Wo bleibt das Recht auf Teilhabe? Rathaus Königstein wird nicht barrierefrei

Königstein (kw) – Seit Jahren kämpfen die Grünen für Barrierefreiheit, wo immer diese nötig und möglich ist. Königstein hat hier noch viele Stolpersteine. Zum Beispiel die Bushaltestelle in der Stadtmitte, bei Gehwegen oft keine brauchbaren Absenkungen zur Straße und nicht selten zugeparkt, sodass für Rollstühle und Kinderwagen keine ausreichende Wegbreite verbleibt. „Bisher hatten Verwaltung und Politik hier wenig Interesse gezeigt, die Situation für die Betroffenen positiv zu verändern“, bemängelt Winfried Gann, Fraktionsmitglied der Grünen Stadtparlament.

Daher freute es die Partei besonders, dass nach jahrelanger Diskussion für das Rathaus auf ihre Initiative hin Abhilfe geschaffen werden sollte. Der Förderantrag für einen Fahrstuhl wurde gestellt und bis zu 70 Prozent der Kosten als Zuschuss bewilligt. Aber statt mit den Planungen fortzufahren, stoppte der Magistrat das Vorhaben urplötzlich. Auch ein Antrag der Grünen in der Stadtverordnetenversammlung, dieses Vorhaben noch einmal zu diskutieren, wurde von ALK und CDU abgelehnt. Damit dürfte die Entscheidung endgültig sein.

Interessant finden die Grünen die Begründung der Absage. So wurde behauptet, es gebe gar keinen Bedarf für diesen Aufzug, da alle wichtigen Dinge im Rathaus im barrierefreien Erdgeschoss zu bewältigen seien. Notfalls könnte der Mitarbeiter mit den Unterlagen zum Bürger kommen. Der zweite Teil der Begründung trifft bei den Grünen auf Unverständnis. Der ursprünglich geplante Aufzug außen am Gebäude wäre vom Denkmalschutz abgelehnt worden. „Das ist sehr fragwürdig, da die Belange der Barrierefreiheit in Deutschland und Europa vor den Denkmalschutz gesetzt sind“, gibt Gann zu bedenken. Kein Aufzug am oder im Gebäude kann daher nicht die Lösung sein. Auch der Begründung, ein Aufzug würde die Ausstellungsfläche im 1. Obergeschoss verkleinern oder unmöglich machen, können B90/Grüne nicht folgen. Wenn dieses Stockwerk nicht barrierefrei zu erreichen ist, wie kann man dort überhaupt Ausstellungen für die Öffentlichkeit anbieten? „Bedeutet diese Praxis, dass kulturelle Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigung in Königstein nicht so wichtig ist oder sollen die Mitarbeiter die Ausstellungsstücke für Gehbehinderte in das Erdgeschoss bringen?“, fragt Winfried Gann sarkastisch.

Die aktuelle, groß angekündigte Friedrich-Stoltze-Ausstellung im 1. Obergeschoss verdeutlicht die Problematik. Der Eintritt ist frei, aber für Menschen im Rollstuhl ist die Ausstellung nicht zugänglich. Diese müssen mit dem Booklet vorliebnehmen. „Eine unhaltbare Situation“, kritisiert die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel von Römer-Seel. „Wenn die Verwaltung nicht in der Lage ist, die Ausstellung im Rathaus allen Interessierten zugänglich zu machen, dann wird man sich für andere, barrierefreie Ausstellungsflächen entscheiden müssen. So sieht das Grundgesetz es in Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 vor: ,Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden’.“ Auch für das Stadtmuseum werden deshalb entsprechende Umbauten erforderlich sein, folgern die Königsteiner Grünen.



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