Königstein (mk) – Nein, es lag nicht etwa an den erhitzten Gemütern oder gar hitzigen politischen Debatten, dass es im Raum Altkönig, Haus der Begegnung, am Freitagabend spürbar immer wärmer wurde. Vielmehr waren wohl mehr interessierte Bürgerinnen und Bürger erschienen, die den kleinen Raum schnell füllten und dementsprechend beheizten, als ursprünglich vermutet. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der Kandidierenden führte der Fraktionsvorsitzende der SPD Königstein, Felix Lupp, absolut eloquent mit den wichtigsten Fragen durch den Abend. Gleich zu Anfang ging es ans Eingemachte – nämlich die Finanzen – mit der Frage:
Der städtische Haushalt konnte für das kommende Jahr nur durch Auflösung von Rückstellungen ausgeglichen werden. Wie kann der Haushalt zukünftig ausgeglichen werden?
Schenk-Motzko verwies auf die vielen Herausforderungen in den kommenden Jahren, wie die Sanierung des Kurbades, das Feuerwehrhaus in Mammolshain, das Bürgerhaus in Falkenstein, die Innenstadtgestaltung oder die Burgsanierung. Hier spreche man von circa 100 bis 140 Mio. Euro „Invest“. Als Zuständige für Fördertöpfe (zwar im Europaministerium) knüpfe sie hier an gute Kontakte für Fördermittel an und habe gerade erst letzte Woche diesbezüglich ein Gespräch mit Kollegen in Brüssel geführt, was die Sanierung des Kurbades betreffe. Die Frage sei aber auch, was man tun könne, um etwaige Belastungen zu minimieren. „Wir müssen solide wirtschaften, weiterhin eine gute Finanzlage im Blick haben und schauen, dass wir die Förderungen von Land, Bund und der EU abrufen können.“
Iredi sprach von einem „Investitionsstau“, der sich in Königstein aufgestaut habe. Fakt sei auch, so fasste er es zusammen, dass der Haushalt für 2023 „nicht ausgeglichen war“ und er auch für 2024 dem Haushalt nicht zustimmen konnte. Für das noch laufende Jahr habe es sich zum Besseren gefügt; so habe man 3,8 Mio. Euro mehr Gewerbesteuern einnehmen können. Einnahmen seien wichtig, allerdings auch Verbesserungen im Haushalt: „Allein das Rathaus und die Verwaltung kosten uns über 10 Mio. Euro.“ Solche Dinge müssten auch ständig im Auge behalten werden und Sparen sei manchmal gar nicht so verkehrt – gerade im Sinne der Gemeinschaft. Zusammengefasst bekräftigte auch er eine solide Haushaltsführung, bei den Ausgaben „nicht über die Stränge zu schlagen“, aber am Ende zukünftig bei den Investitionen genügend Geld übrig zu haben.
Majchrzak erklärte zunächst ausführlich die Rücklagenbildung – auch aus dem Jahr 2022 – was aktuell insgesamt einen Überschuss von 38 Mio. Euro ergebe. Dies sei auch der Grund, warum der Haushalt 2024 mit einem Defizit von 1,2 Mio. Euro beschlossen worden sei mit der Begründung, dass daher der Haushalt für 2023 nicht angefasst werden musste. Insgesamt seien es sogar 5 Mio. Euro Zugewinn für den Haushalt. „Wir brauchen einen Kassensturz für Königstein. Wir müssen die Projekte, die bereits angesprochen wurden, aufgrund dieses Investitionsstaus (...) neu bewerten, priorisieren und können uns keine Luxusprojekte mehr leisten. Und wenn wir uns diese leisten wollen, müssen wir die Bürgerinnen und Bürger beteiligen, damit sie wissen, was dies für Konsequenzen hat.“ Mehreinnahmen wolle auch sie durch mehr Gewerbe generieren und nannte dazu einige Ideen. Eine Grundsteuer-B-Erhöhung dürfe nur das letzte Mittel sein, um den Haushalt zu sanieren, sagte sie abschließend und erntete Applaus aus der Hörerschaft.
Wachs schloss sich der Aussage Majchrzaks an. Man könne nicht immer, „wenn das Geld knapp werde, auf die Grundsteuer schielen“, sagte er. Die Menschen hätten dadurch immer weniger Geld, um dies beispielsweise in den Einzelhandel, die Gastronomie oder das Kurbad zu investieren. Ansonsten schloss er sich der Aussage von Iredi an mit der Formulierung: „Lassen Sie uns sparen.“
Wie werden Investitionsvorhaben und Priorisierungen beim Thema Haushalt behandelt?
Grob zusammengefasst hatten dies die Kandidierenden zum größten Teil schon in ihren Aussagen genannt. Majchrzak brachte es noch einmal für sich auf den Punkt. Sie würde das Kurbad gerne „emotional“ erhalten, auch bei einer „rational“ geplanten Verlustübernahme in Höhe von 1,2 Mio. Euro. Die Bürgerbeteiligung sei daher bei schwierigen Großprojekten von hoher Bedeutung. Wachs nannte einige „Leuchttürme“ in Königstein: „Das sind zum Beispiel das Kurbad, das Freibad, die Burg, und es sind die Sachen, die Königstein wirklich lebenswert machen.“ Hier solle nicht gespart werden, sondern eher im „täglichen Geschäft“. Auch Schenk-Motzko schloss sich hier den Aussagen ihrer Vorredner an zum Thema „Sparen“. Hier waren sich alle Befragten ausnahmsweise einig, allerdings brachte Iredi auch zur Sprache, dass es vor Wahlen eben einige Versprechungen gäbe, die es gelte, auch einzuhalten.
Was kann man tun, damit Königstein als Wohnraum auch für kleinere bis mittlere Einkommen bezahlbar bleibt beziehungsweise erst wird?
Während Iredi bei bezahlbarem Wohnraum die Stadt, so zeige es sich immer wieder, nicht als „guten Bauherrn“ sehe, gehöre für Majchrzak günstiger Wohnraum in städtische Hand. Schon allein deshalb, so begründet sie dies, da die Stadt Einfluss auf Mieten und deren Höhe habe und gegebenenfalls auf die Erhaltung der Bindungsfrist bei Sozialwohnungen, die zwischen 15 und 25 Jahren auslaufe. So seien laut ihrer Aussage von 180 Sozialwohnungen in Königstein nur noch 61 Wohnungen übrig, und bei zweien davon laufe die genannte Bindungsfrist 2024 aus. Hier sähe sie sehr viel Potenzial. Das Versäumnis, so Kai Wachs, sehe er darin, dass keine neuen Sozialwohnungen seitens der Stadtverwaltung geschaffen wurden. Hier sei er sich auch uneinig mit Iredi: Die Stadt müsse hier aktiv werden. Eine Differenzierung zwischen bezahlbarem Wohnraum und sozialem Wohnungsbau brachte Schenk-Motzko ein. Bezahlbarer Wohnraum sei auch für sie und die Stadtverwaltung sehr wichtig. „Ich mache auch den Vorschlag, dass man für die Menschen hier vor Ort, die sich engagieren, ein Punktesystem einführen kann.“ Hier nannte sie beispielsweise Erzieherinnen und Erzieher, Feuerwehrleute und allgemein jüngere Menschen, die sich hohe Mieten in Königstein einfach nicht leisten könnten.
Gibt es Vorschläge hinsichtlich (Wohnungsbau-)Genossenschaften, die man wieder attraktiver für Königstein machen kann?
Majchrzak unterstütze grundsätzlich solche Projekte, wenn man mit den Genossenschaften ins Gespräch käme und die Bindungsfristen entsprechend lang seien. Investitionen dürften allerdings ihrer Meinung nach nicht nach einer bestimmten Frist in die Höhe schießen.
Iredi dazu: „Ich kann mich gar nicht so recht daran erinnern, wann meine Vorgängerin jemals solchen Projekten zugestimmt hätte in der Stadtverordnetenversammlung“. (Zu der kleinen Stichelei konterte Majchrzak zu einem späteren Zeitpunkt). Laut Iredi warte hier Geld, um auch investiert zu werden und eine Stiftung, die hier tatsächlich ‚etwas machen wolle‘. Grundstücke gäbe es leider nicht wie Sand am Meer und „das mit den Baugenossenschaften sei selbstverständlich eine sehr gute Idee“. Zum Thema Sozialwohnungen müsse dies gut überlegt sein, da man sich hier zunächst mit dem SGB auseinandersetzen müsse, um zu wissen, wer überhaupt einziehen dürfe. Aber auch zu dieser Thematik („bezahlbarer Wohnraum“) konnte er einige Beispiele in Königstein benennen. Auch Schenk-Motzko zeigte sich offen für Gespräche. Sie verfolge auch den Diskurs dazu in Bezug auf die Zusammensetzung der neuen Landesregierung, so dass sie auch die Hoffnung habe, in diesem Bereich etwas „gesetzliche Erleichterung“ zu bekommen, damit auch eben solche Stiftungen und Projekte besser und stärker gefördert werden könnten und damit auch die Stadt Königstein.
Majchrzak bekam im Anschluss die Möglichkeit, sich auf die Kritik von Iredi zu äußern und nutzte die Gelegenheit: „Lieber Herr Iredi, Sie haben einen Teil weggelassen. Wir haben dafür plädiert, dass wir die Fläche (Am Kaltenborn 3) entweder in städtischer Hand mit günstigem Wohnraum halten oder die von Herrn Lupp angesprochene Wohnungsbaugesellschaft nutzen. Sie haben sich für einen privaten Investor entschieden, das ist Ihr gutes Recht.“ Allerdings erinnere sie daran, dass hier in 25 Jahren die Bindungsfrist auslaufe und es auch Vorschläge für günstigen Wohnraum gegeben habe. „Dafür haben Sie sich leider nicht hinreißen lassen“, so Majchrzak abschließend.
Kinderbetreuung: Wie soll zukünftig sichergestellt werden, sowohl personell als auch grundsätzlich organisatorisch, dass Königstein eine flächendeckende Kinderbetreuung hat?
Schenk-Motzko brachte es ohne Umschweife auf den Punkt. Für sie sei eine U3-Kinderbetreuung sehr wichtig, aber auch eine darauffolgende Betreuung, zum Beispiel durch Tageseltern. Hier gäbe es in Königstein noch zu wenig Auswahl und sie wolle sich auch auf Kreisebene dafür einsetzen. Für Iredi zähle bei diesem wichtigen Punkt die „Ermöglichung“ – auch in Hinsicht auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau: „Damit auch Frauen nicht nur studieren, sondern auch weiter ihren beruflichen Karrieren und Zielen nachgehen können oder auch die Männer, je nach dem wer die Kinder betreut.“ In diesem Zusammenhang sprach Iredi auch den neuen Kindergarten (Am Hardtberg) an, der viele Betreuungsplätze bieten könne. Hier hätte es nach Bekanntwerden zwar viele Spontanbewerbungen gegeben, diese seien jedoch dann im Rahmen von unzähligen zeitlichen Verschiebungen zurückgezogen worden. Es sei aber nicht so, dass Königstein als Arbeitsplatz für Betreuungskräfte völlig unattraktiv sei: „Wir bezahlen durchaus das Maximum dessen, was man zahlen kann. Somit ist es nicht unbedingt ein Problem, dass wir das Angebot nicht haben. Hier wurde schlichtweg zu schlecht geliefert.“ Er sei ein Kritiker von Kostensteigerungen, aber im Ergebnis müsse man hier ein gutes Angebot machen. „Das kann ich Ihnen heute schon versprechen“, verkündete Iredi sicher.
Majchrzak habe dies alles als Mutter „durchlebt“, äußerte sie zu Beginn. Hier müsse man deutlich zwischen Kindergartenbetreuung und Grundschule unterscheiden. Nach dem „Bedarfsentwicklungsplan“ der Stadt Königstein sei man bei der Kindergartenbetreuung für 2024 gut ausgelastet. 2023 habe es hier aufgrund von Personalmangel Defizite gegeben. Sie danke in dem Zusammenhang auch den kirchlichen und privaten Trägern, die viel auffangen würden, die Stadt müsse insgesamt „mehr machen“: „Hinzu kommt, wir sind bis heute die einzige Kommune im HTK, die die U3-Plätze nicht bezuschusst.“ Dies ändere sich erfreulicherweise ab 2024“. Grundschulbetreuung, Hortplätze und Personal seien weiterhin Herausforderungen, für die es Lösungen geben müsse.
Wachs sieht hier den Knackpunkt im Finanziellen. „Wir müssen am Gehalt drehen für das nötige Personal“, äußerte er. Zumal sich die kirchlichen Träger hier mehr und mehr zurückziehen würden.
„Dauerbrenner“ Verkehr: Wie kann die Verkehrsproblematik am besten gelöst werden? (Siehe hierzu auch Königsteiner Woche, Ausgabe KW 48, Seite 6–7)
Konkrete Maßnahmen nannte Majchrzak: Öffnung der zweiten Kreiselspur, eine intelligente Verkehrssteuerung, die den Zufluss reguliert, ein digitales, innerstädtisches Park-/Leitsystem, die Idee für einen Tiefgaragenumbau der Galerie in der Innenstadt und noch vieles mehr. Man müsse insgesamt mehr Anreize schaffen, zum Beispiel beim ÖPNV: einen Stadtbus (für alle Stadtteile), den Ausbau der Radwege, außerdem ein gesamtstädtisches Mobilitätskonzept. Iredi hob nochmals hervor, dass beim Thema Verkehr allen Verkehrsteilnehmern die nötige Beachtung geschenkt werden müsse. Hier gäbe es viele Ideen und Maßnahmen umzusetzen. Seine erneute Kritik am ÖPNV, insbesondere am RMV, war nicht neu und ihm spürbar ein Anliegen. Schenk-Motzko habe viele Rückmeldungen aus der Bevölkerung dazu bekommen. Wie Nadja Majchrzak sei sie für die Öffnung der zweiten Kreiselspur, eventuell ziehe sie auch eine Geschwindigkeitsreduzierung im Kreisel in Betracht. Das Radverkehrswegekonzept und der ÖPNV lägen ihr gleichermaßen am Herzen, zudem wolle Schenk-Motzko ein „Mobilitätszentrum“ am Bahnhof schaffen (insbesondere, was den Busverkehr betrifft). Wachs sieht hier seinen persönlichen Schwerpunkt als Bürgermeisterkandidat durch unter anderem: smarte Steuerung der Verkehrsflüsse, Ampelschaltung innerhalb des Kreisels oder digitale Schranken rund um die Innenstadt.
Barrierefreiheit: Wo gibt es in Königstein den größten Handlungsbedarf?
Beim letzten Punkt der Podiumsdiskussion waren sich alle Kandidierenden relativ einig. Für Iredi stechen insbesondere auch deshalb die Probleme beim ÖPNV (Bushaltestelle Stadtmitte usw.) hervor. Ähnlich sehe es auch Schenk-Motzko. Für sie bedeute Barrierefreiheit aber auch, beispielsweise als Mutter mit dem Kinderwagen überall hinzukommen oder das Kind problemlos in der Stadt wickeln zu können. Eine Barriere sei aktuell tatsächlich auch, dass man in der Innenstadt keine öffentliche Toilette benutzen könne. Kai Wachs sprach unter anderem folgende Punkte an: „Wir haben für Rollstuhlfahrer zum Teil unerreichbare Parkscheinautomaten, zu hohe Bürgersteige, unpraktische Kieswege und Schlaglöcher im Kurpark.“ Zudem sei die Stadtverwaltung seiner Meinung nach hier auch „schrecklich vernachlässigt“. Handlungsbedarf sähe Majchrzak insbesondere bei den (neuen) öffentlichen Gebäuden, beispielsweise beim Bürgerhaus Falkenstein, Kindergärten und Schulen.
Bei der am Ende eher privaten Frage an alle Kandidierenden, was sie in Königstein als Bürgerin bzw. Bürger am meisten vermissen würden, gab es dann sehr unterschiedliche Antworten: Majchrzak vermisse ein Kino oder einen Kinoabend im HdB und eine „Disco“. Iredi vermisse mehr „Gelassenheit“ insgesamt, damit verbunden eine Apfelweinwirtschaft in Königstein. Schenk-Motzko vermisse eine „Bleibe in Königstein“ und mehr Gewerbe, wie beispielsweise Metzger, Bäcker und mehr Zusammenhalt unter den einzelnen Stadtteilen. Und Kai Wachs ergänzte abschließend, was er wirklich vermisse und was er brauche, sei jemand an der Spitze der Stadtverwaltung, der Entscheidungen fälle und Konzepte entwickele und umsetze.
Sie kandidieren für Königstein: Kai Wachs, Nadja Majchrzak, Ascan Iredi und Beatrice Schenk-Motzko Foto: Kuschel