Der Countdown läuft – am 1. November ist Bürgermeisterwahl

Kronberg (cz/mw) – Spätestens am 1. November ist es so weit, die Kronberger haben die Wahl – man könnte auch sagen, die Qual der Wahl, denn immerhin müssen sie sich entscheiden, zwischen drei für dieses Amt durchaus qualifizierten Kandidaten.

Bisher haben sich Informationen der Stadt zufolge schon rund 3.000 Bürger für einen Kandidaten entschieden, dem sie das oberste Amt der Stadt ab 1. Dezember für sechs Jahre anvertrauen wollen. Sie haben – gerade in Zeiten wieder stark ansteigender Covid-19-Zahlen eine gute Alternative – von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht (siehe weiteren Bericht) und bereits ihren persönlichen Favoriten für das Amt des Bürgermeisters gewählt.

Gewählt ist übrigens, wer mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erhalten hat. Da drei interessante Bewerber um das Bürgermeisteramt angetreten sind, dürfte es spannend werden, denn: Entfällt auf keinen Bewerber mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen, findet zwei Wochen nach der Bürgermeisterwahl eine Stichwahl statt, zu der die beiden Bewerber zugelassen sind, die bei der ersten Wahl die meisten Stimmen erhalten haben. Auch dann sind für eine Wahl mehr als 50 Prozent der gültigen Stimmen erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, wer Bürgermeister von Kronberg wird.

Doch bevor es so weit ist, können sich die noch Unentschlossenen von unserem Blick auf die Kandidaten nach einem Besuch bei ihnen Zuhause inspirieren lassen.

Wem nach den Podiumsdiskussionen, bei denen schon viele wirtschaftliche Fragen gestellt wurden, noch weitere thematische Fragen unter den Nägeln brennen, der sei außerdem auf die Homepage des Aktionskreises Lebenswerte Altstadt (www.altstadtkreis-kronberg.de/presse) verwiesen. Der Verein hat ein umfangreiches Interview mit allen drei Kandidaten, Kristina Fröhlich (FDP), Christoph König (unabhängig, unterstützt von SPD, Grünen und UBG) und Andreas Becker (CDU) geführt und viele interessante Fragen gestellt, deren Antwort einen zusätzlichen Blick auf die Persönlichkeiten hinter den drei Namen erlauben.

Dort ist beispielsweise bei der Frage, „Was unterscheidet Sie von Ihren Mitbewerbern? Was können Sie besser?“ nachzulesen, dass Kristina Fröhlich von sich sagt: „Ich stehe dafür, Dinge von A bis Z durchzuziehen, nicht nur zu diskutieren.“ Sie liebt „das Vielfältige“, arbeitet gerne konzeptionell, kann aber auch anpacken, wie sie verrät und mit Beispielen aus ihrer Lehr- und Studienzeit untermauert. „Ich liebe klare Worte, leite am liebsten bunt zusammengewürfelte Teams und suche immer große Herausforderungen – genau diese Eigenschaften möchte ich für Kronberg einsetzen“. Und Andreas Becker. Was ist dazu von ihm zu lesen? Er möchte „die Bewertung“ seiner Mitbewerber lieber den Bürgern überlassen. Becker sieht seine Stärken in der Führung einer Verwaltung, die er „als Dipl. Verwaltungsfachwirt und Betriebswirt von der Pike auf gelernt“ hat. Und was unterscheidet Christoph König von seinen Mitbewerbern? Der Richter bringt seiner eigenen Überzeugung nach – auch aufgrund seines beruflichen Hintergrundes – „persönliche Unabhängigkeit“ mit. „Ich bin engagiert, höre zu und kann Menschen zusammenbringen und motivieren“, sagt er von sich.

Blick hinter die Kulissen

Kristina Fröhlich, Andreas Becker und Christoph König haben in den vergangenen Wochen in zahlreichen Veranstaltungen und Presseveröffentlichungen ihre persönlichen und politischen Vorstellungen zu dem von ihnen angestrebten Amt des Bürgermeisters kundgetan. Vorstellungen, die manchmal gar nicht so weit voneinander entfernt scheinen. Nun hat der Kronberger Bote mal einen Blick „hinter die Kulissen“ gewagt und die drei Kandidaten zuhause besucht, um abseits politischer Positionen den jeweiligen Menschen in seinem familiären Umfeld kennenzulernen.

Zu Gast bei Beckers

Draußen zum ersten Mal, gefühlt seit einem halben Jahr, ungemütlich-nasses Herbstwetter, drinnen bei Familie Becker empfängt mich gemütliche Wärme. Aus der offenen Küche duftet es lecker und der Tisch ist bereits gedeckt. Ehefrau Simone, Sohn Maximilian, genannt Maxi und Andreas Becker – alle drei leidenschaftliche Köche, wobei Maxi seine Funktion eher als „Küchensklave“ beschreibt – haben eine echt hessische, köstliche „Kästesupp“ gezaubert.

„Zugegebenermaßen nicht aus Kronberger Kastanien“, entschuldigt sich Andreas Becker, der schon als kleiner Bub in den Oberhöchstädter „Fichten“ – so nennen sie die Kastanien – Käste gesammelt hat. Überhaupt spielt dieser Ortsteil Kronbergs eine große Rolle im Leben des Bürgermeisterkandidaten. Bereits im jungen Alter von 22 Jahren engagierte er sich als Stadtverordneter beziehungsweise als Mitglied im Ortsbeirat Oberhöchstadt, was ihn zum jüngsten Stadtältesten kürte.

Allein diese Tatsache führte dazu, dass seine Familie von seinem Wunsch, Bürgermeister zu werden, nicht besonders überrascht war. „Für mich fiel diese Entscheidung, über die wir in der Familie natürlich gesprochen haben, mit Ansage“, erzählt Simone Becker. „Seit wir beide uns kennen, ist mein Mann mit Leidenschaft Stadtpolitiker.“ Auch Maxi trägt‘s mit wohlwollender Fassung. Da er in Königstein zur Schule geht, stolpert er auch nicht andauernd über Wahlplakate mit dem elterlichen Konterfei und in seiner Klasse ist die Kandidatur auch kein großes Thema. Natürlich wird sich das Leben der Familie Becker nach einem Wahlsieg verändern.

„Eine feste Größe in unserem Familienleben war und ist das gemeinsame Abendessen, und daran wird auch nicht gerüttelt“, konstatiert Simone Becker, die als Stadtkämmerei-Leiterin in Bad Homburg tätig ist. In der Regel fangen alle Abendveranstaltungen um 20 Uhr an, so die Erfahrung. „Das sollte also in der Regel klappen“, hoffen Mutter und Sohn, die nur ungern allein am Abendbrottisch sitzen.

„Das wurde in unseren Elternhäusern auch immer so gehalten“, so Andreas Becker, der, sofern die Wahl auf ihn fällt, Wert darauf legt, einen direkten Kontakt zu den Bürgern zu pflegen.

Ehefrau Simone lacht: „Es ist doch schon jetzt fast unmöglich, in der Stadt mal zügig von A nach B zu kommen, dauernd trifft er Bekannte oder Bürger sprechen ihn auf ,ganz dringende‘ Themen an.“ Soviel zum Thema Privatsphäre. Becker sieht das gelassen. Sein Vorbild ist der ehemalige Bürgermeister Rudolf Möller. „Der lief regelmäßig mit Stift und Block in der Hand durch Kronbergs Straßen, besuchte die Einzelhändler und hörte sich die Fragen und Beschwerden der Bürger an.“ Bürgernähe und Präsenz, das ist ihm wichtig. Dazu gehört auch der Kontakt zu Kronbergs Partnerstädten. Nach Le Lavandou reist die Familie regelmäßig, nur dieses Jahr machte Corona ihnen einen Strich durch die Rechnung. „Einzig Aberystwyth steht noch auf meinem zukünftigen Besuchsprogramm.“

Falls er neben diesem, natürlich während des Wahlkampfes noch vollerem Programm Zeit übrighat, liest Andreas Becker gerne Krimis mit lokalem Bezug – am liebsten Nele Neuhaus –, kocht mit einer festen Freundesgruppe oder geht ins Kino. „Das ist schon immer eine meiner Leidenschaften.“ Dabei erinnert er sich gerne an die Zeiten als Vorsitzender des Stadtjugendrings und die gemeinsam mit dem Kronberger Kino organisierten Open-Air Veranstaltungen. „Als wir einmal ,Titanic‘ auf dem Gelände des Kronberger Schwimmbads zeigten, musste ich anschließend etliche Besucher aufwecken“, lacht er, der überhaupt einen guten Sinn für Humor hat und sich auch nicht zu schade ist, mit der Ape, einem umgebauten Vespa-Kleinsttransporter, ausgestattet mit Wahlwerbung, im Schneckentempo zu irgendwelchen Wahlkampfterminen zu tuckern. „Voll peinlich“, findet das allerdings Sohn Maxi!

Zu Gast bei Königs

Auch er ist ein Oberhöchstädter Bub – wohnt allerdings mittlerweile im Kronberger Süden mit seiner Frau Elina und den Kindern Jakob und Ida. Der ehemalige Wehrführer der Oberhöchstädter Feuerwehr kann sich noch gut an ihren Umzug aus dem Ortskern erinnern. „Ausgerechnet an einem Fastnachtsdienstag, da brauchte es etwas Geduld, war aber eigentlich ganz lustig“, erinnert sich der Jurist, der als Richter für Familienrecht, Betreuungsrecht und Nachlass am Königsteiner Amtsgericht tätig ist. In diesem Zusammenhang betreut König neun Pflegeheime – fünf davon in der Burgstadt – sowie die Neurologische Klinik in Falkenstein. Und das mit wahrer Leidenschaft. „Ich kenne wenig Menschen, die ihren Beruf so gerne und mit so viel Herzblut ausüben, wie mein Mann“, stellt Elina König fest.

„Aber ich hoffe einfach, dass ich meinen nächsten Beruf noch lieber mache“, verriet der potenzielle Bürgermeister neulich der Taunus Zeitung. Vor sechs Jahren wäre er noch nicht so weit gewesen, da waren die Kinder noch zu klein. Ehefrau Elina arbeitet als Grundschullehrerin in Frankfurt-Bockenheim, er ist eher flexibel und quasi vor Ort ,wenn’s mal brennt und kann auf diese Weise viel Zeit mit seinen Kindern verbringen, was ihm auch sehr wichtig ist. „Die tägliche Morgenroutine ist sein Job, während ich schon unterwegs nach Frankfurt bin“, so Elina König. Inzwischen sind die Kinder 11 und 14 Jahre alt, haben eine gewisse Selbstständigkeit erreicht, und so steht seinem Wechsel in die Politik nichts mehr im Wege.

„In dem Moment, als Klaus eine weitere Kandidatur ausschloss, fing‘s bei mir an zu kribbeln“, verrät König. „Wenn nicht jetzt, wann dann? In sechs Jahren bin ich zu alt.“ So gerne er seinen Beruf ausübt, so sehr kann er sich auch vorstellen, jetzt noch mal etwas ganz Neues anzufangen. Auf die Unterstützung seiner Familie kann er jedenfalls bauen: „Das ist eine tolle Herausforderung für meinen Mann“, freut sich Elina König, die allerdings nicht so genau einschätzen kann, was eigentlich von ihr erwartet wird. „Bürgermeister-Frau ist schließlich kein Beruf, den habe ich bereits.“

Jeder Bürgermeister präge sein Amt, jeder setze andere Prioritäten, und vielleicht müsse sich auch das Amt den sich ändernden Zeiten anpassen. Angesichts der gelebten Gelassenheit im Hause König besteht kein Zweifel, dass ihnen diese Adaption nicht gelänge.

„Ich werde jedenfalls keine Kopie von Klaus Temmen und auf keinen Fall jemals das Thäler-Kerbelied anstimmen“, verspricht Christoph König lachend. Man müsse versuchen, seinen eigenen Weg zu gehen und sich das Rathaus im Laufe der Zeit „erarbeiten“.

Schon jetzt findet er es „total spannend“, mit welchen Problemen und Anregungen die Bürger auf ihn zukommen. „Eine ältere Dame machte mich zum Beispiel darauf aufmerksam, dass viele Bänke in Parks und im Wald für Senioren zu niedrig seien, was das Aufstehen erschwere oder gar unmöglich mache.“

Gerade aber durch die räumliche Nähe und die Erreichbarkeit kann dies natürlich auch ein überforderndes Ausmaß annehmen. „Klar werde ich mich mit den Themen und Problemen, die an mich herangetragen werden, auseinandersetzen, um mögliche Lösungen aufzutun, aber man kann es bekanntlich nicht allen recht machen.“ Und das müsse man dann auch so kommunizieren, so König, der ein Befürworter der 1999 eingeführten kommunalen Direktwahl ist. „Die Person ist entscheidend, es geht hierbei nicht um Parteietiketten oder eine Farbe“, betont der Kandidat, der von SPD, UBG und Bündnis/Grünen unterstützt wird. Das Wohl der Gesamtheit der Bürger sei entscheidend und das über jegliche Parteigrenzen hinaus.

Zu Gast bei Fröhlichs

Im Gegensatz zu ihren männlichen Mitbewerbern lebt Kristina Fröhlich erst seit zehn Jahren in der Burgstadt. Damals wurde ihr Mann nach Frankfurt versetzt und die beiden entschieden sich für Kronberg als ihre neue Heimat. Mittlerweile wohnt das Ehepaar mit den drei Kindern Lilia, Frederik und Charlie mitten in der Altstadt.

Das war nach 13 Jahren Ausland zunächst gewöhnungsbedürftig, aber inzwischen genießt die Familie die unbestreitbaren Vorteile des Lebens auf der Gass. Als neulich einmal Frederik unauffindbar war und nach einiger Zeit des Suchens selbst eine Kristina Fröhlich langsam nervös wurde, kam ihr Mann auf die Idee, doch mal in der Stadtbücherei nachzufragen. Und tatsächlich, da war er, im „erweiterten Wohnzimmer der Fröhlichs“ und las seelenruhig ein Buch.

„Wir sind angekommen“, strahlt Christina Fröhlich, die in dem Blick von außen auf die Stadt und ihre Themen übrigens einen unschätzbaren Vorteil sieht. „Das erweitert einfach den Horizont, ich habe gesehen, wie man woanders und unter anderen Voraussetzungen Probleme angeht“, konstatiert die gelernte Industriekauffrau, die nach einem Studium der Wirtschafts- und Sozialgeschichte in London und Cambridge als selbstständige Unternehmensberaterin tätig ist. Zuhause teilt sich das Ehepaar die Aufgaben: Während Thorsten Fröhlich den Kindern Frühstück macht und die Pausenbrote schmiert, braucht Kristina Fröhlich erst einmal einen großen Kaffee, bevor sie loslegt. Nachmittags fährt Taxi Mama zum Saxophon-Unterricht oder zum Fechten und holt anschließend Nesthäkchen Charlie von der Kita ab.

Mit Politik ist sie schon von Kindesbeinen an vertraut, ja sie wuchs praktisch im Rathaus auf, denn ihr Vater war Bürgermeister von Altena im Sauerland. Politik war immer ein Gesprächsthema, und es wurde dementsprechend viel diskutiert in ihrem Elternhaus. „Ich habe immer den Mund aufgemacht, zu meiner Meinung gestanden“, so Kristina Fröhlich, die sich köstlich über die Reaktion ihres Vaters auf ihre Kandidatur amüsierte. „Wie soll das denn klappen als Mutter von drei Kindern?“, fragte er. Das fragt der Richtige, ihre Antwort. Aber natürlich ist der Beruf des Bürgermeisters noch immer eine Männer-Domäne. Nach einer Studie „Women in politics“ aus dem Jahr 2019 steht in nur 11,4 Prozent aller deutschen Kommunen eine Frau an der politischen Spitze.

Da ist ein Umdenken gefragt, so Kristina Fröhlich, das Amt müsse sich zukünftig den Veränderungen in der Gesellschaft anpassen. Für sie persönlich bedeute das unter anderem flexiblere Arbeitszeiten, ein offenes Büro, in dem auch ihre Kinder vorbeikommen könnten sowie drei verplanbare Abende in der Woche für städtische Verpflichtungen. Der Rest gehört der Familie, die sich inzwischen an den Gedanken, eine Bürgermeisterin zur Frau und Mutter zu haben, gewöhnt hat. Lilia, die Älteste ist, mit Ida König zur Grundschule gegangen, die beiden finden es ganz cool als „Kandidatentöchter“. Frederik will später selber Bürgermeister werden, und Ehemann Thorsten reagiert wohlwollend-verhalten.

Kristina Fröhlich sieht sich, so sie denn die Wahl gewinnt, nicht als „oberster Heeresleiter“, sondern vielmehr als „Teamleiter“ im Rathaus. Das erfordere natürlich eine gründliche Kenntnis der innerstädtischen Abteilungen und deren Abläufe sowie der dort tätigen Mitarbeiter. „Deshalb würde ich zu Beginn meiner Amtszeit zunächst in allen Abteilungen mitarbeiten, um die Entscheidungsprozesse kennenzulernen“, so Fröhlich, die für ihre unkonventionellen Ideen bekannt ist. Das Dach für das Waldschwimmbad zum Beispiel erntete zunächst Kopfschütteln und Gelächter. „Ich habe gelernt, eine Idee ist immer erst einmal eine gute Idee. Ob sie am Ende besteht, wird sich zeigen, aber man muss die Diskussion darüber zulassen und nicht gleich zumachen, weil es derlei noch nie gegeben hat.“

Ein seltenes Bild während des hektischen Wahlkampfs: Ehepaar König am Esstisch bei einem gemütlichen Cappuccino. Ihre Kinder Ida und Jakob waren anderweitig beschäftigt.

Foto: Zitzewitz

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