Kronberg (pu) – Weil in den nächsten Monaten weitere Weichen für das Bahnhofsquartier gestellt werden, hatte der Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) zu einem Ortstermin geladen, damit sowohl Mandatsträger als auch interessierte Bürger das aktuelle Erscheinungsbild des Geländes mit all seinen Besonderheiten vor Augen die anstehenden Planungen und deren Folgen besser einordnen können.
Das Interesse war demzufolge hoch, den zahlreichen Fragen stellte sich Erster Stadtrat Jürgen Odszuck (parteilos), der unter anderem um Verständnis warb, dass sich die Verhandlungen mit der Bahn in Bezug auf mögliche Freiflächengewinnung durch verschiedene Maßnahmen wie etwa Mastenversetzung oder eventuelle künftige Verwendung eines Hightech-Prellbocks so lange hinziehen. Bereits im Haushalt 2015 waren 1,6 Millionen Euro für Derartiges eingestellt worden, wobei, wie Odszuck betonte, diese Mittel nicht gänzlich abgerufen werden müssten. Inzwischen läge dem Magistrat ein erster Kostenentwurf zur Beratung vor. „Keine Frage, jeder Meter würde uns guttun, aber es sind auch Posten aufgeführt, die unserer Meinung nach nicht akzeptabel sind.“ Odszuck erwähnte in diesem Zusammenhang das der Stadt gehörende sogenannte Basahäuschen, für dessen komplette Nutzung zwischen 300.000 und 400.000 Euro aufgerufen würden. „Das Gebäude gehört zwar uns, aber es steht auf Bahn-Gelände und die Bahn nutzt zurzeit noch einen Raum“, verdeutlichte der Baudezernent die aktuelle Situation. Für eine Nutzung etwa für eine angedachte E-Bike-Station bräuchte man jedoch das komplette Haus. „Aus unserer Sicht steht der finanzielle Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen.“
Bei allem Verständnis, nach all den Jahren der Diskussion endlich loslegen zu wollen, mahnte der Baudezernent mit Nachdruck zur Sorgfältigkeit: „Qualität geht vor Schnelligkeit!“ Diesen Ball aufgreifend, bemerkte SPD-Mitglied Klaus Pfeifer: „Ich stimme dem zu, dass man so schnell wie möglich bauen sollte, allerdings sollte man aus städtebaulicher Sicht die sich bietenden Chancen prüfen und nutzen!“ In Bezug auf das Bahnhofsgebäude selbst bestätigte der Baudezernent, man verhandele nach wie vor mit Interessenten. Zusätzlich erarbeite die Verwaltung derzeit ein Exposé, das voraussichtlich bis zu den Ferien vorliegen soll.
Antrag Projektsteuerung
Neben der geplanten Wohnbebauung „Schillergärten“ (siehe auch weiteren Bericht in dieser Ausgabe), diskutierten die Auschussmitglieder an diesem Abend noch über den gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und UBG, wonach Angebote eingeholt werden sollten über Schnittstellen- und Ablaufsteuerung zur Entwicklung des Quartiers am Bahnhof. Auch vor dem Hintergrund des mittlerweile feststehenden Weggangs von Erstem Stadtrat Jürgen Odszuck (parteilos) nach Heidelberg begründete Ausschuss-Vorsitzender Max-Werner Kahl (CDU) den Antrag damit, es gelte „die Chance professionelleren Handwerkszeugs rechtzeitig zu nutzen“. „Wir wollen zielgerichtet Projekte im Management durchführen, die sich finanziell negativ entwickeln könnten.“ Um die Aufgaben von Projektsteuerern näher zu erläutern, hatte man einen freiberuflichen Fachmann eingeladen.
Ein Vorgehen, das bei einigen der anderen Fraktionen heftiges Kopfschütteln auslöste. „Ich habe den Antrag aus Verständnisgründen mehrmals durchgelesen, bin aber immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass das ausschließlich als Tritt an Jürgen Odszucks Schienbein verstanden werden kann“, sagte Bündnis90/ Die Grünen-Vorstand Udo Keil unverblümt. Trotz dessen Wegzugs sei sicher dennoch genügend Kompetenz bei der Stadt vorhanden, um die weiteren Planungen voranzubringen. Ins gleiche Horn blies der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Volker Stumm: „Spontane Reaktion: Ist dies nicht das Tagesgeschäft der Stadtplanung? Und müsste dieser Vorstoß, diese Bitte um Hilfestellung, nicht aus dem Dezernat des Ersten Stadtrates selbst kommen, der ja auch sonst keine Hemmungen hat, uns zu sagen, wenn er dies oder jenes nicht im eigenen Hause leisten kann?“ Die Liberalen hielten die jährlichen Kosten von hochaddiert 20.000 Euro für „wer weiß wieviele Jahre“ nicht gerechtfertigt.
Der angesprochene Baudezernent meldete sich anschließend selbst zu Wort. „Zweifelsohne würde die Stadtplanung bei derzeit dünnerer Personaldecke punktuelle Unterstützung gut gebrauchen können, aber nicht ohne vorherige Klärung der Frage, wo Unterstützung am meisten Sinn machen würde.“ Seit Jahren habe man die beschriebenen Punkte des sogenannten magischen Dreiecks Qualität, Schnelligkeit und Kosten im Blick, zunächst mit Schwerpunkt Kosten, die im Rahmen geblieben seien. Unter Umständen vorstellbar wäre aus seiner Sicht ein kleines zusätzliches Budget für gezielt kleine Themen, wie etwa bahntechnische Fragen, für die man in der Verwaltung derzeit keinen Experten in den eigenen Reihen habe. „Eine weitere Schnittstelle zu schaffen, halte ich jedoch alles andere als für sinnvoll!“ Odszuck riet zur Modifizierung des Antrags während die KfB hingegen Kahls Sichtweise teilte, der externe Objektivität und Transparenz und mehr Dankbarkeit der Stadt für den Antrag einforderte.
Jürgen Odszuck sah das anders. „Alles ist dokumentiert und transparent, das ist unser Tagesgeschäft!“ Auch Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos), der während der kommenden Vakanz kommissarisch die Leitung des Dezernats 2 übernehmen wird, sah keinen Handlungsbedarf des geforderten Ausmaßes. „Es ist mitnichten so, dass nur Bürgermeister und Stadtrat bei uns arbeiten, wir haben ein hervorragendes Team, auf das wir vertrauen können.“ Sicher gäbe es Teilbereiche, wo externe Hilfe benötigt werden könne, aber „eine hier angedachte, auf Jahre angelegte Obersteuerung kostet viel Geld!“
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas (SPD) versuchte Wogen zu glätten. „Unsere Sorge war, dass das Projekt durch Jürgen Odszucks Weggang ins Stocken geraten könnte.“ Letztendlich verständigte man sich nach längerer Diskussion auf eine Modifizierung des Antrags.