Wo andere Grenzen setzen, öffnet Kunst sie wieder –Martin Schmidt-Magins Expertenwissen ist gefragt

Dr. Martin Schmidt-Magin bei der Vorstellung des Buches zu Wolfgang Fries im Zeitungscafé Hermann Kesten in Nürnberg, der Heimatstadt des KünstlersFoto: Viola Mezera

Kronberg (hmz) – Als die Stadt Kronberg mit Unterstützung der Liselott und Klaus Rheinberger-Stiftung von der Galerie Opper einen bis dahin unbekannten Zyklus von 14 gerahmten Zeichnungen „Cronberger Historisches Bilderbuch“ des Malers Emil Rumpf für das Stadtarchiv erwerben konnte, wurde der Kunsthistoriker Dr. Martin Schmidt-Magin als Sachverständiger hinzugezogen, um deren Echtheit zu überprüfen. Sein fachmännisches Urteil war nicht zum ersten Mal in Kronberg gefragt, und da ist schon von Interesse, warum das so ist. Wer gefragt wird, vor allem dann, wenn es um Expertisen für wertvolle Kunstobjekte geht, muss sich zuvor einen Namen in der Kunstszene gemacht haben, die bekanntlich ebenso umkämpft ist wie der Kunstmarkt selbst. Im Gespräch mit Dr. Martin Schmidt-Magin hat sich seine Ambition und seine Verbindung zu Kronberg herauskristallisiert, die unerwartet ist. Er ist ein Spross der ehemaligen Oberhöchstadter Bäckerei Josef Schmidt & Söhne, die viele mit den Brötchen in Verbindung bringen, die am Sonntagmorgen auf so gut wie keinem Frühstückstisch fehlen durften.

Für ihn war klar, das Bäckerhandwerk war nicht seins, das Künstlerische dagegen schon – es blieb jedoch bei der Theorie. Der Wahlspruch der Bäckerei „Vater gibt Menschen das, was sie für das Leben brauchen: Brot“ trifft zu, doch die sprichwörtliche „brotlose Kunst“ wurde es bei seinem Sohn nicht, ganz im Gegenteil: Er hat rechtzeitig seine eigenen Talente erkannt und geschickt und kenntnisreich ein kleines, aber feines Netzwerk in Kronberg gesponnen. Mit Reisen und Verbindungen in europäische Hauptstädte, nach Chicago, New York und Seoul weitete er seine Beziehungen aus. Als promovierter Kunsthistoriker, ehemaliger Mitarbeiter in einem Auktionshaus und einer international agierenden Galerie sowie als selbstständiger Kurator, Kunstsachverständiger und Coach ist er auf Malerei, Skulptur und Grafik europäischer und nordamerikanischer Künstler und Künstlerinnen im Zeitraum 1870 (Gründerzeit) bis 1970 (Beginn der Pop-Art) spezialisiert. Es lag also auf der Hand, ihn bei der Standortwahl von „Atalante und Hippomenes“, den beiden Bronzeskulpturen im Schulgarten, hinzuzuziehen sowie für den Ritter Hartmut XII. von Cronberg, der den Gesamteindruck imposant prägt.

Schmidt-Magins Rat war gefragt, als es um den Nachlass von Fritz Best, einem angesehenen Bildhauer und Maler, ging, der sein gesamtes Oeuvre testamentarisch seiner Vaterstadt mit der Verpflichtung vermachte, in seinem Haus ein ihm gewidmetes Museum einzurichten. Zuletzt verwertete er Teile des Kunst-Nachlasses von Dr. Walther Leisler Kiep, der im Jahr 2016 in Kronberg verstorben ist.

Martin Schmidt-Magin pflegte enge Kontakte zu den unvergessenen Künstlern Georgi Takev und Hermann zur Strassen und widmet sich aktuell dem international bekannten Künstler Konstantin Totibadze, dessen Ausstellung er am 4. August im Badehaus in Bad Soden eröffnen wird. Dieser wird unter anderem seine riesigen Vasen zeigen. „In der roten ist die Urkraft des gesamten Universums vorhanden, in der weißen zeigt sich eine große Erhabenheit“, schwärmt der Kunstexperte, der seit dem Jahr 2004 selbstständig ist. Der Kunsthistoriker will mit seiner Tätigkeit „Transparenz in den vielschichtigen internationalen Kunstmarkt bringen. Seit über 25 Jahren begleite ich meine Kundinnen und Kunden erfolgreich in dem Wertmanagement ihrer Kunstwerke.“

Eine ganz besondere Ausstellung kuratierte er im Jahr 2016 im Kino CineStar Metropolis in Frankfurt am Eschenheimer Tor. Dabei ging es um osmanische Architektur in Deutschland und deutsche Architektur in der Türkei. „Es ist spannend, mit Menschen zusammenarbeiten, die Landesgrenzen überwunden haben, und zu sehen, wie sie mit deutschen Gewohnheiten umgehen. Was verbindet uns in der Gegenwart? Das herauszuarbeiten ist sehr reizvoll“, so Schmidt-Magin. Dazu passt seine Autorentätigkeit: In seinem Buch „Botschafter fremder Kulturen“ beschreibt er in Biografien das Leben dreier Persönlichkeiten zwischen Ostasien und Mitteleuropa, zwischen Korea und Deutschland.

Besonders schön ist sein Buch über Wolfgang Fries, einen Nürnberger Künstler, das er zusammen mit dessen Familie erstellt hat. Viele werden bereits ein Werk des Künstlers in den Händen gehalten haben: eine Blechschmucktruhe von Lebkuchen-Schmidt mit Motiven des Künstlers, heute begehrte Sammlerstücke.

Als er noch mit dem Begründer der Kronberg Academy, Raimund Trenkler, die Schulbank in der AKS drückte, wurde ihm im Kunstunterricht alle Freiheit gelassen, er wollte Künstler werden. Weil das nicht geklappt hat, ließ er sich, um Kunstwerke bewerten zu können, in den verschiedenen Techniken ausbilden, ohne jemals ernsthaft künstlerisch tätig zu sein. Heute lebt er in Dreieich-Buchschlag, besucht jedoch in regelmäßigen Abständen seine Mutter in Oberhöchstadt.

In seiner Promotionsschrift forschte er zum Verhältnis zwischen Johann Wolfgang Goethe und Johann Gottfried Schadow, einem der bedeutendsten Bildhauer des deutschen Klassizismus. Goethe hatte Schadow im Jahr 1797 durch seine Radierungen nach der Tänzerin Maria Viganò kennengelernt. Davon begeistert, bat er Schadow um Illustrationen zu „Hermann und Dorothea“, erhielt jedoch eine Ablehnung. Im Jahr 1801 setzten sich Goethe und Schadow hart auseinander, weil Goethe die Berliner Kunst verunglimpfte, worauf Schadow entgegnete, man möge nur beurteilen, was man kenne. Eine Devise, die Schmidt-Magin für sich verinnerlicht hat.



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