Balsam für die Seele: Quadro Nuevos Weihnachtskonzert

Die vier Weltmusiker v.l.n.r. Andreas Hinterseher, Mulo Francel, D.D. Lowka und Evelyn Huber spielen gerne in der Johanniskirche ihre Interpretationen von Weihnachtsliedern.

Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Sie sind nicht das erste Mal in der Johanniskirche in Kronberg zu Gast, die vier Weltmusiker Mulo Francel (Saxophon, Klarinette, Mandoline), Andreas Hinterseher (Akkordeon, Vibrandoneon, Bandoneon), D.D. Lowka (Kontrabass, Percussion) und Evelyn Huber (Harfe, Salterio). Aber sie kommen gerne wieder in das Städtchen, wie sie gleich nach ihrer klangvollen instrumentalen Umsetzung von „Maria durch den Dornwald ging“, ihren Besuchern in der Johanniskirche verraten. Die ist bis auf den letzten Platz besetzt, nicht nur mit Kronbergern, denn die drei Musiker und eine Musikerin von „Quadro Nuevo“ sind seit vielen Jahren bekannt für ihre Tango- und fetzigen Balkan-Rhythmen. Erst vor einigen Jahre begann die Weltmusik-Gruppe Quadro Nuevo Weihnachtskonzerte zu geben. Dies wurde den vier Musikern zu einem tiefen Bedürfnis, wie sie selbst es formulieren, in der Adventszeit die Säle mit besinnlicheren Melodien zu erfüllen. Einer Musik, nahe am Urgedanken der Weihnacht, als Ankunft einer neuen Zeit, die Licht ins Dunkel bringt. Bei „Kommet Ihr Hirten“, ist jeder einzelne Hirte zu hören, der ankommt und das Christkind in der Krippe mit Heu und Stroh bewundert. Ihre vielfältigen Stimmen hallen versetzt durch die Johanniskirche. Das Abenteuer, die Idee der Nächstenliebe, mit einer bunten Instrumenten-Schar umzusetzen ist gelungen. Die Musiker sind aufeinander eingespielt, sie kommunizieren über ihre Instrumente, lassen poetisch-musikalische Kleinode entstehen, mal jauchzend und jubilierend, mal niederkniend und nachdenkend.

Dabei beschränkt sich ihr Repertoire nicht auf christliche Lieder aus der Heimat und fernen Landen: Die Virtuosen bereichern die Vielfalt winterlicher Musik auch durch jiddische oder indianische Melodien, die den Geist der Erhellung und des Trostes tragen. Das stille Lied eines 21-jährigen polnischen Juden, der im Getto von Vilnius gestorben ist, erklingt genauso wie ein Lied, in dem jüdische mit arabischen Klängen verschmelzen. Denn auch solche Orte haben sie kennengelernt, wo Menschen unterschiedlichen Glaubens friedlich nebeneinander und miteinander leben, wo die Moschee neben der Synagoge steht und alle gemeinsam feiern: Entstanden ist ein Stück, das den verschiedensten musikalischen Einflüssen eigene Stimmen gibt, die sich schließlich in einem mitreißenden, energiegeladenen Zusammenspiel entladen. Überhaupt ist die Begeisterung der vier Musiker für ihre Instrumente ansteckend. Da wird der Kontrabass D.D. Lowkas gezupft und geklopft, dann wieder virtuos gespielt im innigen Miteinander mit dem Bandoneon, hier herausragend Andreas Hinterseher, der mit seinen melodramatischen Melodien von Sehnsucht, Heimweh und Fernweh zeugt. Mulo Francel am Saxophon und der Klarinette spielt sich und seine Zuhörer in andere Sphären, während Evelyn Huber mit ihrer Harfe, die sie als Instrument ebenfalls ungewöhnlich vielfältig einsetzt, zu verschmelzen scheint. Alle sind bestens aufeinander eingespielt und hatten sich gegenseitig immer im Blick. Jeder Einsatz stimmt und jedes Solo
wird mit einem Strahlen der anderen drei belohnt – welch klangvoller Dialog durch höchste Aufmerksamkeit. Vor der Pause erklingt noch „Lasst uns froh und munter sein“, nach der Pause geht es weiter mit „Quadro Nuevos“ eigenwilligen Umsetzung von „die Gedanken sind frei“. Das sei ihnen nach 20 Jahren Musik aus aller Herren Länder in den Sinn gekommen, gesteht Mulo Francel, „dass es in Deutschland auch schöne Volkslieder gibt“, die sich instrumental umsetzen lassen. Der Abend wird zu einer vielfältigen und ausgelassenen Schau ihres breiten Repertoires: die Zuhörer genießen ein spanisches Weihnachtslied genauso wie den musikalischen Ausflug in den Orient, der auf den Okzident trifft: Wie kann das gehen, dass Wiener Kaffeehausmusik und orientalische Klänge zu einem spannenden musikalischen Neuwerk verschmelzen? Für die vier Musiker von Quadro Nuevo ist das jedenfalls überhaupt kein Problem, ihrer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Am Ende entlässt das Publikum die Musiker erst nach vielen Zugaben, bei denen die vier mit ihrem Publikum schließlich zu sehr experimentellen Klängen im undurchdringlichen Dschungel landen. Aus diesem dunklen Dickicht werden sie schließlich in die neblige Novembernacht entlassen. Eine Dame in der Johanniskirche seufzt zum Schluss: „Das ist Balsam für die Seele.“ Wer die Musiker noch treffen wollte, konnte das anschließend zu später Stunde im Restaurant „Liebe Zeit“, um mit ihnen noch den einen oder anderen Wein zu probieren. Dort war auch zu erfahren, dass die vier eine Tournee in China mit den Salzburger Philharmonikern geplant haben.

Kronberg

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