Arzneimittelknappheit – Hat die Politik das Problem verschlafen?

Königstein
(gs) – In den vergangenen Wochen und Monaten war in der Öffentlichkeit immer „mal wieder“ die Rede von Lieferengpässen bei bestimmten Arzneimitteln. Besonders präsent wurde das Problem im Zusammenhang mit der jüngsten Welle an Atemwegserkrankungen bei Kindern – den Apotheken fehlte es schlicht an Paracetamol- und Ibuprofen-haltigen Fiebersäften für Kinder. Damit aber nicht genug – der Webseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ist zu entnehmen, dass darüber hinaus auch Lieferprobleme bei bestimmten Antibiotika (insbesondere für Kinder) sowie bei Folinsäure- und Tamoxifen-haltigen Arzneimitteln zu beklagen sind.

Spricht das Bundesinstitut bei dem Mangel an Fiebersäften von einem „Verteilungsungleichgewicht“, einem Mitverschulden eines der größten Produzenten der Säfte, sowie einer nachhaltig zu erwartenden „Verteilungsproblematik“, wird im Falle der unzureichenden Versorgung mit Antibiotika die umfassende Erkrankungswelle und der damit verbundene Mehrbedarf bei gleichbleibendem Angebot für den Engpass genannt.

Bei den in der Krebstherapie eingesetzten Stoffen Folinsäure und Tamoxifen sei die Versorgungslage kritisch, so das Bundesinstitut auf seiner Webseite – hier hätten mit Hilfe einer Ausnahmegenehmigung zwar entsprechende Stoffe im Ausland eingekauft werden können, aber auch hier führten Verteilungsungleichgewichte zu der Tatsache, dass Apotheken die Mittel zeitweise nicht beziehen könnten.

Es stellt sich nun die Frage, wie die Behandlung und Versorgung der betroffenen Patienten auch zukünftig sichergestellt werden kann – wobei den Apothekern vor Ort eine große Rolle zukommt. Uwe-Bernd Rose, Unternehmer, Visionär und Inhaber der Burg Apotheke in Königstein, nimmt seinen Versorgungsauftrag als niedergelassener Apotheker sehr ernst und erläuterte, welche Rolle den Apothekern in dieser schwierigen Versorgungssituation zukommt.

Produktion im Ausland

„Die schwierige Gesamtsituation, in der wir uns in punkto Medikamentenknappheit aktuell befinden, ist hausgemacht und war seit vielen Jahren absehbar“, so Rose. Zum einen sei sie bedingt durch den Abbau von Produktionskapazitäten bei den chemischen Medikamentengrundstoffen in Deutschland, zum anderen durch die Verlagerung der Produktionsstätten ins Ausland. Die Abhängigkeit Deutschlands von der Produktion im Ausland habe sich dadurch eklatant verschärft. Seit nunmehr eineinhalb Jahren sei dieses Thema mehr als brisant, politisch nachhaltige Lösungsansätze, wie z.B. ein Anreiz zum Aufbau von Produktionskapazitäten im Inland, fehlten jedoch auch heute noch, so Rose.

Festbetragssystem wenig flexibel

Dass im Inland das Engagement der chemischen Industrie zur Produktion von Arzneimitteln fehle, sei auch ein Problem des sehr starren „Festpreissystems“ der Krankenkassen, erläuterte Uwe-Bernd Rose. Die Krankenkassen geben für einen Großteil der zu verordnenden Medikament Festpreise vor. Darüber hinaus schließen die Versicherungen Rabattverträge mit Herstellern, die bei einer bestimmten „Mindestabnahme“ eines Medikamentes eine Rückvergütung des Herstellers an die Versicherung bedingen – diese Vereinbarungen führen dazu, dass die Apotheker gezwungen sind, ihren Patienten das verordnete Medikament möglichst von jenem Hersteller abzugeben, mit dem die Krankenversicherung des Patienten einen solchen Rabattvertrag geschlossen hat. Handelt der Apotheker dem zuwider, macht er sich gegenüber der Versicherung schadenersatzpflichtig. Ist nun ein Medikament nicht vom bevorzugten Hersteller lieferbar, erwartet den Apotheker ein enormer bürokratischer Aufwand, um ein entsprechendes Medikament von einem anderen Hersteller abgeben zu können.

Doch damit nicht genug – die starren Festpreise führen in Deutschland aktuell dazu, dass die Lieferung von Medikamenten aus dem Ausland ins Stocken gerät – immer dann, wenn der Hersteller für sein Medikament im Falle einer Knappheit auf anderen Märkten einen höheren Erlös erzielen kann. Bedingt durch die Coronapandemie, die damit einhergehenden Produktionsausfälle und die Preissteigerungen u.a. für die Rohstoffe können die Hersteller die Medikamente oft nicht mehr kostendeckend zu den vereinbarten Festpreisen in Deutschland anbieten, weswegen Lieferverträge gekündigt werden. Hier habe es, so erläuterte Bernd Rose, die Politik versäumt, rechtzeitig auf eine Anpassung der Festpreise hinzuwirken. „Verhandlungen brauchen Zeit – die Auswirkungen dieser Versäumnisse können wir nun beobachten“, so Rose.

Bürokratische Hürden für Apotheker

Nun haben Apotheker bekannterweise Pharmazie studiert – es gehört zu ihrem Berufsbild, Medikamente auch selbst herstellen zu können. Uwe-Bernd Rose ist ein ausgewiesener Experte des Gesundheitswesens mit internationaler Reputation. Mit seinem Erfahrungsschatz aus mehr als 35 Jahren angewandter Pharmazie entwickelt er aus natürlichen Wirkstoffen herausragende Produkte, die helfen, begleiten, lindern und so auch aktuell das Leben und die Gesundheit vieler Menschen verbessern. Täglich arbeitet er im Verbund der Burg-Apotheke und der Synverdis, einem pharmazeutischen Herstellungsbetrieb in Heidelberg, an innovativen Therapieformen zum Wohle des Patienten. Auch in der aktuell angespannten Versorgungslage bei bestimmten Medikamenten ermöglicht er gemeinsam mit seinem engagierten Team die individuelle Versorgung der Patientinnen und Patienten. „Im Falle der fehlenden Fiebersäfte für Kinder haben wir z.B. die Möglichkeit, diese aus eigener Herstellung anzubieten“, beschreibt Uwe-Bernd Rose die Möglichkeiten seiner Apotheke. Allerdings sei dieses nicht ganz so „einfach“, wie man denke, so Rose. „Obwohl eine große Nachfrage nach Fiebersäften besteht, ist es uns aus rechtlichen Gründen nicht möglich, z.B. 100 Flaschen auf Vorrat herzustellen.

Für eine ,Massenproduktion‘ müssen wir zunächst die regelmäßige Nachfrage belegen – erst dann erhalten wir die Genehmigung, auf Vorrat produzieren zu dürfen.“ Dieser Prozess könne bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen, ganz zu schweigen von den Kosten für jede separat hergestellte Flasche Saft. „Wir können in der Apotheke hergestellte Medikamente jedoch nicht zum vorgegebenen Festpreis abgeben, weshalb i.d.R. der Kunde die Differenz zu tragen hat“, erläutert der erfahrene Apotheker.

Apotheke im Dienst des Kunden

Für sich selbst nimmt Uwe-Bernd Rose seinen Versorgungsauftrag sehr ernst und ist mit seinem Team immer bestrebt, eine vernünftige Lösung im Sinne seiner Patienten zu finden. „Bisher konnten wir immer flexibel reagieren und unseren Kunden eine passende Lösung offerieren“, so Rose. Waren die notwendigen Medikamente am deutschen Markt nicht verfügbar, so erfolgten auch bereits Bestellungen im benachbarten Ausland oder die Eigenproduktion konnte die Lücke füllen. Trotzdem weist der erfahrene Apotheker darauf hin, dass es im deutschen Gesundheitswesen schon heute bedenklich „hakt“ und eine signifikante Besserung bedauerlicherweise nicht in Sicht sei. „Wenn man bedenkt, dass in Deutschland momentan kein Fett und keine Gießformen zur Zäpfchenproduktion mehr vorrätig sind und dass es am Markt keinerlei Penicillin mehr gibt, dann wird mir schon etwas mulmig“, verleiht Uwe-Bernd Rose seinen Bedenken Ausdruck. Die Lage, so mahnt er, sei „brenzlig“ und ein (politisches) Handeln mehr gefragt denn je.

Uwe-Bernd Rose, Inhaber der Burg-Apotheke in Königstein ist ein ausgewiesender Experte des Gesundheitswesens.

Foto: Burg-Apotheke



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