Gemeinsames unkonventionelles Singen und Begegnen beim „Evensong“ in der Johanniskirche von Kronberg Fotos: Göllner
Ein tatsächlich sympathisches Veranstaltungsduo: Katrin Glenz und Harald Eggert
Kronberg (mg) – Inmitten der Kronberger Altstadt will es die Gunst der Stunde, dass man nun jeden ersten Mittwoch im Monat einer schönen britischen Tradition nachkommen kann. In der attraktiv gestalteten Kirche St. Johann bittet die Sängerin Katrin Glenz gemeinsam mit Harald Eggert am Klavier zum „Evensong“ und interpretiert diesen neu. Das aus den Gottesdiensten in England bekannte gemeinschaftliche Singen ist ein aus der traditionellen Vesper-Andacht hervorgegangener abendlicher Lobpreis und findet auch in Deutschland immer mehr Publikum. Ohne die klassischen Rituale eines Gottesdienstes können sich hier alle Menschen treffen, um gemeinsam für in etwa eine halbe Stunde singend den Tag ausklingen zu lassen. Am 1. November um halb sechs Uhr abends war Premiere in Kronberg. Der an sich nicht sonderlich häufig zur Kirche gehende Redakteur betritt in etwa eine Viertelstunde zuvor mit seiner dem christlichen Glauben weitaus zugewandteren Tante das stimmungsvolle Kirchengebäude und nimmt in der achten Reihe Platz. Vorne ist völlig unkompliziert und zweckdienlich ein Klavier aufgestellt. Daneben ein Hocker, ebenso puristisch. Ungefähr zehn Menschen unterschiedlichen Alters sind bereits anwesend und verteilen sich auf verschiedenen Bänken und in diversen Reihen. Auch größere und kleine Kinder sind anwesend. Neben der angenehmen Ruhe, die Kirchengebäude nun einmal ausstrahlen, existiert dennoch eine gewisse Lebhaftigkeit. Es wird miteinander geredet, sich begrüßt, auch umarmt. Ab und an tritt ein Lachen zu Tage und immer mehr Menschen kommen in St. Johann an und verteilen sich nach und nach gleichmäßig, so dass am Ende beziehungsweise zu Beginn des „Evensongs“ rund 45 Menschen gespannt warten. Katrin Glenz ist auf den ersten Blick eine zarte Person, sobald sie jedoch beginnt zu sprechen und mit ihrer Mimik das Publikum einzufangen, tritt eine unaufdringliche, gleichzeitig kraftvolle Stärke zu Tage. Mit quirliger Freude erklärt sie lächelnd, was es mit der Tradition des Evensongs auf sich hat und dass man sich heute unter anderem mit Variationen von „Stille Nacht, heilige Nacht“ beschäftigen werde. In der ersten Pause meldet sich Emilia euphorisch zu Wort und steht währenddessen auf. Sie ist in etwa vier oder fünf Jahre alt und möchte Katrin Glenz – und auch allen anderen mitteilen –, dass sie bei einer Stelle beim Singen zuvor „einfach gerne hüpfen wollte“. Das wäre auch kein Problem, denn beim Evensong, wie ihn Katrin Glenz interpretiert, darf man auch völlig frei durch die komplette Kirche laufen und muss nicht an seinem Platz in der Reihe stehen bleiben. Bewegung ist erwünscht, man wird geradezu niederschwellig motiviert, dem nachzukommen, wenn einem danach ist. Man muss aber nicht. Und so laufen, während die Menschen singen, mehr oder weniger alle Beteiligten im nächsten Teil der halben Stunde auch durch das Kirchenschiff. Verschiedene Lieder und einige musikalisch interpretierte Psalmen werden an diesem Abend genutzt, einige davon münden in einem stimmungsvollen Kanon. „Das habt ihr super gemacht“, ruft Katrin Glenz einige Male und Kollege Eggert am Klavier nickt zustimmend. Die entstandene Atmosphäre ist nach Ansicht der Redaktion sehr wohl in der Lage, auch skeptischere Menschen zu überzeugen. Es rührt und berührt in jedem Fall, wenn ohne großen Zwang Menschen gemeinsam in St. Johann singen. Man verlässt das Gebäude entspannter und in gelockerter Stimmung. In der Tat kann der „Evensong“ ein angenehmer und sich lohnender Ausklang des Tages sein. In England überträgt die Radioanstalt BBC übrigens seit dem Jahr 1926 jede Woche einen „Choral Evensong“. Er wird meist live auf BBC Radio 3 gesendet. Die Live-Übertragung erfolgt häufig aus einer Kathedrale oder Universitätskirche der Church of England, ab und an jedoch auch aus einer anderen Kirche irgendwo auf der Welt. Vielleicht wird auch einmal ein Evensong aus Kronberg auf den britischen Radiowellen transportiert? Das wäre doch was. Wer ist die Person, die es so unaufdringlich und gleichzeitig sanft mitreißend schafft, Menschen zum gemeinschaftlichen Singen zu bringen? Und wer ist der Mann, der sie gekonnt und unterstützend am Piano begleitet? Katrin Glenz, alias KAT., singt ansonsten ihre eigenen, in Songs verarbeiteten Geschichten genauso wahrhaftig und mitreißend wie Songs der Pop- und Rockmusik. Die Künstlerin veröffentlichte mehrere eigene Alben, mit denen sie im Vorprogramm von Laith al Deen und Pink auftrat. Sie tourte mit Musicals durch die ganze Welt, war Backgroundsängerin für Lutricia McNeal, T.M. Stevens oder Johnny Logan und sang große Werbeproduktionen für Volvic, Schöfferhofer, Tempo oder Ferrero. Außerdem ist Glenz seit 15 Jahren Solistin für die Crossover-Produktionen der Neuen Philharmonie Frankfurt und seit dem Jahr 2021 auch für das Capitol Symphonie Orchester Offenbach. Harald Eggert studierte Klavier an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt. Als Pianist bewegt er sich sowohl interpretierend als auch arrangierend in sämtlichen Genres von Klassik bis Jazz stilsicher und einfühlsam und spielt mit unterschiedlichsten Künstlern mitreißende Konzerte.
Neben der Möglichkeit, den Evensong zu erleben, werden Katrin Glenz und Harald Eggert auch beim Adventskonzert am 9. Dezember den Abend gestalten. Mit einem Programm aus alten Weihnachtsliedern und aktuelleren Songs wie beispielsweise Stücken von Joni Mitchell nähern sich Künstler und Publikum in diesem Konzert Weihnachten. Wer also in die richtige Stimmung kommen oder einfach eine besinnliche und zugleich auch vergnügte Zeit mit Musik genießen möchte, wäre dort an der richtigen Stelle. Das Konzert findet im Rahmen des Kronberger Weihnachtsmarkts statt, ist kostenpflichtig und beginnt um 18 Uhr in der Johanniskirche. Karten können in der Kronberger Bücherstube erworben werden oder online über einen Link, den man auf der Internetseite der Johanniskirche findet: www.stjohann-kronberg.de. Das Konzert basiert auf der CD „Wie soll ich Dich empfangen“ von Katrin Glenz. Wer sich zuvor eine Kostprobe anhören möchte, kann dies bei spotify oder auf www.wiesollichdichempfangen.de tun.
Emilia wollte beim Singen irgendwann auch hüpfen, vermutlich Freudensprünge.