Weihnachten bei Hempel‘s mit Augenzwinkern und viel Hessisch

Die Söhne verdrehen die Augen, Mutter Lisbeth schaut gestresst und die Oma denkt mitten in der Bescherung schon an den Schnaps Fotos: S. Puck

Kronberg (pu) – „Das Märchen von Weihnachten versucht man uns schon seit neun Jahren aufzutischen“, konstatiert einer der beiden Söhne einer „typischen Kronberger Durchschnittsfamilie“ lapidar, in deren weihnachtliche Gepflogenheiten die Gäste des Weihnachtlichen Mundartabends der 1. Kronberger Laienspielschar am vierten Advent im Recepturkeller einen amüsanten Einblick erhielten.

Getreu dem Motto „Alle Johr widder“ klopft der Weihnachtsmann auch dieses Mal wieder an die Tür der Familie Hempel, um zwischen dem musikalischen Traditions-Weihnachtsklassiker „Alle Jahre wieder“ und dem obligatorischen Gänsebraten die Bescherung vorzunehmen. Während der eisern auf die Traditionen pochende und vor Gemütsruhe strotzende Vater im Festtagsmodus angekommen ist und auch die Oma im Schaukelstuhl bereits den Schnaps vor Augen hat, rast die völlig gestresste Hausfrau Lisbeth noch im Sauseschritt zwischen Wohnzimmer und Küche herum, damit es der Familie an Heiligabend an nichts mangelt. Der als Weihnachtsmann verkleidete und Geschenke verteilende Onkel Hannes veranlasst die Söhne Karlchen und Paulchen spontan kopfschüttelnd die Augen zu rollen, – dem Alter, als sie noch an Christkind und Nikolaus glaubten, sind sie längst entwachsen. Doch der Vater zieht allen Beschwerden zum Trotz auch dieses Mal sein „Weihnachten bei Hempels“ durch und selbstredend handelt es sich seiner Meinung nach um eine „schöne Bescherung“. Oder doch nicht?

„Stop, halt, so geht das nicht! Da muss mehr drive rein und alles e bissi schneller“, hört man plötzlich aus dem Hintergrund die Stimme einer Regisseurin und schon fällt die Klappe für „Weihnachten II“ im Schnelldurchlauf in rekordverdächtigen zehn Sekunden. „Nächstes Jahr wird er die Geschenke faxen“, lässt der fassungslose süffisante Kommentar der Söhne nicht lange auf sich warten. „Ein bisschen mehr Empfinden und Gefühl“ verlangt die Regie postwendend und die Szene wird nun in der weichgespülten harmonisch-liebevollen Version in der „Hessischen Ausnahmefamilie“ gedreht. „Der Gans, der Ärmsten, wird es im Ofen ganz heiß geworden sein“, säuselt prompt Lisbeth und ihr Angetrauter lässt sich gar dazu herab, ,seiner Frau helfend das Tablett abzunehmen. Weihnachtliche Harmonie hin, weihnachtliche Harmonie her – „auf dieser Schmalzspur bin ich ja fast ausgerutscht, so geht es auch nicht“, lässt der bissige Kommentar der Regisseurin nicht lange auf sich warten. Demzufolge „Weihnachten die Vierte“, dieses Mal in einer „ausgewählten Durchschnittsfamilie. „Spielt so, wie es bei Euch zugeht ….“ Also zieht der Vadder die Hausschlabbe an und jammert über seinen Mordshunger und „nen Dorscht aach“, seine Frau explodiert, weil immer noch nicht der Tisch abgeräumt ist und die lieben Kinderlein nörgeln „Seit Jahren müssen wir den Blödsinn mit dem verkleideten Onkel mitmachen!“ Statt Gans kommt beim echten Kronberger Keste-Supp und Worscht auf den Tisch – es geht doch! Das Publikum im proppenvollen Recepturkeller belohnte diese unterhaltsame Darbietung mit herzlichem Applaus. Nicht minder gefielen die ausgesuchten Weihnachtslieder und Gedichte „uff Hessisch“, die „Alle Jahr widder“ einen kurzweiligen Adventsabend bereiteten. Das einstündige Programm bot die perfekte Mischung mal nachdenklich, mal festlich-feierlich und oft mit einem Augenzwinkern in die Weihnachtszeit einzutauchen. Und wie hieß es in einem Gedicht? „Im nächsten Jahr nehm ich mir Zeit, für Stille und Besinnlichkeit und dann fällt mir ein, das wollte ich doch schon letztes Jahr ….“

Weitere Artikelbilder



X