Baufeld V am Bahnhof: „Perspektiven für Kronberg“ fordert weniger Bebauung, Grünstreifen-Erhalt und mehr P&R-Plätze vor Ort

Kronberg. – „Die Bürgergruppe „Perspektiven für Kronberg“ meldet sich zur weiteren Bahnhofsbebauung zu Wort. Nach ihrer Rechnung sei „durch die bisherige Bahnhofsbebauung „zirka 7.000 Quadratmeter Grünfläche verloren gegangen und ein CO2-Speicher von zirka 135 Tonnen vernichtet worden“. Ihr Sprecher Berthold Hackl erklärt: „Wir fordern, dass auf den restlichen Flächen am Bahnhof und andernorts in Kronberg ab jetzt sorgsam mit dem Baumbestand umgegangen wird. Der einzige noch verbliebene Baumstreifen am Bahnhof muss bleiben.“

Die für Schillergärten (Baufeld VI) und Kopfende des Bahnhofs (Baufeld II) gewählte Bebauung habe dazu geführt, dass der vormalige Baumbestand einem kompletten Kahlschlag zum Opfer fiel, darunter sehr großvolumige Bäume an der Ecke Schillerstraße und langjährig gewachsener Bestand in den Schillergärten. „Diese Fläche war der größte zusammenhängende Grünflächenbestand zwischen Viktoriapark und dem unteren Westerbachtal und Teil des im Regionalen Flächennutzungsplan ausgewiesenen Regionalparkkorridors“, erklärt die Bürgergruppe. „Es geht um insgesamt gut 11.000 Quadratmeter, von denen mindestens zwei Drittel begrünt waren“, rechnet er vor. Mindestens 7.000 Quadratmeter seien begrünt gewesen. „Wenn man davon nur die Hälfte annimmt, weil es nicht durchgängig Wald, sondern auch größeres Gebüsch war, bleiben immer noch ein CO2-Speicher von 135 Tonnen und eine jährliche Speicherung von fast 5 Tonnen CO2 – das entspricht einer jährlichen Neutralisierung von mehr als 40.000 km mit einem Mittelklassewagen, die plötzlich verschwunden ist!“, kritisiert die Gruppe „Perspektiven für Kronberg“. „Und: das geschlagene Holz belastet die Atmosphäre mit dem Äquivalent von über einer Million km mit einem Mittelklassewagen – oder 115 km mit jedem Kronberger Pkw!“, betonen sie. Diese Begrünung sei unwiederbringlich vernichtet, weil nahezu die gesamte Fläche mit Tiefgaragen unterirdisch versiegelt worden sei. Im ASU am 22. Oktober habe man nun vernommen, dass man sich über die passenden Bäume Gedanken macht. „Das Problem dürfte sein, dass auf einer Schicht Erdreich über einer Betondecke und ohne Grundwasseranschluss keine Bäume in den Himmel wachsen“, so Bertold Hackl. Gleichzeitig rede der beauftragte Gartenarchitekt Enzo Enea davon, dass er „frischen Wind in die Diskussion hineinbringen“ will, von Referenzen zu keltischen Ringwällen und „ein bisschen Zen“, und die Politik findet das alles „überwiegend positiv“ (Kronberger Bote 7.11.2019), merkt Hackel für die Bürgeriniative an und fragt: „Das gesamte Grün und 135 Tonnen CO2-Speicher vernichtet, durchgehende Betondecken eingezogen, absolut nichts getan für eine Entspannung des Wohnungsmarktes, die verkehrliche Situation verschärft, zweifelhafte Neu-Vegetation vorgeschlagen – was ist daran positiv?“

Dieser „CO2-Speicher, Staubfilter, Hitzesenker und Wasserspeicher“ sei jedenfalls verloren. Dabei sei der letzte Punkt sehr relevant für alle Bewohner des Westerbachtals, weil das gesamte Gebiet über den Winkelbach/Westerbach entwässert wird – mit ab jetzt viel weniger Versickerung aufgrund der Versiegelung. „Es gab bereits im Sommer 2018 bei den Anwohnern massive Wasserschäden durch übergelaufene Siele und Bäche, damals waren Schillergärten und die grünen Teile von Baufeld II aber noch unversiegelt. Es kann nicht sein, dass nun ungehindert weitere Wassermassen ins System rauschen und das Risiko für die Anwohner erhöhen – die Frage an die Stadt ist, wie die Rückhaltevolumina kalibriert sind, um Extremwetterlagen standzuhalten“, so Hackl.

Es ginge darum, weiteren Schaden zu verhindern: „Das Bahnhofsgebiet kann bebaut werden, aber nicht in dem bisher vorgesehenen Ausmaß!“, fordern „Perspektiven für Kronberg“, außerdem soll der letzte „überlebende Grünstreifen entlang der Ludwig-Sauer-Straße erhalten werden.“

Folgende Punkte fordern sie bei allen zukünftigen Bauplanungen ein:

• Keine Fällungen für Neubauten mehr ohne klimatologische Analyse – wieviel CO2 wird freigesetzt, wieviel CO2 -Bindekraft pro Jahr geht verloren, wie viel weniger Sauerstoff wird produziert?

• Desgleichen jeweils die Analyse der Auswirkungen auf den Wasserhaushalt – Speicherung, Versickerung, Grundwasserstand, Entwässerung.

• Bei jedem Neubauvorhaben eine verkehrliche Analyse, verbunden mit dem Ziel, massive Anreize für die Nutzung des ÖPNV zu setzen.

Diese Punkte würden für die weitere Bahnhofplanung (Baufeld V) bedeuten: mehr statt weniger P&R-Plätze vorzuhalten und die Idee, P&R nach Kronberg Süd zu verschieben, aufzugeben, schlussfolgert Hackl für die Bürgerguppe. „Wenn man S-Bahnfahrer zwingt, sich erst in den Stau auf der Frankfurter Straße einzureihen und dann noch zweimal die Schranke an Süd zu passieren, wird das Passagieraufkommen sinken, nicht steigen“, argumentiert er und fragt: „Gibt es eine unsinnigere städtbauliche Planung? Eine Unterminierung des ÖPNV kann doch nicht das Ergebnis der Kronberger Bahnhofsneuplanung sein.“

Die formulierten Maximen müssten bei allen noch anstehenden Kronberger Bauprojekten angewandt werden – sei es am Bahnhof, der geplanten Flüchtlingsunterkunft am Grünen Weg, Altkönigblick oder an anderen Stellen, fordert die Perspektive abschließend. Hackl: „Bisher sehen wir Lippenbekenntnisse und den offenkundigen Unwillen, die Konsequenzen der Stadtplanungsaktivitäten ganzheitlich zu benennen, stattdessen das scheibchenweise Schaffen von vollendeten Tatsachen. Wenn wir keine spürbare Wende hin zu einer Baupolitik schaffen, die den ökologisch herausragenden Charakter von Kronberg bewahrt, werden die Mittel, die wir als Kronberger Bürger für die unbefristete neue Klimamanager-Stelle aufbringen werden, nur der Verschleierung einer nicht nachhaltigen Politik dienen und rausgeschmissenes Geld sein.“ Hackl weiter: „Es ist unfair, die Bewahrung der ökologischen Werte von Kronberg gegen den Bau von weniger teurem Wohnraum auszuspielen. Es war eine politische Entscheidung, zwischen Bahnhof und Schillerstraße null Wohnraum zu bauen und auf den Schillergärten teure Stadtwohnungen unter Opferung des gesamten Grünbestands. Man hätte auf diesen 11.000 Quadratmetern auch Wohnbebauung in aufgelockertem Stil bauen können. Dasselbe gilt für den Rest des Bahnhofsareals – wir müssen Bebauung und Bewahrung des Grüninventars vereinbar machen und bei der Art der Bebauung darauf achten, dass die Energieverschwendung minimiert wird“, meint er und erklärt abschließend: „Im Gegensatz zu sehr vielen anderen deutschen Kommunen sehen wir in dieser Richtung bisher absolut keine Aktivität, und wir haben aus der Unwirksamkeit der bisherigen Aktivitäten zur Rettung von Baumbestand gelernt, dass wir sehr viel energischer und tatkräftiger agieren und mobilisieren müssen.“ (mw)



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