Hochkochende Emotionen zum Konzept Neugestaltung Stadtmitte

Stefan Bouillon (links), ebenso Fachbereichsleiter Planen, Umwelt, Bauen wie Gerd Böhmig (rechts) rahmen als Fachleute die Politiker ein: Bürgermeister Leonhard Helm (links) und Stadtverordnetenvorsteher Alexander Freiherr von Bethmann. Foto: S. Puck

Königstein (pu) – Die nach den Worten von Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) „Kernzone über Wohl und Weh der Stadt“, die Stadtmitte, sollte seiner Auffassung nach „entweder in den nächsten zwei, drei Jahren umgestaltet werden, andernfalls kann man das Vorhaben voraussichtlich ad acta legen!“

Handlungsbedarf

In diesem Zusammenhang lenkte der Rathauschef den Blick auf vielerorts zu sehende verwaiste Innenstädte und massiven Leerstand sowohl in Klein- als auch Großstädten. Eine Situation, die in Königstein glücklicherweise in diesem Ausmaß noch keine Realität sei, dennoch bestehe dringender Handlungsbedarf. „Noch kann man hier nicht nur einkaufen, sondern die Innenstadt bietet vielfältige Möglichkeiten zum Besuch, allerdings müssen jetzt notwendige Veränderungen angestoßen werden, um die Stadt zukunftssicher zu machen!“

Klare Aussage zu einer Problematik, die seit über 20 Jahren die Gemüter von Politik und Bevölkerung bewegt und nach wie vor kontrovers diskutiert wird, wie im Verlauf der jüngsten Bürgerversammlung im Haus der Begegnung (HdB) offensichtlich wurde.

Zur Unterrichtung der Bürger über wichtige Angelegenheiten der Gemeinde soll nach § 8a der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) mindestens einmal im Jahr eine Bürgerversammlung abgehalten werden. Dies dient der Erhöhung der Transparenz bei Politik und Verwaltung, wie Stadtverordnetenvorsteher Freiherr Alexander von Bethmann (FDP) zu Veranstaltungsbeginn vorausschickte. Da neben der Neugestaltung der Stadtmitte als große Themen noch die Straßenbaumaßnahmen für die kommenden drei Jahre und die Straßenbeitragssatzung auf der Tagesordnung standen, kamen zahlreiche Bürger der Einladung nach. Der HdB-Saal war gut gefüllt, die Stimmung allerdings alles andere als harmonisch.

Konzept

Als Diskussionsgrundlage stellte der Rathauschef nochmals das vom Magistrat im letzten Jahr erarbeitete Konzept für die neue Stadtmitte Königstein im Detail vor, das mit „Vom Parkplatz zum Platz im Park“ überschrieben ist. Seit Sommer 2016 hatten die Magistratsmitglieder sich, wann immer neben den übrigen Amtsgeschäften möglich, Gedanken gemacht, Vorschläge erarbeitet, beraten, abgewogen und teils wieder verworfen, bis der nun vorliegende Entwurf als Ergebnis des größtmöglichen Kompromisses dieses Gremiums ausgearbeitet war. In die Überlegungen sind nach den Worten von Rathauschef Helm, wirtschaftliche, kulturelle und soziale (in dem Fall vor allem in Bezug auf Jugendarbeit) Aspekte eingeflossen unter der Prämisse der deutlichen Steigerung der Aufenthaltsqualität für den im Fokus stehenden Bereich. Den Magistratsmitgliedern schwebt, wie mehrfach berichtet, eine verbesserte Wahrnehmung der Geschäfte und deren Auslagen in der vorderen Hauptstraße vor, die zwar nicht in eine Fußgängerzone umfunktioniert werden soll, jedoch in einen verkehrsberuhigten Bereich. Damit das gelingt, ist die Verbannung des Durchgangs- und Schleichverkehrs ebenso angedacht wie ein verschärftes Tempolimit. Daraus resultierend wären künftig dort nur noch Busse, Taxen, Liefer- und Anliegerverkehr erlaubt.

Busse weniger dominant

Das Erscheinungsbild vordere Georg-Pingler-Straße soll sich durch eine Verringerung der Dominanz der Busse verändern, die zum einen realisierbar scheint durch weniger Haltebuchten – nur noch vier bis maximal fünf –, weitaus kürzere Verweildauer, weil die Busse nur noch zur raschen Einsammlung ihrer Fahrgäste dort vorfahren sollen, einen komplett mit Glas überdachten Arkadengang sowie mehr Grün durch zusätzliche Bäume. „Busse, die dort lange mit laufendem Motor stehen und die Häuser vom Park abriegeln, wollen wir dort nicht mehr haben“, hob Helm heraus. Von diesen Maßnahmen verspreche man sich ebenso eine optimierte Wohlfühlatmosphäre wie von den geplanten belebenden Elementen auf dem Kapuzinerplatz, wie Wassersäulen der dort installierten Brunnenanlage, im Pavillon untergebrachtem Generationen-Café und Kur- und Stadtinformation sowie der Wiederherstellung des alten Brunnens auf dem kleinen Parkplatz.

In puncto Neuordnung der Stellplätze sieht das vorliegende Konzept unter anderem den kompletten Wegfall der 24 Parkmöglichkeiten auf dem kleinen Parkplatz (auch bekannt als P2) vor als auch der zehn schräg angeordneten entlang der vorderen Georg-Pingler-Straße. Die wegfallenden Parkplätze würden, falls der Magistratsentwurf eine Mehrheit der Stadtverordneten erhalten würde, allerdings zum einen durch die Erweiterung des großen Parkplatzes als auch durch die Errichtung eines weitgehend unterirdischen Parkdecks mit 74 Plätzen im Rosengarten mehr als aufgefangen, das begrünt werden soll. Dadurch wäre es kaum als Parkdeck wahrnehmbar, dennoch ausreichend belüftet und mit Tageslicht versorgt. In der Summe würden im Vergleich zur jetzigen Ausgangslage insgesamt 51 zusätzliche Parkplätze entstehen. Die grobe Kostenschätzung beläuft sich aktuell auf rund 4 Millionen Euro, wobei ein Teil der Kosten wegen anstehender Straßensanierungen eh ansteht.

Reaktionen

Schon im Vorfeld der Bürgerversammlung war aus den Reihen der Bevölkerung und Politik erhebliche Kritik laut geworden zum Thema Parken. Am Versammlungsabend blies Bürgermeister und Magistrat daher wenig überraschend erheblicher Gegenwind ins Gesicht. Offenbar waren vor allem die Gegner des Projekts der Einladung zur Versammlung gefolgt, um ihrem Widerstand Gewicht zu verleihen.

Demzufolge blieben die positiven Reaktionen, wie die einer Bürgerin, die sich „absolut begeistert zeigte von den zukunftsweisenden Plänen, die reizen würden, in die Innenstadt zu gehen und einen netten Bummel zu machen“ Mangelware. Mit ihrer ebenfalls formulierten Sorge, dass im Umkehrschluss allen Planspielen zum Trotz mehr statt weniger Verkehr in der Innenstadt zu befürchten sei, blieb sie nicht allein. Vielmehr kochten die Wogen zunehmend hoch. Beanstandet wurden vor allem ein fehlendes integriertes Verkehrskonzept sowie die Notwendigkeit des Parkdecks. Ein Großteil derer, die sich zu Wort meldeten, pochte darauf, die Parkplätze in der Stadtgalerie seien zu wenig ausgelastet weil darauf nicht werbewirksam genug aufmerksam gemacht werde. Die Rede war von rund 100 Parkplätzen, die aufgrund dessen meist frei blieben, würden sie genutzt, wäre aus Sicht dieser Bürger der Bau eines Parkdecks hinfällig. Die im Raum stehenden Kosten waren ein weiterer Kritikpunkt, wobei Bürgermeister Helm nochmals mit Nachdruck darauf hinwies, bevor keine Entscheidung gefallen sei, was im Endeffekt tatsächlich umgesetzt werden soll, könne zum Thema Kosten lediglich eine grobe Schätzung vorliegen.

Einmal in Fahrt gekommen sprachen Bürger weitere ihnen unter den Nägeln brennende Themen an, wie die Bebauung auf dem Gelände Hotel Bender samt ihrer Meinung nach ungeklärter Parksituation, die aus ihrer Sicht unzureichende Tourismusförderung, der Wunsch nach mehr Konzentration auf Fahrradverkehr und Elektromobilität und einiges mehr.

Im Ergebnis hatte der Rathauschef alle Mühe, die Sorgen der Bürger zu entkräften. Weder seine Beteuerung „Nicht die Autos wollen wir auf den besten Plätzen haben, sondern die Menschen“ noch seine Antworten auf die jeweiligen Fragen hatten durchschlagende Wirkung. Nach knapp zwei Stunden wurde die Diskussion wegen der noch anstehenden weiteren zwei Punkte der Tagesordnung beendet. Nach dem Einholen dieses Bürger-Stimmungsbilds wird das Konzept „Vom Parkplatz zum Platz im Park“ nunmehr weiter in den zuständigen Gremien beraten. Interessierte Bürger können sich die Präsentation auch auf der städtischen Homepage ansehen. Unter der Rubrik „Rathaus“ stehen als letztes die „Pläne neue Stadtmitte“, wenn man darauf geht, kann am Ende des Textes die Präsentation als PDF geöffnet werden.



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