Kronberg – Zum Thema „Bebauungsplan Bahnhofstraße / Bleichstraße“ lud der Magistrat nach Angaben des FDP-Ortsverbands die Stadtverordneten am 18. März zu einer digitalen Sondersitzung ein.
Wie die Liberalen berichten, waren die Stadtverordneten besonders gespannt auf die versprochene Visualisierung. Bestand doch so die Möglichkeit, ein klares Bild über die Proportionen der geplanten Baukörper gegenüber des Hotels am Bahnhof und gegenüber des Casalsforums (also auf dem Areal des früheren Kronberger Hofs) zu erhalten. So hätte man vergleichen können, wie sich das gemäßigtere, vom Magistrat beschlossene Konzept gegenüber dem von Erstem Stadtrat Siedler favorisierten verhält, welches höhere Stockwerkszahlen vorsieht. Diese höhere Verdichtung begründete Robert Siedler mit der Abwehr möglicher Schadensersatzansprüche seitens der Grundstücksbesitzer im Bereich des beabsichtigten Bebauungsplans.
Nach Ansicht fast aller Fraktionen, so die FDP, sei die Visualisierung aber wenig aussagefähig gewesen. Dazu Fraktionsvorsitzender Walther Kiep: „Das Ergebnis war ernüchternd: zweidimensionale Zeichnungen aus lediglich zwei Blickrichtungen. Das war Alles.“ Ärgerlich sei auch, dass die gezeigten Relationen nicht stimmten.
Die eingezeichneten Personen in Relation zu den Gebäuden seien viel zu groß (mit einer Körpergröße von 2,70 beziehungsweise 2 Metern bei einem Kind), was erst auf Nachfrage bestätigt worden sei. „Peinlich! Auch wurden Bäume eingezeichnet, die es dort gar nicht gibt, die aber ebenfalls über die tatsächliche Höhe der Gebäude täuschen konnten“, kritisiert Kiep.
Zunächst aber hätten die Schadensersatzbefürchtungen von Baudezernent Siedler zu einem heftigen Schlagabtausch mit Vertretern fast aller Fraktionen geführt über die Frage, wozu denn die Stadtverordnetenversammlung überhaupt einberufen würde, wenn die Bürgervertretung vor drohenden Schadenersatzansprüchen einknicken müsse, obwohl sie doch ihrem Gestaltungsauftrag bei städtischen Baumaßnahmen nachkommen müsse.
Folgendes sei nach den Worten der Kronberger Liberalen jedem Stadtverordneten deutlich geworden:
- Es bestehe ein eklatanter Unterschied, ob mit oder ohne Bebauungsplan geplant wird. Auf der einen Seite steht eine sorgfältige Detailuntersuchung – gerade auch im Bereich Klimaschutz – inklusive der Einbeziehung der Bürger, auf der anderen Seite eine Entscheidung des Ersten Stadtrats mit dem gummiweichen Argument, etwas wäre „städtebaulich vertretbar“.
- Wollen wir unser Stadtbild erhalten, müssen wir auch die Möglichkeit gerichtlicher Auseinandersetzungen mit Grundstückseigentümern in Kauf nehmen, die natürlich meist die maximal mögliche Verdichtung verfolgen.
- Der Beschluss der Stadtverordneten, 17 Bebauungspläne wieder in Kraft zu setzen, sei der einzige Weg, die Stadtentwicklung geordnet statt willkürlich zu planen.
Kiep weiter: „Eigentlich ist es die ureigenste Aufgabe des Ersten Stadtrates, Beschlüsse des Magistrats umzusetzen. Das beinhaltet natürlich auch die Pflicht, auf mögliche Rechtsrisiken hinzuweisen, aber auch darzulegen, wie man dem begegnen könne. Weiterhin hätte man auch über die mögliche Höhe des Schadensersatzanspruches informieren können. Weder das eine noch das andere ist geschehen.“
Man habe in der Sitzung beinahe den Eindruck gewinnen können, als ob der Erste Stadtrat gar kein Interesse hätte, nach Lösungen zu suchen für den erkennbaren Wunsch der Stadtverordneten nach geringerer Bauhöhe. Die von Vielen vorgebrachten juristischen Lösungsansätze habe er gegenüber seiner Sicht der Risiken nicht gelten lassen.
Walther Kiep: „Ich will sehr hoffen, dass der Erste Stadtrat nicht versucht, wie in diesem Beispiel, den Beschluss der Stadtverordneten über die Wiederaufstellung der 17 Bebauungspläne zu Fall zu bringen. Das würde der Stadt nämlich den aufwendigen Prozess der Aufstellung eines Bebauungsplans ersparen. Allerdings würden sich die Stadtverordneten zusammen mit den Bürgern das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen und so einer unkontrollierten Verdichtung Vorschub leisten.“
Die FDP stimmte am gestrigen Mittwoch für den Magistratsantrag mit niedrigerer Bauhöhe, da dieser aus ihrer Sicht im Interesse des Stadtbildes noch vertretbar sei und die Interessen der Grundstückseigentümer ausreichend berücksichtigt. (pu)