Der Taunus in der Literatur und Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts

Kronberg (aks) – Die Ansicht des Hochtaunus und Kronberg von Anton Radl schmückt den Titel des Vortrags „Zur literarischen und künstlerischen Entdeckung der Feldbergregion“, von Dr. Gerhard Kölsch, Kunsthistoriker in Mainz, der zuletzt maßgeblich an der viel beachteten Ausstellung „Rheinromantik. Kunst und Natur“ mitgearbeitet hat.

Seit etwa 1770 wurden der Hochtaunus und die landschaftlich reizvolle Gegend zwischen Kronberg und Eppstein von Wanderern, Literaten und Malern entdeckt und vielfach beschrieben und künstlerisch dargestellt. Dabei handelt es sich bis ins 19. Jahrhundert nicht um eine einheitliche Landschaft: Die Wälder, Weiden, Ackerflächen, Hügel und der Main waren vor 1800 politisch ein Flickenteppich. Erst nach den napoleonischen Kriegen und der Neuordnung Europas, spricht ab 1840 auch das gemeine Volk vom Taunus, erreichbar für viele mit der Taunusbahn. Bereits Goethe erwähnte die „Wanderungen nach dem Gebirge“, bei Sophie La Roche heißt das Gebirge „Taunus“.

Vor dieser Zeit war die Taunusregion durch Badeorte und Quellen in Wiesbaden, Ems und Langenschwalbach bekannt. Im 19. Jahrhundert erlangten dann auch das Kronthal und Weilbach als Kurorte mit Trinkkuren Berühmtheit. Die Badebetriebe waren ein einträglicher Wirtschaftszweig und sind schon früh auch in der Malerei dokumentiert, die frühesten datieren von 1620.

Im frühen 19. Jahrhundert erschien das umfassende und in seiner Versform anspruchsvolle Werk von Johann Isaac von Gerning, dem weltgewandten und weitgereisten Frankfurter Kaufmannssohn, Dichter und Schöngeist, „Die Heilquellen des Taunus (1814). Sein großes Vorbild Goethe hat er nur einmal in Frankfurt getroffen, ansonsten wurde er vom großen Dichterfürsten weitgehend ignoriert. Die Stiche stammen von Georg Schütz d.J., der seine Darstellung der Städte Wiesbaden, Soden, Ems, Langenschwalbach einer sehr stark idealisierenden Landschaftsmalerei angeglichen hatte. Von Gerning war Italien hier am nächsten: „Hier ist Italia Flur, hier blühen die Lusthaine Pomonas“.

Er ließ sich in Kronberg im berühmten „Türmchen“ nieder, das heute noch existiert. Die Gouache von Radl, 1804 zeigt das „Tauninum – mit blendender Aussicht“ wie es der Dichter nannte, und die alte Stadtmauer. Hier sieht man interessanterweise, dass der Turm vollkommen verputzt ist, das freigelegte Fachwerk, auch wenn es heute als pittoresk gilt, war damals nicht zeitgemäß. Die Bauweise sollte den Anschein erwecken als hätte man mit hochwertigen Backsteinen und nicht mit Holz gebaut. Auch wenn sich Goethe regelmäßig Kastanien aus Kronberg nach Weimar schicken ließ, besuchte er weder von Gerning noch das hübsche mittelalterliche Städtchen.

Ein anderes Werk stammt vom Pfarrer und Hobbyliteraten Anton Kirchner, der die „Ansichten von Frankfurt am Main“ verfasste und den Hochtaunus und die Taunusbäder dabei mit abhandelte. Die Illustrationen sind von Anton Radl, der seine Ansichten weniger verklärt und ein realeres Bild von Natur und Landschaft vermittelte. Generell verkauften sich die Aquarelle und Goauchen mit Landschaftsthemen hervorragend.

Mit der Verbreitung der Schönheit des Taunus in Literatur und Malerei begann auch ein zunächst zaghafter Taunus-Tourismus, der „Geniereisen und Gesellschaftstouren“ zum Feldberg beinhaltete. Wandern – das war die bewusste Auseinandersetzung mit der Natur, die gesellige Belange ebenso erfüllte wie zu weiteren Naturstudien antrieb.

1776 beschreibt Heinrich Sebastian Hüsgen, Kunstsammler und Freund Goethes, den Sonnenaufgang auf dem Gipfel des Feldbergs. Man brach bereits um Mitternacht auf, um die „ersehnte Morgenröte“ als überwältigendes romantisches Schauspiel zu erleben.

Auch der berühmte Kronberger Johann Ludwig Christ erklomm 1782 den Feldberg. „Ich war ganz Gefühl für die Natur und die Unterwelt war bei mir vergessen...“ Das Gefühl der Erhabenheit und Entrücktheit trieb die Wanderer an – man war der Größe Gottes ganz nah.

Die Wanderlust ergriff immer mehr Zeitgenossen, die „vergnügte Absichten“ pflegten. So herrschte allmählich immer mehr Trubel, nicht nur auf dem Feldberg, und wer des Wanderns müde war, der konnte sich auch mit dem Wagen auf die Höhen des Taunus fahren lassen – zu sehen in der Malerei von Adolf Schütz.

Auch vom jungen Goethe gibt es eine Zeichnung von 1765, die die Gegend von Altweilnau zeigt.

Ab 1802 schuf Friedrich Morgenstern 30 Radierungen malerischer Wanderungen auf den Altkönig, die an die „hollandisierende“ Landschaftsmalerei erinnern. Den Künstlern ging es vor allem um den idealen, pittoresken, friedlichen Eindruck, den die Natur in ihrem Werk vermitteln und den Betrachter zum Reisen bewegen sollte.

Der Landschaftsmaler Johann Caspar Schneider machte sich noch mit 70 Jahren auf eine mehrtägige Taunusreise. Von ihm stammen mehrere „Paysages intimes“, Landschaften und Städte in einer idealen arkadischen Verklärung.

Hohe Burgen, sanfte Täler, das waren beliebte Motive, die wahrgenommen, aber auch veredelt wurden. Die Natur selbst wurde hier zur Kunst.

Das Beispiel Anton Radls zeigt die ästhetischen Gegensätze des Lorsbacher Tal und der Ruine Falkenstein, auf der einen Seite friedlich grasende Kühe in einer harmonischen Landschaft und auf der anderen Seite die Burgruine als dramatisch erhabener Gegenpol. Die Chiffre einfacher ländlicher Sittlichkeit, die auch eine moralische Haltung in der Natur symbolisiert, ist zu dieser Zeit beliebt, auch in der Literatur: „...in altdeutschen Gebäuden wohnen die guten Menschen“. Der fromme (und friedliche) Ländler hat die (kriegerischen) Burgherrn längst überlebt.

Aus der Synthese und der Perspektive vom Kleinen zum Großen entstehen allmählich auch die Panorama-Ansichten, auch wenn hier klischeehaft die grünen Wiesen unten und die stolzen Burgen oben sind.

Jacob Philipp Hackert, berühmt für seine Italien-Bilder, bezeichnet Kronberg als die „schönste Gegend“ Deutschlands und vergleicht sie sogar mit Tivoli. Die Obst- und Kastanienbäume beeindruckten auch ihn.

1858 zog Anton Burger von Frankfurt nach Kronberg und gründete die Malerkolonie. Ein neues Zeitalter hatte begonnen, in der sich die Künstler um naturgetreue Darstellung der Landschaft bemühten – ohne Idealisierung. Dafür stellten sie ihre Staffeleien mitten in der Natur auf.



X