Wechsel an der Spitze der Stadtplanung – Böhmig folgt auf Bouillon

Gerd Böhmig vor einem seiner Lieblingsmotive, dem Wahrzeichen der Stadt Fotos: Puck

Königstein (pu) – Coronabedingt lediglich im kleinen, dennoch würdigen Rahmen verabschiedete Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) in Anwesenheit fast aller Führungskräfte der fünf städtischen Fachbereiche den seit 1. April 2019 amtierenden Fachbereichsleiter für Planen, Umwelt und Bauen (Fachbereich IV), Stefan Bouillon, zum 30. November in den wohlverdienten Ruhestand. Direkt im Anschluss wurde das Geheimnis um die Nachfolge gelüftet: Es handelt sich dabei um Gerd Böhmig, kurioserweise auch Bouillons Vorgänger.

Hochbaufachmann

Dazu später mehr, denn zunächst gehörte die Aufmerksamkeit dem Mann, der in Bad Homburg aufwuchs und vor 32 Monaten aus Bayreuth in den Taunus zurückkehrte. „Im Wissen der zum damaligen Zeitpunkt vor uns stehenden Großprojekte – allen voran die Neubauten des Kindergartens „Wirbelwind“, des Gerätehauses der Schneidhainer Feuerwehr, des Betriebshofs der Stadtwerke sowie die Vorbereitung der neuen Altstadtsatzung samt Fibel – wollten wir einen absoluten Hochbaufachmann, weil wir den nicht in unseren Reihen hatten“, begründete der Rathauschef den damaligen Schritt.

Bouillon, nach dem Studienabschluss mit Diplom der Technischen Universität Darmstadt seit 37 Jahren als Architekt, Berater, Bau- und Projektleiter tätig, brachte all das mit. Vor seinem Wechsel nach Königstein war er fünf Jahre Dienststellenleiter des Hochbauamtes der Stadt Bayreuth (24 Mitarbeiter), zeichnete unter anderem für den Bau des Richard-Wagner-Museums (Projekt über 21 Millionen Euro mit Erhalt des Preises der Architektenkammer und bayrischen Staatspreises für Bauen im Bestand 2017) verantwortlich. „Er war zwar nicht mehr der Jüngste, aber er hat während seines Bewerbungsgesprächs nicht nur wegen seiner profunden Erfahrung einen hervorragenden bleibenden Eindruck hinterlassen, sodass wir ihn unbedingt haben wollten“, blickte Helm schmunzelnd zurück.

Bedauerlicherweise habe der Baufachmann neben den jeweils zu stemmenden Projektherausforderungen fast zwei von knapp drei Jahre lang extrem die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu spüren bekommen. „Während der Lockdownphasen standen die zur Beratung anstehender Entscheidungen benötigten Mitarbeiter nicht für Präsenztermine zur Verfügung, einige Gremiensitzungen fielen ebenfalls aus und man kann eben nicht alles virtuell lösen“, zeichnete der Bürgermeister ein anschauliches Bild.

Macher, der vieles anstieß

Obwohl außer der jüngst vom Parlament abgesegneten Altstadtsatzung kein weiteres der hehren Vorhaben finalisiert werden konnte, hat Bouillon, wie Helm herausstrich, „vieles angestoßen und mit Kompetenz vorangetrieben.“ Die sicher geglaubte Fertigstellung „meines Lieblingsthemas“ Hartbergturm „wann baut man in seiner Karriere schon einmal einen Turm?“ verzögert sich bekanntlich. Dort soll es in den kommenden Tagen weitergehen. Diese unerledigten Aufgaben „fuchsen“ den Scheidenden, wie er freimütig einräumte, es sei nicht seine Intention, Projekte mit Herzblut zu planen und die Arbeit dann den Kollegen zu überlassen. „Es fühlt sich nicht so gut an, dass ich jetzt weggehe, es tut weh!“

Hinterlassene Spuren

Nichtsdestotrotz zeigte er „nicht wenig“ stolz über die Altstadtsatzung mit ihrer begleitenden Fibel: „Das ist ein sehr umfängliches Werk, das noch eine ganze Zeit lang Gültigkeit haben wird. Somit hinterlasse ich dann doch bleibende Spuren“, resümierte er mit einem Schmunzeln. Darüber hinaus sei es ihm gelungen, zwischen 30.000 bis 40.000 Euro einzusparen.

Bei aller sichtbaren Freude über die künftigen Freiheiten eines „Rentners“ wie beispielsweise mehr Schlaf ließ der scheidende Fachbereichsleiter durchblicken, dass es ihm als „Macher“ schwerfallen dürfte, die Hände in den Schoß zu legen. Gleichwohl wird er möglichst viel mit seinem Boot unterwegs sein. Damit er dabei die Kurstadt in Erinnerung behält, überreichte ihm Bürgermeister Helm einen Präsentkorb mit Königsteiner Spezialitäten.

Der „Neue“

Wenn der „neue“ Fachbereichsleiter gleichzeitig Nachfolger und Vorgänger in einer Person ist, liegen die Vorteile nach fester Überzeugung des Königsteiner Rathauschefs auf der Hand. „Gerd Böhmig ist in allen Themen drin, sei es als bisheriger Fachdienstleiter ‚Bauen‘ oder als Geschäftsführer der Grundstücks- und Verwaltungs GmbH.“ Folglich konnte der 59-jährige ohne notwendige Einarbeitung in die zahlreichen komplexen Themen schon ein paar Tage vor seinem offiziellen Start am 1. Dezember die Amtsgeschäfte übernehmen, nachdem Bouillon wegen Resturlaubs seinen Schreibtisch etwas früher räumte.

Unter den Nägeln brannte Böhmig neben den zahlreichen anstehenden Aufgaben in einer Zeit der hochschnellenden Baumaterialkosten und Lieferengpässe der unverhohlen angesprochene Rückblick auf die schwierige Situation, in der er sich befunden habe, als ihm nach 27-jährigem städtischem Dienst, fest in der Kurstadt verwurzelt, im fünften Jahr als kommissarischer Chef 2019 der Hochbaufachmann „vor die Nase gesetzt wurde“, wie es Böhmig umschrieb. Die daraus resultierenden atmosphärischen Störungen seien jedoch überwunden worden, unter anderem, „weil ich die Herausforderung angenommen habe.“ Vor diesem Hintergrund dankte er Bouillon ausdrücklich „für die konstruktive und kreative Art, damit umzugehen und für die fachliche Diskussion auf sachlicher Ebene.“ Auch mit Bürgermeister Helm seien längst alle Differenzen ausgeräumt. In diesem Wissen sehen beide offenkundig optimistisch der Zukunft entgegen. Der Rathauschef sprach in diesem Zusammenhang von der großen Verantwortung, die mit der Fachbereichsleitung IV, „Planen Umwelt Bauen“, die die Dienststellen Stadtplanung, Umwelt, Hoch- und Tiefbau, Grün- und Sportanlagenplanung, Bauverwaltung und Friedhofswesen sowie den Betriebshof mit insgesamt rund 60 Mitarbeitern umfasst, übernehme. „Das ist kein einfacher Job, er ist mit vielen schlaflosen Nächten verbunden und man benötigt viel menschliches Gespür!“

Rückblende: Nach Abitur und einer Ausbildung zum Gärtner und anschließendem Studium der Landschaftspflege, arbeitete der Diplom-Ingenieur Gerd Böhmig zunächst als Landschaftsarchitekt in einem Bad Sodener Büro. Als der damals 30-Jährige erstmals Vaterfreuden entgegensah, schaute er sich nach einer „sicheren Stelle“ um und landete dank des Werbens des Ersten Stadtrats Klaus Dehler, der sich ein neues Team aus studierten Fachleuten zusammensuchte, nachdem Stadtbaumeister Vossebein in den Ruhestand gegangen war, im Herbst 1992 im Königsteiner Bauamt. Rathauschef war damals Bertram Huke. Schon 1996 wurde Böhmig stellvertretender Bauamtsleiter, drei Jahre später erfolgte die Ernennung als Leiter dieses Amtes. Nach der Umstrukturierung in Fachbereiche erlangte der dreifache Familienvater, der glücklich über sein im Laufe der Jahre geknüpftes Netzwerk ist, 2014 die Position als kommissarischer Fachbereichsleiter Planen, Umwelt, Bauen.

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