jugendtrainer war am 26. Mai auf offener Straße Am Taunusblick verhaftet worden, weil ein betroffener Jugendlicher direkt nach einer Tat Anzeige erstattet hatte. „Er hat den Stein sozusagen ins Rollen gebracht und wir sind ihm unendlich dankbar, dass er den Mut aufgebracht hat. Damit hat er wahrscheinlich noch weitere Jungs beschützt“, erklärt Christa Klöckner, Jugendwartin des Vereins. Man wisse nur so viel, dass sich der Trainer von B- und A-Mannschaften das Vertrauen der Jugendlichen und auch mancher Eltern erschlichen und dann dieses Vertrauen schamlos ausgenutzt hat. Der Verein, der Kenntnis davon hatte, dass sich der Trainer auch außerhalb des Sportgeländes mit den Jugendlichen traf, hatte diesen wiederholt ermahnt, dies zu unterlassen. Hätte man zu dieser Zeit schon konsequenter sein müssen und ihn entlassen sollen? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, „denn man kann den Menschen nicht hinter die Stirn schauen“, weiß auch Klöckner. Sie selbst fragt sich heute, ob man irgendwas hätte merken müssen. Von Seiten der Polizei und der Staatsanwaltschaft werden dem Verein keine Vorwürfe gemacht, man habe zeitnah nach Bekanntwerden der Vorwürfe reagiert, den Trainer sofort sämtlicher Ämter enthoben. Dieser war nach der angezeigten Tat auch erst einmal wieder auf freien Fuß gesetzt worden, bis dann im August der Durchsuchungsbeschluss erlassen wurde und damit auch die Untersuchungshaft.

Sinnvolle Maßnahmen

Sportvereine können eine Vielzahl von Maßnahmen ergreifen, um sexuellen Missbrauch zu verhindern und ein sicheres Umfeld für alle Mitglieder zu schaffen:

1. Schutzkonzepte entwickeln: Vereine sollten klare Schutzkonzepte und Verhaltensregeln etablieren, die den Umgang mit sexueller Gewalt regeln und präventive Maßnahmen festlegen.

2. Schulung und Sensibilisierung: Regelmäßige Schulungen für Trainer, Betreuer und Mitglieder können das Bewusstsein für das Thema schärfen und Handlungskompetenzen vermitteln.

3. Vertrauenspersonen benennen: Es sollten Vertrauenspersonen ernannt werden, an die sich Betroffene wenden können. Diese Personen sollten speziell geschult sein, um angemessen reagieren zu können.

4. Transparente Kommunikation: Eine offene und transparente Kommunikation innerhalb des Vereins kann dazu beitragen, ein Klima des Vertrauens und der Achtsamkeit zu schaffen.

5. Risikomanagement: Durch regelmäßige Risikoanalysen können potenzielle Gefahrenquellen identifiziert und Maßnahmen zur Minimierung dieser Risiken ergriffen werden.

6. Externe Unterstützung: Zusammenarbeit mit externen Fachstellen und Beratungsstellen kann zusätzliche Unterstützung und Expertise bieten.

Durch diese Maßnahmen können Sportvereine aktiv dazu beitragen, sexuellem Missbrauch vorzubeugen und ein sicheres Umfeld für alle Mitglieder zu gewährleisten.

Verschiedene Maßnahmen geplant

Einige davon hat der Verein schon im Vorfeld eingeleitet oder will sie jetzt in Angriff nehmen. Die Zusammenarbeit mit dem Landessportbund wurde intensiviert, man stehe in ständigem Kontakt, erklärte Jugendwartin Christa Klöckner. Die Kindeswohlbeauftragte Gaby Henkel, die 2023 ihre Arbeit aufnahm, plant diverse Maßnahmen, um das Vertrauen wiederherzustellen. Denn das viele Eltern jetzt Ängste haben, ist ihnen nicht zu verdenken, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass es solche Vorkommnisse auch in anderen Bereichen gegeben hat, eher gering sind. „Wir müssen den Eltern einen Leitfaden an die Hand geben, wie sie ihre Kinder für dieses Thema sensibilisieren. Ebenso werden wir unsere Trainer im Umgang mit den Kindern schulen“, verspricht Klöckner. Wichtig sei, dass es nicht zu 1:1- Situationen komme, sprich, kein Kind oder Jugendlicher sollte allein mit einem Trainer sein. „Viele der Trainer sind sich aber der Brisanz ohnehin schon bewusst, vermeiden es zum Beispiel, nur mir einem Kind in den Materialraum zu gehen. Keiner möchte sich irgendwelcher Verdächtigungen aussetzen.“

Unrühmliche Medien

Für Klöckner und den Vorstand haben die Ereignisse inzwischen Ausmaße angenommen, die sie sich nicht hätten vorstellen können. Der Presserummel ist groß und einige Medien „bekleckern“ sich bei ihrer Arbeit nicht gerade mit Ruhm. Da wird einfach drauflosgefilmt, Zusammenhänge suggeriert, die keine sind. „Wir dürfen jetzt nicht in Panik verfallen, sondern müssen die Vorfälle aufarbeiten, Transparenz zeigen und Lösungsvorschläge erarbeiten“, so die Jugendwartin.

Geplant ist auch noch ein Gespräch der Polizei mit den Jugendlichen der zwei betroffenen Mannschaften, die von dem Verdächtigen trainiert wurden. Sicherlich auch mit dem Hintergrund, eventuell weitere Straftaten aufzudecken und den Jugendlichen Wege und Mittel an die Hand zu geben, sich in solchen Situation zur Wehr zu setzen. „Ich habe auch das Gespräch mit den Jungs gesucht und ihnen erklärt, dass sie den Mut entwickeln sollen und müssen, NEIN zu sagen“, so Klöckner.

Konsequenzen

Die Konsequenzen für den TuS Hornau sind weitreichend. Zum einen muss der Verein einen Weg finden, mit der Vergangenheit umzugehen und das Vertrauen der Mitglieder wiederherzustellen. Dies wird nur gelingen, wenn die Aufarbeitung transparent und umfassend verläuft. Zum anderen steht der Verein vor der Aufgabe, seine Strukturen so zu reformieren, dass ähnliche Vorfälle in der Zukunft ausgeschlossen werden können.

Der Fall zeigt, dass Sportvereine, die eigentlich als Ort des Zusammenhalts und der Förderung junger Menschen dienen, auch Schauplatz von schwerwiegenden Übergriffen werden können. Missbrauch im Sport ist kein Einzelfall, sondern ein systemisches Problem, das nur durch konsequente Präventionsarbeit, Transparenz und den Willen zur Aufklärung bekämpft werden kann. Sportvereine müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und proaktiv Maßnahmen ergreifen, um einen sicheren Raum für alle Mitglieder zu schaffen.

Der Missbrauchsskandal bei der TuS Hornau ist eine tragische Erinnerung daran, wie wichtig es ist, Wachsamkeit, Transparenz und Prävention in Sportvereinen ernst zu nehmen. Die Aufarbeitung der Vorfälle wird für den Verein ein langer und schmerzhafter Prozess sein. Nur wenn alle Beteiligten – von der Vereinsführung bis hin zu den Mitgliedern – an einem Strang ziehen, kann es gelingen, Vertrauen zurückzugewinnen und den Verein in Zukunft so aufzustellen, dass so etwas nie wieder geschieht.



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