Eine unterhaltsame und bewegende Liebesgeschichte in Briefen

Norbert und Anne Nasse lasen im Malermuseum in der Villa Winter „Love Letters“ des amerikanischen Autors Albert Ramsdell Gurney Jr., der für dieses Theaterstück für den Pulitzerpreis nominiert wurde.
Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – „Love Letters“, Liebesbriefe, heißt das Theaterstück des amerikanischen Dramatikers und Autors Albert Ramsdell Gurney Jr., das Anne und Norbert Nasse Sonntagabend im Malermuseum in der Villa Winter vortrugen – ein Zwei-Personen-Stück, das in einem Briefe-Dialog zwei ganz unterschiedliche Lebenswege nachzeichnet und lebendig werden lässt.

Die da miteinander korrespondieren sind Melissa Gardner, Scheidungskind aus reichem Haus, und Andrew Makepeace Ladd III, aus weniger vermögendem, aber intaktem und glücklichem Elternhaus. In der gemeinsamen Grundschulklasse beginnen sie, einander Briefchen unter der Schulbank zuzustecken. Später trennen sich ihre Schulwege: Er wird auf ein Jungen-Internat geschickt, sie in eine Nonnenschule. Aber den Kontakt halten sie aufrecht, ihr Leben lang, obwohl nur er ein begeisterter Briefeschreiber ist, sie nicht.

Es ist unterhaltsam, aber auch bewegend zuzuhören, wie das charakterlich ganz unterschiedliche Paar miteinander umgeht, sich neckt, eifersüchtig auf andere Freundschaften ist, sich entwickelt und schließlich erwachsen wird. Andrew geht zunächst zur Marine, studiert später Jura, wird erfolgreicher Anwalt und schließlich Senator. Er heiratet und wird Vater dreier Söhne.

Sie fühlt sich zur Künstlerin berufen, hatte schon als Schulmädchen ihre Briefe gerne mit Zeichnungen versehen. Auch sie heiratet, bekommt zwei Töchter, wird dann aber wie zuvor schon ihre Mutter alkoholabhängig. Ihre Ehe geht in die Brüche, sie verliert das Sorgerecht für ihre Kinder und den Halt. Das einzige Konstante in ihrem Leben bleibt die Verbundenheit mit ihrem Kindheits- und Jugendfreund. Während sein Leben geradlinig verläuft, steuert ihres immer mehr ins Chaos. Als er schon erfolgreicher Politiker und Senator ist, werden die beiden so unterschiedlichen Persönlichkeiten doch noch ein Liebespaar. Doch nur für kurze Zeit und heimlich, ihr Glück und ihre Beziehung haben keine Zukunft. Nicht zuletzt daran und an ihrer Sucht, die sie nicht in den Griff bekommt, geht Melissa schließlich zugrunde. Der letzte Brief des Theaterstücks, sein Beileidsbrief an Melissas Mutter, in dem er erkennt und bekennt, wie sehr er Melissa von der ersten Begegnung in der Schulklasse an geliebt hat und wie wichtig sie in seinem Leben war, geht zu Herzen. Anne und Norbert Nasse verkörperten in ihrer Lesung überzeugend das Liebespaar, das nicht zueinander kommen kann, einfühlsam musikalisch begleitet vom Kronberger „Duo Saxodeon“, der Klarinettistin Maria Schaumberg und ihrem Mann, dem Akkordeonspieler Niko H. Lehmeier. Ein Abend, der noch lange nachklingt, zum Nachdenken anregt und gleichzeitig ein überzeugendes Plädoyer fürs Briefeschreiben.



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