Berliner tanzte mit Kronbergerin in Tirol ins Glück

Elisabeth und Gerhard Zittwitz steht das Glück darüber ins Gesicht geschrieben, trotz gesundheitlicher Probleme, ihren Ehrentag im Kreis der Familie feiern zu können.

Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Weißbach in Tirol: Ein Kavalier nach dem anderen fordert während eines Heimatabends eine junge Touristin aus Kronberg im Taunus zum Tanz auf, darunter auch ein älterer Herr, der sie mit der Frage überrascht: „Da ist ein junger Mann, der nicht tanzen kann, darf er Sie trotzdem mal auffordern?“ Sie lächelt und sagt: „Warum nicht?“

Ein Dialog, der einer Filmszene entstammen könnte, doch das Ehepaar Elisabeth und Gerhard Zittwitz, das kommenden Samstag, 12. Oktober, Goldene Hochzeit feiert, ist dem Berliner, dem im Herbst 1958 die sehnsüchtigen Blicke seines Landsmanns nicht entgangen waren und deshalb spontan die Initiative ergriff, mehr als dankbar, schließlich stand am nächsten Tag die Abreise des jungen Mannes bevor und es galt zu befürchten, die Angebetete aus den Augen zu verlieren.

Durch Amors pfeilschnelle Hilfe, sprang beim anschließenden Tanz und dem angeregten Gespräch über die gemeinsamen Leidenschaften Berge und Wandern der Funke über, trotz Gerhard Zittwitzs großer Sorge, sich als bekennender Nichttänzer gründlich zu blamieren. „Wir haben das ganz gut hingekriegt“, schmunzelt seine Frau, die allerdings damals nicht daran glaubte, diese zart aufkeimende Liebe könne angesichts der großen Entfernung zwischen Westberlin und Kronberg auch nur den Hauch einer Chance haben.

In der Tat mussten auf dem Weg zum Traualtar etliche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, obwohl der frisch Verliebte bereits kurz nach seiner Heimkehr zu Füllfederhalter und Briefpapier griff, nur ein halbes Jahr später, an Ostern 1959, für ein Wiedersehen in den Taunus reiste und wiederum nur wenige Wochen darauf sogar komplett seine Zelte in Berlin-Spandau abbrach und zeitnah als Verkäufer im Ersatzteillager der Kraftfahrzeug-Werkstatt und Ford-Handlung Nauheim eine Anstellung fand. Im gleichen Betrieb arbeitete im Übrigen auch Elisabeth Kraft und zwar als kaufmännische Angestellte.

Mit seinem Umzug in die Burgstadt hatte der am 8. November 1937 geborene Gerhard Zittwitz, dessen Mutter die insgesamt fünf Kinder ohne Mann durch die Kriegs- und Wiederaufbaujahre bringen musste, unzweifelhaft ein eindeutiges Signal in puncto Ernsthaftigkeit seiner Absichten gesetzt. Die Familie seiner Liebsten, der in Kronberg jahrzehntelang als Küster der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul fungierende Schustermeister Hans Kraft und seine Frau Susi sahen es mit Wohlwollen und behandelten das Familienmitglied in spe von Anfang an wie einen eigenen Sohn.

Gleichwohl fühlte sich dieser eines Tages in der Bredouille, wohlwissend um die damalige kritische Haltung der Kirche bei Paaren unterschiedlicher Religionszugehörigkeiten. Es war klar, er als zwar gläubiger Christ aber der freien evangelischen Gemeinde angehörend, konnte die fast exakt ein Jahr jüngere Küstertochter Elisabeth Kraft ausschließlich katholisch heiraten und auch die erhofften Kinder müssten im katholischen Glauben erzogen werden. Eine Gedanke, mit dem er sich nicht anfreunden konnte. Schweren Herzens beschloss das Paar nach reiflicher Überlegung die Trennung.

Ein zweites Mal bedurfte es der Schützenhilfe einer Person, die erkannte, wie groß die Liebe war. Dieses Mal spielte Elisabeths Mutter Susi Schicksal – in einem Lebensmittelgeschäft, wo sie zufällig Gerhard Zittwitz begegnete, dessen großen Kummer ahnte, ihn behutsam in ein Gespräch verwickelte und schließlich zu hören bekam: „Ich glaube, ich habe einen großen Fehler begangen, ich will die Trennung doch gar nicht.“

Verlobung wurde Ostern 1962 gefeiert. Tief im Glauben verwurzelt und getreu beider Lebensphilosophie, stets harmonisches Miteinander anzustreben, sich gegenseitig zu unterstützen und die Familie zusammenzuhalten war es schnell beschlossene Sache, dass die standesamtliche Trauung am 24. August 1963 im Kronberger Rathaus stattfinden sollte, aber die kirchliche Trauung durch Pfarrer Paul-Albert Simon erst am 12. Oktober in der Kirche St. Peter und Paul erfolgen konnte. „Ich wollte meinen Bruder Günter in der Kirche unbedingt dabei haben, der als Bundeswehrangehöriger vor dem Herbst jedoch keinen Heimaturlaub genehmigt bekam“, blickt die mittlerweile 74-Jährige zurück. Über das Erfolgsrezept ihrer mittlerweile fünf Jahrzehnte währenden Ehe müssen beide mitnichten grübeln: „Selbst wenn wir mal Streit hatten, ist das schnell aus der Welt geschafft worden.“ Das Glück krönen Tochter Birgit, Schwiegersohn Martin und die Enkelkinder Alexander, Christina und Carolin.

Die sind natürlich mit von der Partie, wenn am kommenden Samstag um 11 Uhr der Festgottesdienst in St. Peter und Paul beginnt. Kronberger, die dem Paar zur Goldenen Hochzeit gratulieren wollen, sind hierzu und zum anschließenden Sektumtrunk vor der Kirche gerne eingeladen, bevor sich die Familie, Freunde und Verwandte für die private Feier zurückziehen.

Weitere Artikelbilder



X