Rolf Wohlfahrt, Inhaber des gleichnamigen Metallbauunternehmens aus Eppstein, überwacht die aktuellen Umbauarbeiten im Dachstuhl des Rathauses.Foto: Scholl
Königstein (gs) – Hoch unter dem Dach des Königsteiner Rathauses klopfen, hämmern und werkeln zur Zeit die Handwerker: Der Dachstuhl wird seit nunmehr fast zwei Wochen verstärkt und umgebaut, da die vorhandene Konstruktion nicht die notwendige Tragfähigkeit aufwies.
Photovoltaik geplant
Im Rahmen der Ausstattung des Rathauses mit einer Photovoltaikanlage erfolgte in Vorbereitung dieses umfangreichen Projektes auch eine obligatorische „Begehung“ des Rathaus-Dachbodens mit einem Statiker. Es sollte geprüft werden, ob und in welcher Form die Photovoltaikanlage verbaut und angeschlossen werden könne. Im Zuge der Begehung stellte sich heraus, dass die zu dem Zeitpunkt vorhandene Dachstuhlkonstruktion für den Bau einer Photovoltaikanlage nicht geeignet sei – es kam aber noch schlimmer, denn der Statiker eröffnete dem Rathauschef, dass der bestehende Dachstuhl auch ohne Photovoltaik keine ausreichende Tragfähigkeit aufweise und es stellte sich die Frage, wie so etwas hatte passieren können.
Fehler beim Rathausumbau
Das heutige Rathaus wurde auf der Basis des ehemaligen Marstallgebäudes mittels Umbau und Aufstockung im Jahr 1965 errichtet. Der Dachstuhl wurde im Rahmen dieser Aufstockung des Marstalls als Stahlkonstruktion ausgeführt. Hierzu wurde 1965 eine Statik erstellt, die nach Prüfung des aktuellen Tragwerksplaners auch nicht fehlerhaft war. Allerdings wurden bei der Ausführung der Arbeiten die Vorgaben der Statik zum Teil leider nicht beachtet, was rechnerisch zu einer starken Überlastung einzelner Bauteile führte. Diese Ausführungsfehler wurden zur damaligen Zeit nicht erkannt und somit bei der Abnahme der Bauarbeiten nicht reklamiert.
Auch beim Umbau des Rathauses Anfang der 2000er Jahre, bei dem der höhere Mittelbau errichtet wurde, blieb die mangelhafte Ausführung offensichtlich unbemerkt – im Zuge der damaligen Arbeiten wurde der alte Dachstuhl im Bereich des Mittelbaus entfernt, wobei in den beiden angrenzenden Gebäudeteilen seitlich des Mittelbaus der Dachstuhl konstruktiv unverändert blieb.
Die Fehler wurden nun erst im Zuge der Planung der Photovoltaikanlage auf dem Dach des Rathauses entdeckt, als hierfür die Tragfähigkeit des Daches überprüft wurde. Zur Aufstellung der Statik hatte ein Ortstermin stattgefunden, bei dem die Abweichungen zwischen statischer Berechnung und Ausführung des Dachstuhls dann letztendlich festgestellt wurden.
Vier Tonnen Stahl verbaut
Nun war schnelles Handeln gefragt, zeigten sich doch im betroffenen Gebäudeteil bereits kleine Risse, deren Grund in der fehlerhaften Dachkonstruktion liegen könnte.
Es wurden sofort umfassende Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen veranlasst. Bei den Überwachungsmaßnahmen handelt es sich um eine vermessungstechnische Verformungskontrolle der bestehenden Bauteile. Die Sicherungsmaßnahmen werden aktuell über eine Ertüchtigung des Dachstuhles mit zusätzlichen Stahlbauteilen durchgeführt.
Der aktuell stattfindende Einbau zusätzlicher Stahlbauteile erfolgt durch die Firma Rolf Wohlfahrt, ein Traditions-Metallbauunternehmen aus Eppstein. Allerdings sind auch die Einbaumaßnahmen nicht ganz so leicht umzusetzen und erfordern nicht nur viel Fingerspitzengefühl, sondern auch Improvisationstalent, denn der Dachboden über dem ehemaligen Marstall verfügt nur über je eine Bodenluke (mit Klapptreppe) zum Einstieg und ein relativ kleines Dachfenster.
Darin liegt auch der Grund, weshalb die Pressestelle des Rathauses kurzerhand umziehen musste, denn im dortigen Büro befindet sich der Einstieg mit Klappleiter, den die Handwerker als einzigen Zugang zum Dachboden nutzen können. Den Dachboden darf man sich jedoch auch nicht als wirklich „ausgebaut“ vorstellen, weswegen zunächst „Laufplanken“ verlegt werden mussten, damit die Handwerker auf ihren Gängen unter dem Dach nicht unversehens ein Stockwerk tiefer rutschen – eine echte Herausforderung für die Herren, die allerdings guten Mutes und leicht gebückt gekonnt über die Planken spazieren.
Die Stahlträger von nicht unerheblicher Länge wurden in der Werkstatt der Firma Wohlfahrt vorgefertigt. Sie konnten aber nicht – anders als die Planken – über die Bodenluke ins Dachgeschoss gebracht werden. Hierzu war ein Kran notwendig, der die Stahlträger punktgenau durch das einzige Dachfenster anlieferte – Millimeterarbeit, die jedoch nach Aussage von Rolf Wohlfahrt „gar kein Problem“ gewesen sei.
Kostenfrage
Da die Maßnahme für alle Beteiligten doch mehr als überraschend kam, konnte sie – aufgrund der Dringlichkeit – nicht vorab im Haushalt eingestellt werden. Es wird mit Kosten in Höhe von mehr als 80.000 Euro gerechnet. Da die Arbeiten jedoch noch laufen, kann noch keine abschließende Summe genannt werden.
Aktuell stehen die Arbeiten zur Verstärkung des Dachstuhls, bei der schlussendlich ca. vier Tonnen Stahlträger verbaut wurden, kurz vor der Fertigstellung, so dass im Anschluss die Pressestelle wieder in ihr Büro zurückziehen und das eigentlich geplante Projekt gestartet werden kann – der Einbau der Photovoltaikanlage.
Die umfangreichen Arbeiten an der Dachkonstruktion dienen der Sicherheit und Tragfähigkeit – Die „alte“ Konstruktion ist an den grauen Stahlträgern, die „neue“ an den roten Trägern zu erkennen.