Falkenstein/Kronberg (as) – Was für ein Abschluss des Jubiläumsjahrs des Falkensteiner Mandolinen-Clubs! Mit seinem Festkonzert im Casals Forum Kronberg am Samstagabend vor dem 1. Advent, dem traditionellen Termin des Herbstkonzerts, machte sich das Orchester selbst das größte Geschenk zu seinem 100-jährigen Bestehen – und die 550 Zuhörerinnen und Zuhörer wurden bei dem fast dreistündigen Musikgenuss gleich reichlich mitbeschenkt.
Einmal in der größten – und akustisch bei weitem besten – Konzerthalle der Region zu spielen, diesen Wunsch hatten die Mandoliner aus Falkenstein, die sich trotz ihrer hohen musikalischen Reife und Professionalität als „Laienorchester“ bezeichnen, schon länger gehegt. Im vergangenen Januar bei seiner Jubiläumsfeier war der Verein damit an die Öffentlichkeit gegangen. „Das wollen wir uns dieses Jahr einmal leisten, auf dieser herausragenden Bühne zu spielen“, hatte der Vorsitzende Michael Danzer gesagt. Ob man einen so großen Saal wohl füllen könne, schwangen gleichzeitig auch Bedenken mit. Man konnte ganz locker! Binnen zwei Monaten waren alle Karten im Casals Forum restlos vergriffen, die meisten davon waren nach Königstein, insbesondere nach Falkenstein gegangen.
Ein echtes Heimspiel also für die Mandoliner, zu dem Danzer neben den Ehrengästen – unter anderen Königsteins Bürgermeisterin Beatrice Schenk-Motzko, Ersten Stadtrat Jörg Pöschl, Felicitas Hüsing aus dem Kronberger Magistrat, Kreistagsvorsitzender Renzo Sechi, die Ehrenvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Zupfmusiker Gisela Schmitt – auch den früheren Dirigenten Keith Harris und Ehrenmitglied Anton Wächtler, der mit 70 Jahren als aktives Mitglied den Großteil der Vereinsgeschichte miterlebt und -geprägt hatte, begrüßte. Nicht zu vergessen die stattliche Delegation aus Falkensteins Partnerstadt Le Mêle, die – mit französischen und deutschen Fähnchen ausgestattet – einen ungewohnten Farbtupfer in den Konzertsaal brachten.
Ein freundlicher musikalischer „Wettstreit“ in der Normandie vor 60 Jahren, aus dem die Falkensteiner natürlich als Sieger hervorgegangen waren, hatte im Übrigen den Grundstein für diese besondere deutsch-französische Freundschaft gelegt. Danzer erinnerte auch an die Anfänge vor 100 Jahren, als sich junge Leute aus Falkenstein zu einem Club, der Begriff war damals „cool“, zusammenfanden, um gemeinsam auf Wanderschaft zu gehen und dabei zu musizieren. In einer Zeit, in der man – damals unter französischer Besatzung – einfach mal was Schönes erleben wollte. „So hat sich über die Generationen ein tolles Orchester entwickelt“, so Danzer … und die politische Lage komplett verändert.
Großartig vielstimmige Stücke
Dann wurde es aber Zeit, sich davon überzeugen zu lassen, welch tolle Musiker die Falkensteiner Mandoliner sind und wie großartig sie in einem noch größeren Rahmen wirken. Für das Festkonzert hatte sich der Verein mit seinen aktuell 24 Musikern stimmliche Unterstützung geholt: zum einen den seit langem befreundeten Chor Cantiamo der Musikschule Johann-Sebastian Bach aus Eisenach. Die große Verbindung der Vereine besteht darin, dass sie beide unter der musikalischen Leitung von Natalia Alencova stehen, die in Eisenach lebt und seit nunmehr 15 Jahren für jede Übungsstunde nach Falkenstein pendelt.
Zum anderen präsentierte das Hessische Zupforchester (HZO), ein überregionales Leistungsorchester unter der Leitung von Annika Hinsche drei komplexe Stücke, darunter eine Uraufführung von „Auf dem Amazonas“ (A.-J. Scholz) und entführte noch einmal in ganz andere Klangwelten. Nach der Pause kombinierten sich beide Mandolinen-Ensembles in drei großartig vielstimmigen Stücken, bei denen teilweise auch ein Akkordeon, eine Flöte, eine Klarinette und eine Oboe mit auf die Bühne kamen. Die Feinabstimmung war am Vormittag in einer vierstündigen Generalprobe noch einmal eingeübt worden – und um es vorwegzunehmen: Alle Instrumente und klanglichen Nuancen flossen harmonisch ineinander und klangen auch bis ins Detail perfekt.
Kein Stück des Abends sollte dem anderem ähneln, das Konzert sollte ganz bewusst einen sehr vielfältigen Einblick in die Arbeit der Orchester geben. Jeweils sehr informativ angesagt von Orchestermitglied Martin Nitsche konnten sich die Zuhörer sehr schön in die Musik hineinfinden.
Die ersten drei Titel spielten die Falkensteiner allein und zeigten dabei gleich auf, wie facettenreich sie sind – von Barockkompositionen des 17. Jahrhunderts bis zur Musik der Neuzeit. Den Auftakt machte der Kopfsatz in D-Dur des Werks „Concerto all’ unisono“ von Evaristo Felice Dall’ Abaco, einem prägenden Barockmeister aus Italien, dem Heimatland der Mandoline. Ursprünglich für Streicher geschrieben, verkörperte das Stück, das zum festen Repertoire der Falkensteiner Mandoliner zählt, den Glanz und die Dynamik, den die Mandolinen (immer begleitet von Gitarren und dem von Vereinschef Michael Danzer gespielten Bass) entfalten können. Zum Träumen und Nachsinnen dann das zweite Stück: „Sogno“ (Traum) von Raffale Calace in der Bearbeitung von Stefanie Rauch. Spannend dann „Back to Sirius“ von Alfonso Carlos Miguel, ein erst 1995 uraufgeführtes Stück, wobei die Musiker die aufregende Fantasiereise zum hellsten Stern in unterschiedlichsten Sequenzen, von schwerelos über bedrohlich bis zur glücklichen Ankunft, perfekt nachempfanden.
Nach dem ersten Auftritt des HZO, in dem auch das Falkensteiner Orchestermitglied Matthias Praeve mitspielt, erweiterte sich der Klangkörper noch einmal durch die 36 Sängerinnen und Sänger von Cantiamo. Großartig war das Zusammenwirken etwa bei „Nella Fantasia“, das in den 1980er Jahren vom großen Filmmusik-Schöpfer Ennio Morricone rein instrumental komponiert wurde, aber erst im Jahr 1998 von Sarah Brightman einen Gesangstext erhielt. Mit einem donnernden Applaus wurden alle Mitwirkenden in die halbstündige Pause verabschiedet.
Ein akustisches Highlight nach dem anderen auch im zweiten Teil des Konzerts: von Renaissance-Klangbildern im Stück „Paladio“ des Walisers Karl Jenkins bis hin zum Tango Nuevo im „Libertango“ von Astor Piazzolla – hier zeigten die Mandoliner aus Falkenstein, das sie fast jeder Aufgabe gewachsen sind. Höhepunkt des Zusammenspiels mit dem HZO war dann das Scherzo aus der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven: ein hochkomplexer, energiegeladener Satz, den Natalia Alencova speziell für das Jubiläum arrangiert hatte und bei dem auch die drei angesprochenen Bläser zum ersten Einsatz kamen. Hier zeigte sich die ganze Klasse der Musiker, die diese schwierige Prüfung scheinbar spielerisch nahmen. Längst war der Beifall nach den Stücken Jubelstürmen gewichen, die Mandoliner hatten „ihr“ Publikum komplett für sich eingenommen.
„Und Sie werden sehen, wir kriegen die Bühne noch voll!“, hatte Martin Nitsche bereits angekündigt, als zum Finale alle drei Gruppen mit zusammen 78 Mitgliedern plus Dirigentin mit „Panis Angelicus“ von César Frank in die vorweihnachtliche Adventsstimmung abhoben. Am Ende fehlte dann nur noch ein „Hallelujah“, und zwar jenes von Georg Friedrich Händel, das den zweiten Teil des Oratoriums „Messias“ beschließt – wiederum arrangiert von Natalia Alencova für Mandolinen: eine Klangpracht, die Himmel und Erde wirklich zu verbinden wusste. Danach und nach zwei Zugaben gab es die verdienten „Standing Ovations“, das Publikum ließ alle auf der Bühne hochleben – besonders natürlich „seine“ Falkensteiner Jubilare.
Neun Monate geprobt
Wie viel Arbeit in dem Projekt steckte, aber auch wie viel Druck für die Musiker, beschrieb Jürgen Schnöbel, der die Erste Mandoline spielt, nach vollbrachtem Werk mit einem glücklichen Lächeln. Seit gut einem Jahr wurde das Programm im Orchester lebhaft diskutiert, vor allem die Frage, ob man sich der Klassiker von Beethoven und Händel mit eigenen Arrangements annehmen sollte. Wenn da etwas schief geklungen hätte, wäre das wohl jedem im Saal aufgefallen. Seit gut neun Monaten wurde geprobt, einmal sogar in der vollen Eisenacher Nikolaikirche mit dem Chor Cantiamo. Und seit einem guten halben Jahr habe das Programm für das Festkonzert gestanden.
Und das eigene lange Solo im Stück „The Song of Japense Autumn“ von Yasuo Kuwahara? Vor 15 Jahren habe er es schon mal gespielt. „Ich habe es seit zwei Monaten jeden Tag geübt, aber es kostet Nerven, zwei Minuten solo zu spielen“, so Schnöbel mit entwaffnender Ehrlichkeit. In einer Akustik, die die eigenen Erwartungen sogar noch übertroffen hatte. „Die Akustik ist sehr transparent, man hört sein eigenes Instrument glasklar – mit allen Konsequenzen“, so der Erste Mandoliner, der die Emotionen des Orchesters gerne weitergab. „Wir sind alle sehr glücklich und zufrieden.“ Und Stefanie Schulte, die Vorsitzende des Partnerschaftskomitees Falkenstein – Le Mêle, jubelte gleich mit: „Es war ein coole Idee, hierherzugehen. Man hat Euch die Freude richtig angesehen.“
Am Ende wird dank des ausverkauften Hauses das Großereignis sogar mit einer schwarzen Null abgeschlossen werden können, auch wenn die professionellen Video- und Tonaufnahmen noch mal finanziell ins Kontor schlagen werden. Dafür wurde das Konzert, das gewiss als leuchtender Stern in die Geschichte des Mandolinen-Clubs Falkenstein eingehen wird, verewigt. Wer es noch einmal oder erstmals erleben möchte, bekommt bald die Möglichkeit, einen Stream oder eine CD zu erwerben – zum immer wieder Reinhören und Auffrischen der Erinnerungen an einen wahrhaft besonderen Abend.
Die Bühne des großen Konzertsaals im Casals Forum Kronberg wurde voll beim großen Finale der Musiker des Mandolinen-Clubs Falkenstein, des Hessischen Zupforchesters und des Chors Cantiamo aus Eisenach - alle unter dem Dirigat vom Natalia Alencova. Foto: Schramm
Der Vorsitzende Michael Danzer begrüßte 550 Musikinteressierte und die Ehrengäste zum Konzert und führte auch in die Geschichte der Falkensteiner Mandoliner ein.Foto: Schramm

