90 Sommer lang Badespaß im Charme der 30er-Jahre

Im Woogtal-Freibad gilt es, neben den üblichen Unterhaltungsarbeiten und notwendigen Modernisierungen auch, den Flair der 30er-Jahre zu erhalten. Dass das Bade-Team diese Zusatzaufgabe vorbildlich erledigt, beweist diese Frühaufsteher-Perspektive – später am Tag wird das Auge vom allgemeinen Trubel abgelenkt. Foto: Schnurawa

Königstein (js) – Wenn ein Schwimmbad es schafft, so viele unzählige Jahrzehnte zu überleben, dann ist das schon ein ganz besonderer Grund zur Freude, wenngleich zu diesem denkwürdigen Datum keine größere Feier ins Haus steht. Das inmitten des herrlichen Woogtals gelegene Waldschwimmbad, das im Jahre 1924 erbaut wurde, besitzt bis zum heutigen Tag einen großen Stellenwert, und das nicht nur ausschließlich im Leben der Königsteiner, was wohl vor allem in seinem besonderen Charme begründet liegt. Bereits beim Eintreten empfängt einen das Flair der typischen „30er-Jahre-Strandbäder“, schön zu erkennen an den urigen Holzumkleidekabinen. Abgesehen von der ausgeklügelten Technikanlage, die sich auf dem Dach des Bademeisterhäuschen befindet, scheint die Zeit hier still zu stehen, wenn auch die Uhren nicht mehr ganz so strikt wie früher ticken. Denn im Gegensatz zu heute herrschte damals beispielsweise noch eine rigide Kleiderordnung, der sich jeder anzupassen hatte. Nur allzu gut erinnert sich Bademeister Hans-Joachim Tretschok noch an ein früheres Schild mit der Aufschrift „Der Badeanzug ist ordnungsgemäß geschlossen zu tragen. Das Badegelände darf im Badeanzug nicht verlassen werden.“ Heute ebenfalls kaum mehr vorstellbar: Dass das Schwimmbecken früher mal allein durch den Woogbach gespeist wurde, wie sich Bademeister Tretschok erinnert. Derartiges ist natürlich heutzutage undenkbar, was jedoch keinesfalls heißt, dass heutzutage keine Baderegeln einzuhalten wären.

Wie es sich für ein Schwimmbad gehört, das so viele Jahre zählt, hat es gute und schlechte Zeiten erleben dürfen. Eines der wohl tiefgreifendsten Ereignisse war die längerfristige Schließung aufgrund tief greifender Sanierungsmaßnahmen, die Anfang der 90er-Jahre vorgenommen werden mussten. Umfassende Umwälzungen gab es hier vor allem hinsichtlich der technischen Steuerung, wie zum Beispiel der Wassertemperatur, die von da an über eine Solaranlage geregelt wurde. Außerdem wurden die Becken sowie der komplette Außenbereich rundum erneuert. Eine neue Attraktion waren zudem die beiden Sprungtürme (ein Einmeter- und Dreimeterbrett), die es bis dato noch nicht gegeben hatte. „Uns ging es vor allem darum, den besonderen Charakter des Bades zu erhalten, den unsere Stammkundschaft so sehr schätzt. Dabei sind wir dem ursprünglichen Konzept treu geblieben“, gesteht der leitende Bademeister Hans-Joachim Tretschok, der in seiner nunmehr 30-jährigen „Amtszeit“ einen ganz entscheidenden Beitrag zur Instand- und Aufrechthaltung des Waldschwimmbades geleistet hat. Dabei ist er stets mit viel Herzblut und großem Engagement bei der Sache.

Das spiegelt sich vor allem auch in der außerordentlich gepflegten Gartenanlage wider, die vom leitenden Bademeister zusammen mit seinem Team, das aus zwei festangestellten Mitarbeitern und ein paar Aushilfen besteht, selbst instand gehalten wird. „Meine Arbeit ist schon so etwas wie ein Hobby für mich“, erklärt Hans-Joachim Tretschok, für den sein Arbeitsplatz schon so etwas wie ein zweites Zuhause geworden ist, was wohl auch in der Tatsache begründet liegt, dass er gleich nebenan wohnt. Dies hätte sowohl Vor- als auch Nachteile, weiß Hans-Joachim Tretschok, der an dieser Tätigkeit die freie Arbeitseinteilung und gleichzeitig auch den regen Kontakt mit Menschen sehr schätzt. Allerdings sei Privates von Beruflichem nur schwer zu trennen.

Doch so simpel wie der Beruf des Schwimmmeisters oft eingeschätzt wird, ist jener bei weitem nicht, ist jener doch nicht nur mit vielen Aufgaben betraut, sondern muss außerdem, selbst in unserem modernen Zeitalter mit Kameraüberwachung etc., noch ein hohes Maß an Verantwortung übernehmen. Neben der regulären Wasseraufsicht sei er für die Sauberkeit, Wartung der Technik, Pflege der Außenanlage sowie den gesamten Erhalt überhaupt verantwortlich, erklärt Tretschok.

Wer dieses Bad besuche, der komme um der Ruhe, Erholung und der einzigartigen Lage willen, konstatierte der leitende Hans-Joachim Tretschok, der sein Klientel, das vorwiegend durch junge Familien repräsentiert wird, nach all den Jahren sehr genau kennt.

„Was die Leute bei uns schätzen, ist die Überschaubarkeit und die angenehme Atmosphäre, die sie in größeren Spaßbädern oftmals vergeblich suchen. Außerdem bieten wir eine ausgezeichnete Wasserqualität, die ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle bei der Wahl des Bades spielt“, so Hans-Joachim Tretschok. Geradezu einzuladend ist das Schwimmerbecken seit je her mit seinen (15x33,3m) für wahre Schwimmfans, die nicht bloß relaxen wollen, sondern auch sportliche Betätigung suchen. Zur Verfügung stehen außerdem für Kids das kleinere Nichtschwimmerbecken mit seinen (15x12,5m) und einer Wasserrutsche, wo man nach Herzenslust spielen und toben kann, während die Erwachsenen ihre Bahnen ziehen. Eine recht zufriedenstellende Bilanz im Hinblick auf die Besucherzahlen, die sich an guten Tagen im Durchschnitt auf rund 800 belaufen, konnte auch in diesem Jahr vonseiten der „Guten Seele des Freibades“ gezogen werden, wenngleich sich die Wetterbedingungen nicht unbedingt günstig auswirkten. „Ich bin recht optimistisch, was die Zukunft des Bades angeht, auch wenn ich zum 100. Geburtstag nicht mehr hier sein werde“, verriet das Badeoberhaupt fast ein wenig wehmütig, obgleich die Vorfreude auf den bevorstehenden, wohlverdienten Ruhestand zweifellos überwiegt.



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