Katharinenstraße wird zur Filmkulisse für Nele Neuhaus-Taunuskrimi

Wer läuft denn da in der Katharinenstraße? Und was tut sich bei Florian Henrich im Schaufenster? Verkauft er neuerdings alles für den Tierbedarf, genau wie Liane Wehn nebenan? Nein, natürlich nicht. Die meisten Kronberger haben es längst bemerkt: In Kronberg werden Teile des Taunuskrimis „Wer Wind sät“ gedreht. Hier wird gerade eine Szene mit den Schauspielern Nadeshda Brennicke und Sven Gielnik (im Hof) gedreht. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – „Das dahinten ist die Frau, mit der ich im Film eine Affäre habe.“ Der 20-jährige Schauspieler Sven Gielnik zeigt auf eine große blonde Dame, die gerade um die Ecke in den Hof des Hauses in der Katharinenstraße 2 tritt. Es ist die Schauspielerin und Sängerin Nadeshda Brennicke, die unter anderem durch ihre Rolle als Ermittlerin Tessa Norman in der Serie „Die Straßen von Berlin“ bekannt wurde. Im sechsten Nele Neuhaus-Krimi „Wer Wind sät“, spielt sie Ricky Franzen, eine von drei tatverdächtigen Frauen in dem Taunuskrimi, der von der all-in-production aus München für das ZDF zu großen Teilen in Kronberg verfilmt wird. Dafür ist seit drei Tagen ein Teilstück der Katharinenstraße gesperrt. Sven Gielnik, der im Krimi Marc Theissen verkörpert – ein labiler Charakter, der suggestiv handelt, wie der Schauspieler seine Rolle kurz beschreibt – hat am Dienstagmittag bereits drei bis vier Szenen gedreht. Kurze Szenen, sagt er. Nun wartet er, in der hofeigenen Garage sitzend, ruhig und entspannt mit einem guten Buch auf seinen nächsten Einsatz. Währenddessen hat ein paar Schritte neben ihm die Kostüm-Assistentin alle Hände voll zu tun: Während im „Tierparadies“, das die Kronberger eigentlich unter dem Namen „Lucky Animal“ kennen, unter Einbindung des direkten Nachbarns, des Geschäfts „Zeit & Genuss“, gerade gedreht wird, kontrolliert sie schon die Garderobe für die nächste Szene. Sven Gielnik, der aus Berlin angereist ist und mit sieben Jahren schon vor der Kamera stand, gefallen „schwierige Charaktere“ wie dieser 16-jährige Junge, den er im Film verkörpert und der zum Mittäter eines Mordes wird. Für ihn wie für die weiteren Schauspieler am Set ist es der erste Drehtag. Das Ermittlerduo Pia Kirchhoff (Felicitas Woll) und Oliver von Bodenstein (Tim Bergmann) werden an diesem Tag noch nicht in Kronberg erwartet. Heute steht „Ricky Franzen“ alias Nadeshda Brennicke als Tierparadies-Betreiberin vor der Kamera. In ihrem Geschäft beherbergt sie auch die ehemalige Schulfreundin „Nika“, die ihr in dem Geschäft hilft und außerdem Frauke Hirtreiter, die in der Wohnung darüber wohnt.

Nach einer Szene im Geschäft, das Henrichs und Wehns dem Filmteam für zwei Tage zur Verfügung gestellt hatten, wanderte die gesamte Technik hinaus auf die Katharinenstraße. Komparsen werden eingewiesen. Technik um- und aufgebaut. Dann heißt es „Achtung, wir drehen. Ruhe bitte!“ Sechs Mal kommt Nadeshda Brennicke aus dem Geschäft, fahren die Fahrradfahrer und laufen die Fußgänger an dem Ladengeschäft vorbei, bis auch diese Szene fertig ist, bei der die Tierparadies-Besitzerin ihr Geschäft verlässt und im Hof von Sven Gielnik alias Marc Theissen abgepasst wird, der dort neben seinem Motorroller an der Wand lehnt. „Oftmals liegt es am Ton, dass eine Szene wiederholt werden muss“, klärt die Produzentin am Set, Annette Reeker auf. „Es sind viele Nebengeräusche, auf die Sie gar nicht achten, die aber stören können.“ Selbst in den Räumen kann das passieren. „Heute morgen hat uns beim Dreh die Müllabfuhr erwischt“, berichtet sie lachend. Und so fährt der Kameramann einmal mehr mit seinem Kamera-Dolly den Bürgersteig entlang auf die Ladentür zu, um ein schönes Zoom zu bekommen, wenn die tatverdächtige Ricky Franzen die Straße betritt. Auch wenn danach ein paar dunkle Wolken am Himmel aufziehen, ist der Dreh noch lange nicht zu Ende. Sven Gielnik hat an diesem Tag noch sechs Szenen vor sich, bis 22 Uhr abends wird gefilmt. Insgesamt sind 23 Drehtage für die Verfilmung des Taunuskrimis von Nele Neuhaus angesetzt, wie der leitende Regisseur Marcus O. Rosenmüller informiert. In den gut drei Wochen werden insgesamt bis zu 25 Schaupieler am Set erwartet. Es sei typisch für die Taunuskrimis, dass „wahnsinnig viele Rollen“ zu besetzen seien. Und das, obwohl Anna Tebbe, die das Drehbuch für den Film geschrieben hat, versucht hat, sich auf das Fundament des Buches zu besinnen. „So viele Personen lassen sich in einen 90-minütigen Film einfach nicht hineinpacken“, erklärt die Produzentin. „Uns ist zum Beispiel wichtig, den schönen Taunus zu zeigen. Wir drehen wirklich alles auch im Taunus.“ Doch aus dem Tierparadies in Königstein sei nun ein Laden in Kronberg geworden. „Wir haben nach der geeigneten Kulisse mit genügend Platz gesucht und sie hier gefunden“, berichtet sie. Mit der Kirche im Hintergrund böte das Geschäft eine ansprechende Blickachse und sei damit ein Garant für ein starkes Bild.

Das rund 40 Personen starke Drehteam scheint sich wohl zu fühlen am Set mitten in Kronberg an diesem ersten Drehtag. Trotz ein paar Tropfen Regen bleibt die Stimmung gut und die Produzentin kommt schon fast ins Schwärmen, wenn sie an die noch folgenden Drehtage in der zurzeit bekanntlich leerstehenden „Villa Winter“ zu sprechen kommt. „Das wird unsere Polizeistation“, freut sie sich. Die Kulisse gefällt ihr so gut, dass sie sich vorstellen könnte, sie auch für die nächste und erst einmal letzte Taunuskrimi-Verfilmung von „Böser Wolf“ wieder zu nutzen – wenn möglich.

Jetzt entsteht in Kronberg aber zunächst ein hoffentlich packender realitätsnaher „Öko-Krimi“, in der es um das brandaktuelle Thema Klimawandel und Windkraft geht und mit der die Prozentin hofft, die Zuschauer zu fesseln und zum Miträtseln, wer der Mörder sein könnte, anzuregen. Das Finale von „Wer Wind sät“, bei dem in der Firma „WindPro“ in Kelkheim die Leiche eines Nachwächters gefunden wird, wurde aus der Stadt hinaus auf den kleinen Feldberg verlegt. „Dort ist es wunderbar verwunschen“, findet sie. „Absolut passend für das Finale.“ Die Autorin Nele Neuhaus kennt die Änderungen und hat sie bereits abgesegnet. Gemeinsam hatte sie einen Tag vor dem offiziellen Drehstart in der Produktionsfirma in Königstein das gesamte Drehteam begrüßt.

Schüsse fielen am Dienstag und auch an den folgenden Drehtagen in Kronberg nicht. Trotzdem werden die Kronberger gewiss mit Spannung den Montagskrimi des ZDF verfolgen, um „ihre“ Katharinenstraße, den Geiersbergweg oder die Villa Winter einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu erleben. Drei Millionen Zuschauer haben bei der letzen Verfilmung zugeschaut. Ausgestrahlt wird „Wer Wind sät“ allerdings erst im Herbst 2015.

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