Odszuck: „Stadtentwicklungsziel ist Erhalt der sozialen Durchmischung“

Kronberg. – Zum offenen Brief von 21 Kronberger Bürgerinnen und Bürger veröffentlicht im Kronberger Boten vom 3. Juni, die sich anlässlich der geplanten Beschlussfassung zur Bebauung des Bahnhofsgeländes an die Stadtverordneten der Stadt Kronberg gewendet hatten, um ihre Ansicht kundzutun, dass sie die geplante Bebauung für überdimensioniert und unwirtschaftlich halten, hat die Verwaltung eine umfangreiche Antwort verfasst, die in ihrer Komplettfassung im Internet unter Nachrichten auf www.kronberg.de eingesehen werden kann und deren Kernpunkte der Erste Stadtrat Jürgen Odszuck (parteilos) im Rahmen der jüngsten Stadtparlamentssitzung wie folgt zusammenfasste:

„Es ist legitim, dass sich Bürgerinnen und Bürger mit dem Thema befassen und in einem Offenen Brief Position beziehen, allerdings ist diese sehr einseitig und steht diametral entgegen den strategischen Ziele der Stadt Kronberg und den wichtigsten Zielen der Arbeitsgruppe Wohnen im Rahmen des gegenwärtig laufenden Prozesses zur Entwicklung eines Stadtentwicklungskonzepts.

In der Strategischen Zielsetzung „Kronberg 2020“ der Stadt Kronberg heißt es unter anderem, erinnert er: „Es werden Maßnahmen definiert und umgesetzt, die geeignet sind, die Bevölkerungszahlen in einem sozialen Gleichgewicht zu stabilisieren. Kronberg hebt sich als attraktiver Wohn- und Lebensort insbesondere für Familien in der Region hervor. Um der gesellschaftlich-ökonomischen Verantwortung der Stadt gerecht zu werden, ist eine Nutzung der Ressource Boden notwendig. Zur Erhaltung der Lebensgrundlagen künftiger Generationen, ist ein sparsamer Umgang zu gewährleisten. Instrumente hierfür sind die Innenentwicklung und die Nachverdichtung des bestehenden Siedlungskörpers. Ein vorrangiges Ziel der Stadtentwicklung ist die Entwicklung des Gebietes am Bahnhof als gemischt genutztes Quartier.“

Ferner habe die Gruppe Wohnen im Stadtentwicklungskonzept bereits Konsens erzielt, dass die gegenwärtig herrschende Durchmischung der Bevölkerungsstruktur in Kronberg auch ein Ziel für die Zukunft sein müsse. „Das wird aber nur dann der Fall sein, wenn die Stadt dafür die entsprechenden Weichen stellt und nicht, wie von den Unterzeichnern des Offenen Briefes gefordert, auf Geschosswohnungsbau verzichtet und man sich vielmehr auf den Bau von hochpreisigen Einfamilienhäusern beschränkt“, merkte er an. Letzteres führe in der Konsequenz dazu, dass sich künftig nur noch eine bestimmte Bevölkerungsschicht, die der Besserverdiener, das Leben in Kronberg leisten könne.

Die Unterzeichner des Offenen Briefes führen zu ihren Begründungen für ihre Forderungen neueste Berechnungen der HessenAgentur an. „Dabei wird nicht erwähnt, dass die Einschätzung der HessenAgentur lediglich auf einer schlichten Hochrechnung auf der Entwicklung der letzten zehn Jahre basiert“, betont Odszuck. Da sich die Einwohnerzahl Kronbergs in den letzten drei Jahren wieder vom vorangegangenen Trend erholt habe schreibe die HessenAgentur diesen Trend schlicht fort. Alle anderen vorliegenden Studien kämen zu dem Ergebnis, dass die Einwohnerzahlen rückläufig sein werden. „Allerdings kommt der prognostizierten Anzahl der Einwohner im Jahr 2030 im Verhältnis zu den gesellschaftlichen Veränderungsprozessen eine nachrangige Bedeutung zu, wenn es um die Frage geht, ob in Kronberg Wohnungen benötigt werden. Im Jahr 2030 werden gemäß Prognose des Bundesbauministeriums in Deutschland zwar 2,3 Millionen Menschen weniger leben, bis dahin aber trotzdem 3,4 Millionen neue Wohnungen benötigt“, erklärte er. „Wir sagen: Neuer Wohnraum für die Mittelschicht kann aus wirtschaftlichen Aspekten nicht ausschließlich in Form von Einfamilien- und Doppelhäusern in Kronberg abgebildet werden. Eine reine Konzentration auf den Bau von Einfamilien- und Doppelhäusern verschärft die angespannte Wohnungsmarktlage in Kronberg enorm und führt zur Ausgrenzung großer Gesellschaftsgruppen.“ Viel wichtiger sei es, den Grundgedanken und den durch die Politik formulierten Willen einer „sozialen Durchmischung in Kronberg zu erhalten und zu fördern“. Odszuck betonte: „Es fehlt an Wohnraum für Normalverdiener der Mittelschicht, für Menschen, die insbesondere unser Gemeinwohl in Vereinen, Institutionen und Rettungsdiensten tragen. In Kronberg besteht im mittelpreisigen Wohnsegment ein Mangel, welcher langfristig zu großen Veränderungsprozessen führt.“ Dies sei weder durch die Politik gewollt und widerspreche dem formulierten Ziel der Themengruppe Wohnen des Stadtentwicklungskonzeptes. „Die Gruppe führt zudem die wirtschaftlichen Auswirkungen an, wenn die Schaffung von Wohnraum auch unter sozialen Gesichtspunkten erfolgen soll. Gemeint ist, dass durch die Ansiedlung einkommensstarker Bevölkerungsgruppen mehr Steuereinnahmen generiert werden könnten. Dazu ist festzustellen: die zukünftige gesellschaftliche Entwicklung dieser Stadt anhand kommunalwirtschaftlicher Fragen zu diskutieren stellt den Sachverhalt auf den Kopf.“ „Die Stadt ist kein Wirtschaftsunternehmen, das gesellschaftlich weitreichende Entscheidungen aufgrund möglicher Einnahmen und Ausgaben trifft“, erklärte er vor den Stadtverordneten und einer Reihe von Bürgern, die zu der öffentlichen Sitzung im Rathaus gekommen waren. Eine Stadt sei „vielmehr dazu verpflichtet, ihre soziale Verantwortung zu erfüllen. Hierzu gehört unter anderem, ausgeglichene soziale Verhältnisse innerhalb der Bevölkerung zu schaffen und die damit verbundenen Bedarfe an Wohnraum zu sichern.“ Die nachhaltige Daseinsfürsorge in der Stadt Kronberg sei zu sichern und hierfür gelte es, entsprechende Konzepte zu entwickeln. „Die Planungen für das Bahnhofsareal sind unter Beachtung dieser Grundsätze entstanden“, so Odszuck abschließend. (mw)



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