„Mama Massai“ zu Besuch in Königstein

Königstein (pit) – „Haben die Kinder in Tansania eigenes Spielzeug?“, „Welche Temperaturen herrschen in Tansania?“ oder „Welche Sprache wird dort gesprochen?“ Gar nicht abreißen wollten die Fragen, die die Schülerinnen der St. Angela-Schule an Angelika Wohlenberg-Kinsey alias „Mama Massai“ richteten. Die Antworten kamen prompt und regelrecht energiegeladen. Manche Kinder hätten erworbenes Spielzeug, doch andere würden sie aus Naturmaterialien selbst herstellen, manchmal habe es 40 Grad im Schatten, in höheren Lagen aber auch wesentlich weniger, die Landessprache sei Suaheli, häufig werde auch Englisch gesprochen.

Es ist ein spannender Einblick, den Angelika Wohlenberg-Kinsey, die in Begleitung von sechs Massai nach Königstein gekommen ist, in ihre Arbeit gibt. Organisiert wurde dieser Besuch von der „Antje-Elisabeth-Ohliger-Stiftung“, deren Namensgeberin 30 Jahre Lehrerin an der St. Angela-Schule war und vor wenigen Jahren verstorben ist.

Während ihrer Amtszeit lernte sie Schwester Angelika auf einer Reise durch Tansania kennen. Diese hatte 1997 in Nord-Tansania eine kleine Schule für Kinder aus dem Volk der Massai gegründet – ein Projekt, das bis heute stetig gewachsen ist. Immerhin erhalten bereits über 350 Kinder in der vom Verein „Hilfe für die Massai e. V.“ unterhaltenen Primary-School in Malambo sowie weitere 350 Kinder und Jugendliche in Arusha über die Vermittlung von Patenschaften einen Zugang zu einer soliden, englischsprachigen Schulbildung mit der Perspektive auf eine weiterführende Ausbildung.

Dies ist auch einer der Gründe für den Besuch der kleinen Delegation in der Königsteiner Einrichtung. „Jede Klasse hat ein Patenkind dort“, erläutert Anja Ohliger, Tochter der Stifterin. Das bedeutet, dass insgesamt 30 Massai-Kinder durch die Schülerinnen der St. Angela-Schule die Möglichkeit bekommen, sich eine Grundlage für eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen und sich somit für die Zukunft ihrer Kultur einzusetzen.

Jede Menge berichtete „Mama Massai“ aus ihrer selbst gewählten Heimat im fernen Afrika. Zum Beispiel, dass die Schulfächer ähnlich wie hierzulande angelegt sind, dass die meisten Kinder nur zu Weihnachten ein neues Kleidungsstück bekommen und in Tansania meist kein Geburtstag gefeiert wird: „Die meisten Menschen wissen ja gar nicht, an welchem Tag sie geboren wurden.“ Aber auch das Mädcheninternat in Arusha, eine mobile Klinikeinheit und Frauenprojekte kommen zur Sprache.

Aufgewachsen ist Angelika Wohlenberg-Kinsey, die 2008 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekam, im nordfriesischen Breklum bei Husum. Schon früh begann sie, Missionsberichte zu verfolgen: „Ich habe Missionsblut in mir.“ Da ist es kein Wunder, dass sie recht schnell in ihrer früheren Heimat den Spitznamen „Tarzan“ erhielt.

Der nächste Schritt war ihre Ausbildung zur Hebamme und Krankenschwester. Wo sie jedoch tatsächlich hin wollte, war noch nicht ganz klar. Allerdings erfuhr sie dann von einer Stelle in Tansania, in der ein „rollender Gesundheitsdienst“ vakant war – die Würfel waren gefallen.

„Einfach war es allerdings nicht“, gibt Angelika Wohlenberg-Kinsey zu, die seit vier Jahren mit einem Mann verheiratet ist, der zwar aus Vancouver stammt, jedoch auch in Tansania eine neue Heimat gefunden hat. Erst allmählich habe sie Akzeptanz bei den Massai gefunden und werde mittlerweile als „halber Mann“ angesehen und respektiert.

Sehr ambivalent waren ihre bisherigen Erlebnisse in Tansania. Als besonders furchtbar erlebte sie die Erschießung eines Massai-Pastors bei sich im Auto durch Somalis, die Touristen überfielen: „Seither versorgen wir dessen Frau mit ihren zwei Kindern.“ Witzig wiederum, dass sie einen ihr gestohlenen Nachttopf auf einem Lagerfeuer wiederentdeckte – als Reispfanne dienend.

Besonders wichtig sei die Missionsarbeit, die Grundlage für ihre Entwicklungsarbeit ist: „Als Christen müssen die Massai keinen Fluch ihres Gottes mehr fürchten.“ Das beträfe viele Lebensbereiche. Zum Beispiel die Beschneidung der Frauen, die zwar offiziell verboten ist, aber: „Die alte Kultur ist oft stärker als das Gesetz.“ Doch dann ist es Zeit für den Aufbruch: „Let’s go!“, ruft Angelika Wohlenberg-Kinsey ihren traditionell gekleideten Massai-Begleitern zu. Deutlich spürbar ist bei diesem Zuruf ihre zupackende Art, die von großer Herzlichkeit und Wärme für die ihr Anvertrauten gesegnet ist.

Jede Menge berichtete „Mama Massai“ aus ihrer selbst gewählten Heimat im fernen Afrika während ihres Besuches an der St. Angela-Schule.

Foto: Pfeifer



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