Königstein – Königstein im Taunus kann mit vielen Besonderheiten aufwarten: die mächtige, alles überragende Burgruine, die Altstadt, die wunderschöne Lage an den Südhängen des Taunus und eine Vielzahl an abwechslungsreichen Spazierwegen tragen zur großen Attraktivität der Stadt bei. Außergewöhnlich ist sicherlich die Tatsache, dass die kleine Taunusstadt zwei Schwimmbäder hat. Da ist zum einen das Kurbad mit Außenbecken, das in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag feiern kann (dies wird Thema eines besonderen Stadtarchiv-Beitrags sein) und zum anderen das Freibad, das bereits über 90 Jahre alt ist.
Die Vorgeschichte
Am 1. Juli 1924 wurden die Leser der Taunuszeitung von der „Inbetriebnahme“ des Freibades informiert. Damit fand eine fast 40-jährige Vorgeschichte ihr Ende, hatten einige Königsteiner sich doch bereits im Jahr 1888 für den Bau eines Freibades eingesetzt. Unterstützt wurde dieses Projekt allerdings doch nur schwach, so dass weitergehende Pläne nicht mehr geschmiedet wurden. Vergessen wurde es jedoch nicht: Viele Jahre später setzte sich der Arzt und Sanatoriumsleiter Dr. Oskar Kohnstamm (1871-1917) für die Anlage eines „Luft- und Schwimmbades“ ein. Auf Grund eines Antrags des vor genau hundert Jahren verstorbenen Arztes wurde eine „Schwimmbad-Commission“ eingerichtet, der außer Dr. Kohnstamm auch der Arzt Dr. Herrmann sowie die Hotelbesitzer Friedrich Bender (er war zu jener Zeit auch Stadtverordnetenvorsteher) und Oswald Bauch angehörten. Sie ging 1912 in die „Verkehrs- und Finanzierungskommission“ über. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 stagnierten die Planungen.
Einige Jahre nach dem Kriegsende (1918) ging es allerdings in dieser Sache wieder voran: „Frau Lili Mannheimer, Amsterdam, zur Zeit Patientin des Herrn Dr. Friedemann im Sanatorium Dr. Kohnstamm, hat aus Dankbarkeit für die erfolgreiche Kur unter Leitung des genannten Arztes für die Errichtung eines Schwimmbades in Königstein 100 holländische Gulden (die zur Zeit einem Betrag von 200 Millionen entsprechen) gespendet.“ Diese erfreuliche Nachricht konnte der Magistrat der Stadt Königstein im Taunus am 15. August 1923 verkünden. Über Lili Mannheimer ist bekannt, dass sie mehrfach in Königstein weilte. Als Standort für das neue Schwimmbad wurde ein städtisches Gelände am Rombach vor dem Zusammenschluss mit dem Woogbach, ungefähr 15 Minuten von der Stadtmitte entfernt, ausgewählt. Noch im August fingen die Arbeiten unter der Leitung des Stadtbaumeisters Jünemann an. Sie wurden im Rahmen der Erwerbslosenfürsorge durchgeführt. Bis zur Eröffnung des Freibades dauerte es noch nicht einmal elf Monate. Die Eröffnung schien still und leise erfolgt zu sein, schrieb die Zeitung doch am 1. Juli 1924: „und so kann es ganz leicht möglich sein, dass die am Sonntag in so großer Heimlichkeit geschehene Inbetriebnahme des schon so lange ersehnten städtischen Schwimmbades ein Markstein von großer Bedeutung für die Entwicklung unseres Platzes als Kurort werden kann.“
Strenge Sitten
Zunächst durften „Herren“, „Damen“, „Knaben“ und „Mädchen“ das Schwimmbad nur zu unterschiedlichen Zeiten nutzen, allerdings standen den Herren täglich sogar zwei Stunden mehr zur Verfügung. In einem Leserbrief, der nur zwei Wochen nach Eröffnung des Schwimmbades erschien, wird moniert, dass sich sowohl Herren als auch Damen nicht an diese vorgeschriebenen Zeiten hielten – die Polizeivorschrift und der Bademeister seien anscheinend aber nur da, um übergangen zu werden…
Ab 1932 war die Nutzung des Bades allgemein. Es gab nur noch jeden Freitagnachmittag vier Stunden Badezeit von 16.00 bis 20.00 Uhr, die ausschließlich Mädchen und Frauen vorbehalten waren. Bezüglich der Badebekleidung galt: „Im ganzen Schwimmbadgelände ist nach abgelegtem Straßenanzug nur vollständiger Badeanzug zulässig; teilweises Aufknöpfen des Badeanzuges ist unstatthaft.“
Außerdem wurden damals den Schwimmbadbesuchern täglich unentgeltliche Gymnastikstunden von 10 bis 11 Uhr und nochmals von 17 bis 18 Uhr angeboten.
Umfassende Sanierung vor 25 Jahren
Im Laufe der Jahrzehnte kam auch das Königsteiner Freibad sozusagen in die Jahre. Nach dringend notwendigen Sanierungs- und Umbauarbeiten in den Jahren 1991 und 1992 erfolgte am 5. Juni 1992 die Wiedereröffnung des Bades. Das neu mit Solarabsorberanlage für die Erwärmung des Wassers ausgestattete Bad wurde darüber hinaus behindertengerecht eingerichtet. Das Schwimmbecken wurde jetzt vertieft auf 3,80 Meter, somit war die Errichtung eines Drei-Meter-Turms möglich. Das Kinderbecken wurde zu einem Nichtschwimmerbecken umgestaltet und für die Kleinsten ein Planschbecken mit Wasserpilz geschaffen. Die Umkleidekabinen, rot-weiß gestrichen, erhielten wieder das Aussehen der 1920er-Jahre und verleihen dem Schwimmbad bis heute nostalgisches Flair. Auch wurde der Kiosk wieder detailgetreu aufgebaut.
Jener 5. Juni 1992 wurde mit Gegrilltem und Musik gefeiert. Auch wenn sich die Sonne versteckte und der Tag regnerisch war, kamen 300 Personen zur Neueröffnung. Zum Amüsement der Anwesenden sprangen der damalige Bürgermeister Bertram Huke und der damalige Erste Stadtrat Klaus Dehler vollständig bekleidet vom neuen Drei-Meter-Turm und lösten damit die Wette ein zu springen, wenn an diesem Tag mehr als 1000 Mark Spenden für das Königsteiner Krankenhaus gesammelt würden. Es kamen über 1.300 Mark zusammen.
Das Königsteiner Freibad übt mit seiner außergewöhnlichen Atmosphäre und seiner schönen Lage bis heute einen große Anziehung auf viele Menschen aus, die nicht nur aus Königstein, sondern auch extra aus Frankfurt und anderen Städten der Umgebung in die Taunusstadt kommen, um die „Perle im Woogtal“ zu genießen.
Am 14. Mai ist es wieder soweit: Das Freibad öffnet wieder und wird bis voraussichtlich Mitte September jeden Tag von 7 bis 20 Uhr geöffnet haben, sonntags öffnet es um 8 Uhr. Lediglich bei sehr schlechtem Wetter ist eine vorzeitige Schließung vor 20 Uhr möglich. Dies ist jeweils auf der Homepage der Stadt unter www.koenigstein.de oder telefonisch unter 06174/4620 zu erfahren.
Beate Großmann-Hofmann