Ein Abend auf den Spuren der Hiledgard von Bingen

Die Benediktinerschwester Hiltrud Gutjahr berichtete sehr lebendig vom Leben und Wirken der Hildegard von Bingen. Foto: Wehle

Kronberg (gw) – Der Pfarrsaal der Kirche St. Vitus in Oberhöchstadt platzte aus allen Nähten. Der Vortrag „Was sagt uns die Kirchenlehrerin Hildegard heute“ im Rahmen der Ausstellung Hildegard von Bingen zog am Montagabend unerwartet viele Interessierte aus der Umgebung an, ja sogar von der Ruppertsberger Hildegard-Gesellschaft reisten einige Damen aus Bingen an.

Die quirlige Benediktinerschwester Hiltrud Gutjahr hatte einen Einblick in das Leben und Wirken der heiligen Kirchenlehrerin Hildegard vorbereitet. „So eine Fülle“ seufzte die Hildegard-Expertin mit sichtlichem Bedauern, weil sie ihr ganzes Wissen über die selbstbewusste Visionärin kaum in die kurze Zeit packen konnte. Das Staunen Hildegards über die Liebe Gottes, das überirdische Licht, das sie bereits im zarten Kindesalter sehen konnte und die Stimme Gottes, die ihr vom Feuer der Elemente kündete, aber ihr auch viel zumutete, all diese wundervollen Episoden aus dem segensreichen Wirken der heiligen Hildegard sprudelten nur so aus der zierlichen Nonne heraus, während sie lebhaft gestikulierend immer wieder zwischen ihrem Stuhl, dem Laptop und ihrem Platz vor dem Publikum wechselte. „Spreche ich zu schnell?“ fragte sie in die Runde, um aber schnell weiter zu erzählen: „Ganz schön aktuell“ seien die Visionen der legendären Seherin, die in ihrem unerschütterlichen Glauben sogar von Papst Benedikt und hochgestellten Kirchenvertretern bestätigt wurde. Heute würde man sie eine „Powerfrau“ nennen, denn Hildegard von Bingen war Klostergründerin, Äbtissin, Predigerin, Dichterin, Komponistin und bedeutende Mystikerin. Unermüdlich reiste sie durch die Lande und predigte Gottes Wort und ihre Visionen – zu damaliger Zeit eine undenkbare Aufgabe für eine Frau und zudem nicht ganz ungefährlich! So viel galt ihr Wort bereits damals, dass sie sogar Kaiser Barbarossa Ratschläge erteilte. Sie verfasste wichtige Bücher, unter anderem das Liber „Scivias“ (Wisse die Wege) oder „Das Buch der Lebensverdienste“ über die kraftvollen Tugenden und Laster und schrieb alles auf, was ihr in ihren Visionen offenbart wurde. Als Ordensfrau lebte Hildegard im Einklang mit der Natur und entdeckte die Heilkraft der Kräuter und der Steine, die für sie stets eine Wegweisung zu der unendlichen Liebe Gottes darstellten. Sie sah das lichtgrüne Herz in jedem und mahnte in ihren Schriften, dass der Mensch ohne Schöpfung weder leben noch bestehen kann, denn „die Grünkraft ist in allem“. Für Hildegard von Bingen lag Heilung ganzheitlich in der Freude und in der Liebe, in Verbundenheit mit dem Kosmos. Ganz nach dem großen Vorbild der heiligen Hildegard, ist es Sr. Hiltrud ein wichtiges Anliegen, die Menschen aufzurütteln und der Gottesvergessenheit entgegenzutreten. Auf die Frage, was die wichtigste Botschaft für sie ganz persönlich sei, antwortete sie nach kurzem Überlegen: „Oh Mensch, erkenne deine Würde“. Sie plädierte dafür, dass wir unsere Herzen öffnen für die Liebe Gottes, die jeder Mensch im Glauben findet, sofern er das möchte, denn jeder hat die Wahl.

Bei einem Gläschen „Herzwein“, ein gesunder Trunk aus Rotwein, Petersilie, Honig und Zitrone, natürlich nach dem Rezept der Hildegard von Bingen und zur Stärkung Dinkelbrothäppchen mit Galgant – einem wirkungsvollen Gewürz, das das Immunsystem stärkt, war Schwester Hiltrud umringt von zahlreichen Besuchern. Sie lieh jedem geduldig ihr Ohr und hatte für jeden ein gutes Wort und so traten die Zuhörer beseelt, gestärkt und inspiriert den Heimweg an. Veranstalterinnen Gudrun Becker-Schlünder und Anneliese Kreß von Maria Himmelfahrt im Taunus freuten sich über den regen Zuspruch und das große Interesse. Am kommenden Sonntag, dem 17. Mai werden in der Heiligen Messe um 9.30 Uhr Lieder von Hildegard von Bingen erklingen, die sehenswerte Ausstellung kann noch bis zum 18. Mai besucht werden. Informationen über die Abteikirche Eibingen unter www.abtei-st.hildegard.de



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