Kronberg (kb) – Es war eine besondere Exkursion für das Studienfach „Architekturpsychologie“ an der Universität Koblenz: Elf Studierende, ihre Dozentin, Privat-Dozentin Dr. Rotraut Walden, und eine Professorin im Schwerpunkt Umweltpsychologie vom Institut für Psychologie am Fachbereich Bildungswissenschaften, Dr. Eva Neidhardt, nutzten im letzten Wintersemester die Gelegenheit, im Casals Forum in Kronberg die Architektur zweier Konzertsäle zu besuchen.
2022 wurde dieses besondere Gebäude von der Kronberg Academy Stiftung erbaut und bietet heute Platz für die Ausbildung von 43 internationalen Musikstudenten und -studentinnen, deren Wunsch es ist, auf ihrem jeweiligen Instrument das höchste musikalische Niveau zu erlangen.
Ziel der Exkursion war es, die Gestaltung der Architektur und ihre Wirkung auf die Besucher aus architekturpsychologischer Sicht zu untersuchen. Die Architekturpsychologie beschäftigt sich mit der Wirkung von gestalteten Umwelten, so auch von Parks, Gärten, Städten, Gebäuden sowie deren Standorten und der Infrastruktur auf das Bewusstsein, Erleben und Verhalten von Menschen.
Bereits die Anreise nach Kronberg ließ erkennen, wie gut der Ort infrastrukturell durch die zentrale Lage im Rhein-Main-Gebiet angebunden ist: durch ein Hotel, Busse, die S-Bahn, Taxis sowie die Nähe zum Flughafen Frankfurt und zum Kronberger Bahnhof. Nach einem kurzen Fußweg vom Parkplatz erreichte die Gruppe das Casals Forum, dessen moderner Bau mit klaren Linien und großzügigen Freiflächen einen einladenden ersten Eindruck vermittelte. Der Große Konzertsaal selbst besticht durch seine klare Formensprache und die spürbare Liebe zum Detail, die sowohl Ästhetik als auch Funktion in den Vordergrund rückt.
Bei der Exkursion zur Kronberg Academy bekamen die Studenten einen umfassenden Einblick, wie die architektonische Gestaltung auf das Klangerlebnis der Besucher wirkt. Ein Interviewleitfaden, dessen Ergebnisse Marc Gräf noch zusammenfasst, half dabei, die Eindrücke systematisch festzuhalten. Die 13 Teilnehmer bewerteten, welche Elemente des Baus als besonders gelungen wahrgenommen wurden, an welcher Stelle Verbesserungspotenzial, wie zum Beispiel das Anbringen von Handläufen im Großen Saal und eine farbige Lichttechnik, besteht und welche innovativen Ansätze für zukünftige Projekte übernommen werden könnten.
Ein Konzertbesuch im Carl Bechstein Saal war ein Highlight der Exkursion. Besonders beeindruckend war die Akustik des Konzertsaals. Die Architektur des Gebäudes überzeugte zudem auch als Begegnungsort. Was der Gruppe auffiel: Die Konzerträume könnten nicht unterschiedlicher sein. So trafen die Studenten beim Carl Bechstein Saal auf einen „klassischen“ Konzertsaal und beim Großen Saal auf eine „organische“ Form eines Konzertsaals. Daneben staunten alle: Das Casals Forum ist frei von CO2-Emissionen, hat in beiden Sälen ein ausgeklügeltes Beleuchtungs- und Belüftungssystem.
Besonders dankbar sind die Teilnehmer dem Gründer und Intendanten Raimund Trenkler und Heino von Winning, Technischer Direktor des Casals Forums, der die Gruppe durch das Gebäude führte.
Bei ihrem Besuch in Kronberg bot sich für die Teilnehmer die wertvolle Gelegenheit, die Effekte von Architektur auf das Erleben und Verhalten von Menschen am Beispiel des Casals Forums zu erkunden. Die Dachform, Form des Gebäudes, Glasfassade mit zahlreichen Fenstern für Tageslicht; das Belüftungssystem, die Wärmepumpen; das Heiz- und Kühlsystem; die für die Instrumente wichtigen 21 Grad Raumtemperatur, 45 % Feuchtigkeit, Beleuchtungssystem, Holz und Beton als Baumaterialien; das Know-how der Architekten, Planer, Statiker und Handwerker, das zu einem besonderen Hörerlebnis durch optimale Akustik geführt hat, wurde von allen als gelungen wahrgenommen.
Das Seminar unter der Leitung von Dr. Walden verdeutlichte: Architekturpsychologie bietet spannende Ansätze, um Gebäude nicht nur als Bauwerke, sondern als Erlebnisräume zu verstehen – ein Thema, das auch in Zukunft an der Universität Koblenz in Metternich weitergedacht werden sollte.