CDU Königstein serviert die Französische Revolution zum Grünkohl

Obwohl zeitlich nahe an den närrischen Rathausstürmen, hegte die CDU mangels Feindbild an der hiesigen Spitze sicher keine Gedanken an eine Palastrevolte, als sie Dr. Dr. Mark Scheibe einlud, über die Auswirkungen der Französischen Revolution im Taunus zu berichten – hier begrüßt von Annette Hogh. Foto: Scholl

Königstein (gs) – Auch in diesem Jahr hatte die CDU Königstein ihre Mitglieder und Freunde zum traditionellen Grünkohlessen eingeladen und sich dafür das elegante Ambiente der Villa Borgnis ausgesucht, um ihre Gäste mit einem ebenso gemütlichen wie geschichtlich informativen Abend zu erfreuen. Annette Hogh (Stadtverbandsvorsitzende) und Alexander Hees (Fraktionsvorsitzender) konnten sich über zahlreiche Gäste – nicht nur aus den eigenen Reihen – freuen, unter ihnen Bürgermeister Leonhard Helm, Erster Stadtrat Jörg Pöschl und Stadtverordnetenvorsteher Alexander Freiherr von Bethmann.

Hatte es in den letzten Jahren im Rahmen dieser Veranstaltung traditionsgemäß einen politischen Vortrag gegeben, so entschieden sich die Verantwortlichen diesmal für einen historischen Exkurs in die Zeit der Französischen Revolution. Als Gastredner konnten die Christdemokraten Dr. Dr. Mark Scheibe gewinnen, Leiter der Stiftung Historische Kommission für die Rheinlande 1789 bis 1815. Aufgewachsen ist Scheibe in Königstein, er besuchte als Schüler die Bischof-Neumann-Schule und wohnt heute in Kelkheim. Thema seines Vortrages war „Der Taunus und Königstein vor 225 Jahren – die Französische Revolution in unserer Heimat“.

Zerstörer Königsteins

Der Schwerpunkt seines Vortrags lag auf der Expedition General Custines und dessen Feldzug über Rheinland-Pfalz nach Hessen. Adam-Philippe de Custine, genannt ‚Général Moustache‘, war französischer Général de Division, führte im ersten Koalitionskrieg eine Division von 20.000 Mann und war damit verantwortlich für die Eroberung der Stadt Mainz sowie im weiteren Verlauf für die Zerstörung Königsteins.

Der Feldzug Custines nahm seinen Anfang im Jahr 1789 mit Beginn der französischen Revolution. Scheibe erzählte eine spannende, aber auch grausame Geschichte um den General, der seit seinem achten Lebensjahr in der Armee diente, im Herbst 1792 mit seinen Truppen im Rhein-Main-Gebiet ankam und im gleichen Jahr die Festung Königstein einnahm.

Auf seinem Weg erhob er in den eingenommenen Städten hohe Kontributionsforderungen. Allein die Stadt Frankfurt musste 2 Millionen Gulden zahlen. Die Gelder dienten weitestgehend zur Entlohnung der französischen Revolutionstruppen.

Gründer des Jakobinerklubs

Um seinen Zuhörern ein bisschen französisches „Militärfeeling“ zu vermitteln, hatte Scheibe sowohl eine damals gängige Pike als auch einen Originalschuh der Revolutionstruppen mitgebracht, die nun unter großem Interesse gewichtig durch alle Hände gehen durften. Kurz nach der Besetzung der Stadt Mainz wurde von den Revolutionstruppen unter der Leitung von Custine der Mainzer Jakobinerklub gegründet, der sich offiziell „Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit“ nannte. Der Mainzer Jakobinerklub galt als erste demokratische Bewegung Deutschlands und war eine prägende politische Kraft in der kurzlebigen Mainzer Republik.

Am 28. Oktober 1792 nahm Custine die Festung Königstein ein. Die Belagerung mündete in der Nacht des 8. Dezember in einem großen Stadtbrand, für den die Besatzer die Verantwortung trugen. Dass Custine die Stadtkassen plünderte, brandschatzte und die deutsche Bevölkerung unterdrückte, ließ sich nur schwer mit den Grundprinzipien der französischen Revolution, die da waren: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit vereinbaren, weshalb die Begeisterung in der Bevölkerung für die Republikanisierung zusehends schwand.

Wahlbetrüger (auf Befehl)

Am 15. Dezember erreichte eine Weisung aus Paris General Custine, dass die Bevölkerung der eroberten Gebiete durch Wahlen „freiwillig“ an Frankreich angeschlossen werden sollten. Die Weisung enthielt den Passus, dass das Wahlergebnis „zwingend“ positiv auszufallen hatte. Eine Opposition war weder erlaubt noch erwünscht. Oppositionelle wurden deportiert, Wahlberechtigte mit Gewalt zu den Wahlen gezwungen. Vor der Wahl war außerdem zwingend ein öffentlicher Schwur auf das neue System zu leisten. Zur Feststellung und Überbringung des „positiven“ Wahlergebnisses wurde eigens der Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent einberufen.

Interessant war, dass viele der Delegierten weder des Lesens noch des Schreibens mächtig waren. Darüber hinaus beklagten sich nicht wenige, dass sie nicht einmal verstanden, um was es eigentlich in dem Konvent ging. Auf den Gebietsanschluss folgten Schrecken, Terror und Antisemitismus, wobei die jüdische Bevölkerung der Stadt Mainz von heute auf morgen der Stadt verwiesen wurde.

Verräter Frankreichs

Das Schicksal General Custines nahm ebenfalls keinen guten Verlauf. Bedingt durch militärische Niederlagen, wurde er im August 1793 beschuldigt, die Interessen der Republik verraten und Absprachen mit den Feinden Frankreichs getätigt zu haben. Trotz der Unhaltbarkeit der Vorwürfe wurde General Custine am 27. August 1793 vom Revolutionstribunal in Paris zum Tode verurteilt und am Folgetag auf der Guillotine hingerichtet.

Glücklicherweise wusste Dr. Dr. Mark Scheibe auch ein paar nette Anekdoten aus dieser eher dunklen und gewaltgeprägten Zeit zu berichten, so dass sein Vortrag einen kurzweiligen Einblick in eine Zeit ermöglichte, die unser Staatswesen entscheidend mitprägte.



X