Königstein (nd) – In 34 Metern Höhe flatterte sie im Sonnenschein – die Fahne auf der Spitze des Bergfrieds der Burgruine Königstein kündete von einem besonderen Spektakel, das wie ein Magnet zahlreiche Musikfans von nah und fern anlockte. Endlich war es wieder so weit; „Rock auf der Burg“ öffnete am vergangenen Samstag für einen Tag die Tore. Auf zwei Bühnen, der Kellerstage im „Hellen Bogen“ und der Mainstage auf der Festwiese, boten 13 Bands beste Unterhaltung und ließen die Herzen der Liebhaber härterer Musik höher schlagen. Organisiert wird das Festival von der Stadt Königstein und der Rock AG, die circa 80 Mitglieder hat und durch 100 ehrenamtliche Helfer unterstützt wird. Dabei geht es nicht darum, am Ende ein Plus in der Kasse zu haben, vielmehr setzt man darauf, dass die Kosten gedeckt werden. Wenn doch Gewinne erwirtschaftet werden, fließen diese in gemeinnützige Projekte wie Benefizkonzerte.
Für die Sicherheit bei dem Großereignis war vollends gesorgt, die Polizei und die Feuerwehr Königstein sowie das DRK hatten alles bestens im Blick. „Für uns ist das selbstverständlich, wir kommen, wenn Hilfe benötigt wird und erwarten keinen Dank dafür“, erklärte Feuerwehrmann Andreas Ehl. An einem so heißen Sommertag war die Abkühlung zwischendurch auch nicht zu vernachlässigen. Wer diese brauchte, stellte sich einfach unter die Wassersprüher am Eingang der Festwiese. Auch Sonnenhüte und Kopfhörer konnte man käuflich erwerben. Die Eingangskontrollen übernahm, wie schon oft auf der Burg, die Firma IH Security. „Die Burg gehört eigentlich schon uns“, erzählte Security-Frau Begonia Del Valle lachend.
Besucher jeden Alters
Typisch für die Rock- und Metal-Szene ist, dass Besucher jeden Alters auf Konzerten zu finden sind, so auch bei Rock auf der Burg. Für die Kleinsten, die selbstverständlich mit Gehörschutz umherliefen, gab es eine extra im Schatten eingerichtete Malecke. Die Erwachsenen zeigten größeres Interesse für den Tattoo-Stand und so manch einer ließ sich eine Erinnerung in die Haut stechen. Für kühle Getränke sorgten die Apfelschmiede und Getränke Elzenheimer. Die Moderation auf den Bühnen übernahm Daniel Valley, der im Jahr 2005 als Jugendpfleger das Festival ins Leben gerufen hatte. Eigens für die Bands und ihre Begleiter war im „Zwinger“ ein gemütlicher Backstagebereich eingerichtet. Dort stand Johannes „Bobby“ von Gosen von der Rock AG am Grill. „Für uns ist das wie ein Klassentreffen, es ist einfach ein Festival mit Herz und ganz viel Liebe“, so von Gosen. Auch die Bandmitglieder fühlten sich sichtlich wohl. Unter Pavillons und in Strandstühlen konnten sie sich vor und nach dem Auftritt entspannen.
Gelungene Eröffnung
Ganz im Stile vom großen Metalfestival Wacken konnte auch das Königsteiner Rockfestival mit der MuShoBa mit eher traditionelleren Tönen aufwarten. Die Musik- und Showband des Königsteiner Fanfarencorps sorgte zum zweiten Mal als Überraschungsgast auch bei den Fans der eher etwas härteren Musik für Begeisterung. Auf der Mainstage machte die Rockband Violet Tomorrow den Anfang. Die jungen Künstler konnten bereits beim Battle of the Bands in der Konrad-Adenauer-Anlage überzeugen und taten es auch diesmal. Eine perfekte Einstimmung auf einen herrlichen Sommertag mit Musik und toller Festivalatmosphäre.
In welch vielseitigen Facetten sich Rock zeigen kann, bewiesen die nächsten Auftritte. Während Firstborn Unicorn auf der Kellerstage Funkrock mit Hiphop-Elementen präsentierte, konnten B6BBO mit Akkordeon, Posaune und Trompete auf der Mainstage glänzen. Der Stil könnte als Pop mit Polka-Offbeats bezeichnet werden.
Casino Blackout begeistert
Mit Casino Blackout stand dann eine der wenigen Bands auf der Bühne, die ausschließlich deutsche Texte schreibt. „Unsere Texte sind oft autobiografisch und ich finde, in der Muttersprache kann man sich direkter ausdrücken, es ist aber auch immer eine Gratwanderung, nicht kitschig zu klingen“, erklärte Sänger Florian Tragl. Als die Bandmitglieder während der Corona-Pandemie nicht im Studio arbeiten konnten, zogen sie kurzerhand in eine Waschküche um – dort nehmen sie bis heute einen großen Teil ihrer Musik auf, die man als Synthiepop-Punk bezeichnen kann. Von kitschig konnte nicht die Rede sein und nach dem Auftritt von Casino Blackout strömten die Musikfans direkt zum Merchandise-Stand, um eine Schallplatte (keine CD) der Band zu ergattern. „Es ist ein wirklich tolles Festival, eine einmalige Location und eine sehr angenehme Stimmung“, lobte Florian Tragl die Veranstaltung.
Die Mitglieder der Band Statefall wohnen zum Teil in Amsterdam und in Essen. Vor Konzerten treffen sie sich zum Proben, der Rest wird über das Internet erledigt. „Unser Stil ist eine Fusion zwischen Metalcore und Pop“, so Sänger Jasper Roelofsen – und der Wechsel zwischen harten Shouts und sanften Tönen kam beim Publikum hervorragend an.
Die Kellerstage bebt
Fatal Fire aus Frankfurt war neben Violet Tomorrow die einzige Band, die mit einer Sängerin aufwartete. Mit ihrem eingängigen, schnellen Sound mit einem Hauch des traditionellen Metals der 80er Jahre begeisterten sie die Besucher der Kellerstage. Auf der Burg fühlten sie sich sehr wohl. „Eine wirklich geile Location“, bestätigte Drumer Till Felden. Auch die harten Beats von Void:Embrace und Xarise brachten die Kellerstage zum Kochen. Diese war für die Liebhaber harten Metals vorgesehen und so bebte der Bass von den Wänden. „Unser Stil ist weniger rifflastig, eher ein bisschen breakdownlastiger“, erklärte Sebastian Speck, Sänger von Void:Embrace. Als Breakdown bezeichnet man eine extreme Form des Hardcore. „Mehr Metal geht kaum“, sagte Sebastian Speck lachend. Mit dem Genre Nu Metalcore zeigten sich XArise ebenfalls von der harten Seite, was von den Fans der Kellerstage honoriert wurde.
Ein Erfolgsprojekt aus Finnland
Die Band Moon Shot ist in ihrer Heimat Finnland nicht unbekannt und so hat sie dort bereits die Charts erstürmt. Auch in Deutschland sollte Kennern von Rockmusik die motivierende Rockhymne „Yes!“ bekannt vorkommen. Dementsprechend begeistert zeigte sich das Publikum. Gegründet wurde die Band 2018 und ein Jahr später wurde sie durch Henkka T. Seppälä ergänzt, dem Bassisten der einstigen Metalband Children of Bodom, die eine Größe in der Szene war. Hierzulande spielen Moon Shot besonders gerne. „Deutschland ist unser zweites Zuhause“, erklärte der charismatische Sänger Ville Malja. „Deutschland war unser Ziel und wir sind bei einem deutschen Label“, bestätigte Gitarrist Jussi Ylikowski. Ihre Musik beschreiben sie als authentischen Rock mit Wurzeln im Punk der frühen 2000er Jahre. Im goldenen Licht des Sonnenuntergangs wurde in bester Stimmung auf der Westwiese getanzt und mitgesungen.
Im „Hellen Bogen“ rockte derweil die Band Consvmer. Der Schweiß tropfte gefühlt von der Decke und die Tänzer vor der Bühne waren eine einzige sich bewegende Masse. Den Stil von Consvmer kann man als Mischung zwischen Metalcore, progressive Metal und Breakdown bezeichnen. „Unsere Musik ist schwer zu definieren“, erklärte Sänger Dennis Ackermann. Die Band aus Speyer, die 2019 gegründet wurde, schlägt dabei ernstere Töne an. Sie beschäftigt sich mit den dunkleren Themen der Gesellschaft, wie Zwangsvorstellungen und der Belastung der Welt durch die Industrie. Sehr oft beschäftigen sich Musiker des Metals mit solchen Themen; es geht eben nicht nur darum, laut und hart zu sein.
Ryan Sheridan spielte für Obama
Als vorletzter Akt auf der Mainstage sorgte Ryan Sheridan für eine super Stimmung. Der Ire lebte einige Jahre in den USA und tanzte für die Show Riverdance. In den USA spielte er vor 80.000 Menschen, darunter der damalige Präsident Barack Obama. Auch das deutsche Publikum liebt Sheridans Pop-Rock mit Country-Elementen. „Ich spiele oft und gerne in Deutschland“, erzählte er. Auch die besondere Kulisse gefiel ihm, denn obwohl es in Irland auch viele Burgen gibt, ist er noch nie auf einer aufgetreten. Die Sonne war gerade untergegangen; alle genossen den lauen Sommerabend und wippten kräftig mit, während Ryan Sheridans Stimme über die Festwiese flog.
Mit Alleviate trat auf der Kellerbühne eine eher junge Band auf. Sie wurde während der Pandemie gegründet, und was als Spaßprojekt begann, konnte bald erste Erfolge verzeichnen. Den ersten gemeinsamen Auftritt hatten die Musiker im September vergangenen Jahres; da alle Mitglieder bereits vorher in Bands aktiv waren, ist die Aufregung vor einem Konzert nicht mehr so groß. „Die Lust da rauszugehen und die Bude abzureißen überwiegt“, erklärte Sänger Timo Bonner. Mit einer Mischung aus Metalcore und Deathcore konnten sie die Liebhaber der harten Töne mitreißen. Trotz der Enge ließen es sich die Anhänger nicht nehmen, den Kellerraum in einen Moshpit zu verwandeln. So hart der Sound ist, so ernst sind auch die Themen, über die die Band schreibt und singt; hauptsächlich geht es um mentale Gesundheit. Auch der Bandname kommt nicht von ungefähr; „alleviate“ bedeutet „lindern“. „Wir wollen den Leuten Kraft geben“, so Timo Bonner.
Headliner Massive Wagons
Den Abschluss des Festivals machten als Headliner Massive Wagons. Die Band aus Carnforth in Nordengland hatte am vorherigen Wochenende bereits auf dem größten Metalfestival der Welt – in Wacken – gespielt. „Das war großartig, ein ganz besonderes Erlebnis. Wir spielen oft und sehr gerne in Deutschland“, erklärte Sänger Barry Mills. Die Band beschreibt ihren Musikstil als verrückten Punk-Rock’n’Roll. Diese Mischung kommt bei den Zuhörern gut an. Das aktuelle Album „Triggerd!“ erreichte Platz sechs der britischen Charts und ist damit schon das zweite Album, welches es in die Top 10 geschafft hat. Auch das Publikum auf der Burg liebte den Auftritt der Punkband; es wurde getanzt, gefeiert und mitgesungen. Ein wirklich gelungener Abschluss für einen tollen Festivaltag.
Wie jedes Jahr waren die Besucher begeistert. „Geil ist das hier, das ist Königstein – Königstein rockt!“, bestätigte Musikfan Stefan Rudolph aus Schneidhain. Auch die Mitglieder der Rock AG und Chef Hendrik Mangold waren am Ende des Abends glücklich und erleichtert; das Wetter hatte mitgespielt und größere Pannen gab es auch nicht.
Jubiläum im nächsten Jahr
Im nächsten Jahr können sich die Fans von Rock auf der Burg auf ein ganz besonderes Erlebnis freuen, denn das Festival feiert sein 20-jähriges Jubiläum. Schwierig wird die Entscheidung, wer dann auftreten darf. Die Rock AG kann mittlerweile aus einem Pool von rund 2500 Bands schöpfen. Jede Band soll eigentlich nur einmal auftreten; zum Jubiläum könnten aber auch Highlights der vergangenen Jahre erneut auf der Bühne stehen. „Es war wirklich friedlich“, resümierte die Polizei Königstein. Friedlich gingen die Besucher auch nach dem aufregenden Tag nach Hause und wer einen Blick nach oben warf, konnte vielleicht eine Sternschnuppe der Perseiden am Nachthimmel entdecken und sich eine Band für das nächste Jahr wünschen. Auch wenn es nicht jedem Königsteiner gefällt, kann man nur hoffen, dass dieses schöne und familiäre Festival auf der prachtvollen Burgruine Königstein noch lange erhalten bleibt.