Reger Austausch beim ersten deutsch-französischen Frühschoppen

Le Lavandous Bürgermeister Gil Bernardi (Mitte) und seine französischen Gäste zeigten sich nicht nur beeindruckt vom historischen Gasthaus „Adler“, sondern lauschten auch interessiert Kronberger Themen. Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Weil bereits im Vorfeld bekannt geworden war, dass die zum Kronberger Weihnachtsmarkt angereiste 34-köpfige Delegation aus der französischen Partnerstadt Le Lavandou einige Personen umfasste, die erstmals die Burgstadt besuchten, berücksichtigte dies der hiesige Partnerschaftsverein unter Vorsitz von Alfred Helm durch eine relativ spontane Erweiterung des üblichen Programms. Zum einen bot man Sonntagmorgen allen französischen Interessierten einen von Jean-Jacques Beyer-Weiss geführten Spaziergang durch die Stadt an, in dessen Verlauf markante Sehenswürdigkeiten in Augenschein genommen werden konnten. Zum anderen feierte im Anschluss ein deutsch-französicher Frühschoppen in historischem Ambiete Premiere. Der Gewölbekeller des von den Kronberger Familien Röder und Schulte-Hillen umgebauten und renovierten Restaurants „Adler“ bot den perfekten Rahmen für die Veranstaltung, die durch Ideengeber Alfred Helm mit einer kurzen Begrüßung eröffnet wurde. Anschließend skizzierte Bürgermeister Klaus Temmen die Bedeutung des geschichtsträchtigen Gebäudes, das sich im 19. Jahrhundert bis in das 20. Jahrhundert hinein als Stammlokal der Kronberger Künstlerkolonie zum Kulturzentrum entfaltete, spannte den Bogen mühelos zur französischen Künstlerkolonie Barbizon und über die in diesem Oktober in Kronberg stattgefundene euro-Art-Generalversammlung wieder zurück in die Gegenwart. Er unterstrich die Bedeutung Kronbergs als „nicht unbedeutender Wirtschaftsstandort in der Region“ etwa durch die hier ansässige Deutschlandzentrale von Procter&Gamble oder Unternehmen wie Accenture, Fidelity oder die japanische NGK Europe GmbH.

Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche dankte den Südfranzosen für ihren aktiven Beitrag zum Gelingen des Kronberger Weihnachtsmarktes und freute sich auf viele freundschaftliche Gespräche und den weiterhin regen und interessanten Austausch von Erfahrungen in Politik, Tourismus und Kultur. Mit Interesse verfolgten Deutsche und Franzosen gemeinsam die Ausführungen von Integrationsdezernent Hans Willi Schmidt, der die zweijährige Kronberger Flüchtlingsarbeit und damit verbundene Erfahrungen Revue passieren ließ. Von bisher hier angekommenen 190 Zufluchtssuchenden aus 16 Nationen seien mittlerweile 80 Personen als Asylberechtigte anerkannt, der Schwerpunkt der Integration liege weiterhin auf der Vermittlung von Sprachkenntnissen sowie der Beschaffung von Wohnraum und Arbeitsplätzen. Mit sichtlicher Freude las Schmidt den am Vortag bei ihm eingegangenen Brief eines Flüchtlings vor, der sich für die geleistete Unterstützung und die Schaffung einer neuen Lebensperspektive in Deutschland mit herzlichen Worten bedankte. Während die Kronberger durch ihr vorbildliches Engagement schon die Aufmerksamkeit von Rundfunk und Fernsehen auf sich zogen, ist Flüchtlingsaufnahme in dem kleinen Badeort an der Mittelmeerküste am Fuß des Massif des Maures im Département Var in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur bisher noch kein Thema.

Daher erschloss sich dem Großteil der französischen Gäste auch nicht die Herangehensweise der Burgstädter an diese Problematik, man zeigte sich davon ebenso beeindruckt wie von dem in fließendem Französisch gehaltenen Vortrag von Sven Schulte-Hillen, der einen kleinen Einblick in die Historie des Gasthauses und die von Hindernissen und Schwierigkeiten geprägten Baumaßnahmen gab.

Am Beispiel dieser Premieren-Veranstaltung wurden Flexibilität, Zusammenhalt und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ideen einmal mehr offensichtlich. Wie Partnerschaftsvereins-Vorsitzender Alfred Helm unterstrich, hatte der Gedanke eines Frühschoppens kaum Gestalt angenommen, als ihm während erster Gespräche schon Unterstützung sowohl durch die Gaststätten-Besitzerfamilien als auch dem Altstadtkreis signalisiert worden sei.

Von allen Beteiligten wurde diese Premiere als absolute Bereicherung empfunden. Ob sie künftig als deutsch-französische Veranstaltung fest im Programm integriert wird oder womöglich auch die anderen hiesigen Partnerschaftsvereine Interesse an dem Modell zeigen und der Staffelstab sogar jährlich weitergereicht wird, wird die Zukunft zeigen.



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