Potpourri und „Coppélia“: Ballettgenuss im HdB

Coppélia (Sarah Keck) lässt die Puppen tanzen. Foto: Diel

Königstein (die) – Einen wahren Ballettmarathon konnten am vergangenen Samstag die Königsteiner im Haus der Begegnung erleben. Die Königsteiner Ballettschule unter Leitung von Andreea Radu präsentierte sich in gleich zwei Aufführungen. Am Vormittag starteten die Kleinsten mit einem Ballett-Potpourri. Dabei hatten Andreea Radu und Cornel Bercea zu verschiedenen Ballettmusiken wunderbare Choreografien mit den teilweise erst dreijährigen Elevinnen einstudiert. Neben Schülerinnen der Königsteiner Ballettschule tanzten auch Gruppen, die von Frau Radu in den Kindergärten Kids Camp und Kinderzeit Gute Zeit in Schwalbach geleitet werden.

Beachtlich, wie die jungen Damen die Situation auf der Bühne, in einem Kostüm, mit Musik mit erhöhten Anforderungen an Koordination und Gedächtnisleistung gemeistert haben. Man kann bereits in diesem Ausbildungsabschnitt der Kinder erkennen, wie breit gefächert und solide mit ihnen gearbeitet wird. Aber auch die Älteren kamen zum Zuge, so trat unter anderem die sehr beliebte und „coole“ Freestyle-Gruppe auf und zeigte mal wieder, dass es nicht immer Tutu und Spitzenschuhe sein müssen.

„Coppélia“ von Leo Delibes

Am Abend konnte das Publikum in dem nahezu ausverkauften großen Saal des Hauses der Begegnung dann das Ballett Coppélia erleben, das Leo Delibes im Jahr 1870 komponiert hat. In der ballettmäßig etwas schwach aufgestellten Rhein-Main-Region etwas sehr Außergewöhnliches, nahmen Radu und Bercea die Herausforderung an, nach den Originalmusiken das Ballett auf Hobbytänzerinnen und -tänzer zuzuschneiden. Die Solistinnen, Sarah Keck – in der Rolle der Coppélia – und Louisa Keck, die Zwillingsschwester – als Swanilda – zeigten ihr Können in den zum Teil sogar originalen Choreografien für die Profis. Auch eine Herausforderungen für zwei gerade einen Tag vorher 15 Jahre alt gewordenen Schülerinnen der Bischof-Neumann-Schule, die sie mit viel Ausstrahlung, Talent und solider Technik - auch en pointe (auf Spitze) – gemeistert haben.

Coppélia ist ein zauberhaftes Ballett, in dem es um eine wunderschöne Puppe, einen fanatischen Erfinder namens Dr. Coppelius, das Mädchen Swanilda mit ihren Freundinnen und ihrem Verlobten Franz geht. Der Traum eines Erfinders, eine Puppe zu erschaffen und ihr Leben einzuhauchen, ist so neu wie alt und dass das nicht klappen kann, wird natürlich auch in diesem Ballett klar.

Wunderschöne Szenen, Puppen in einer Werkstatt, die tanzen, aber doch mechanisch und steif – was tänzerisch mehr als schwierig umzusetzen ist und höchste Koordinationsfähigkeit neben technischer Sicherheit fordert – daneben fröhliche Tänze auf einem Marktplatz und schauspielerisch herausfordernde Szenen: Das alles gibt diesem Ballett seine Vielfalt.

Dabei gelang Radu und Bercea auch hervorragend die Einstudierung von Folkloretänzen, z.B. dem Chardaz, in dem die Ballettschülerinnen ihre tänzerische Bandbreite zeigen konnten. Solistisch traten auch die Freundinnen von Swanilda, getanzt von den langjährigen und weiter fortgeschrittenen Schülerinnen Sonja Dawson, Ginevra Bramante, Noelle Brown und Feline Anschperger, besonders hervor. Sie meisterten schwierige und lange Passagen und präsentierten, auf welchem Niveau man nach vielen Jahren Ballettunterricht tanzen kann.

Auch die zwei kleinen männlichen Schüler der Kompanie, David Radu und Niels Anckaert, zeigten ihren Ausbildungsfortschritt und wie man neben Sprüngen die Tänzerin durch Hebungen und das richtige Halten unterstützen kann. Eine Ausbildung, die sie von der Pike auf von ihrem Ballettmeister, Cornel Bercea, erhalten. Der stellte sein tänzerisches und schauspielerisches Können auch als Franz unter Beweis, genau wie Andreea Radu als Dr. Coppelius, und so durften alle vor und hinter der Bühne hautnah miterleben, wie es dann doch die Profis machen. Toll, wenn man von dieser Kompetenz profitieren darf!

Burgfräulein und Hofdamen tanzen mit

Ein besonderes Highlight hatte der Abend aber noch in petto. Ihre Lieblichkeit, Burgfräulein Helen I. höchstpersönlich, betrat in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit und mit ihren Ballett-Hofdamen die Bühne und wer geglaubt hat, so ein Königsteiner Burgfräulein könnte in ihrem Kostüm nur gut aussehen und repräsentieren, wurde eines Besseren belehrt. In Spitzenschuhen und mit bezaubernder tänzerischer Ausstrahlung brachte Helen I. als Herzogin für Swanilda und Franz im dritten Akt die Welt durch ein großzügiges Brautgeschenk wieder in Ordnung.

„Eigentlich ist mein Steckenpferd ja der Stepptanz“, verriet Helen I. alias Helen Dawson schmunzelnd in der Garderobe in einem Gespräch, „aber Ballett ist auch hierfür so essentiell!“ Seit ihrem dritten Lebensjahr tanzt Helen klassisches Ballett, später kam auch Modern hinzu. Eigentlich habe sie zwischenzeitlich das Ballett mal aufgegeben, verrät sie, aber als Andreea Radu 2011 die Ballettschule übernommen hatte, sei die Leidenschaft für das Ballett erneut in ihr geweckt worden. Und das zeigt eigentlich das Wichtigste, was eine Ballettmeisterin und ein Ballettmeister können müssen: die Leidenschaft im Bein erwecken. Und dass das Andreea Radu und Cornel Bercea gelingt, hat die Aufführung gezeigt und vor allem der nicht enden wollende Applaus und die Bravorufe des begeisterten Publikums!

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