Haben die Kronberger am Landstein mitgemischt?

Die Ruine der Wallfahrtskirche „Unsere liebe Frau zum Landstein“ erstrahlt nach aufwendiger Restauration in neuem Glanz – eine einst bedeutende kirchliche Wegmarke mit möglicher Verbindung zur Adelsfamilie Kronberg. Foto: Hochtaunuskreis

Kronberg (war) – Seit August letzten Jahres erstrahlt sie wieder in neuem Glanz nach mehrjähriger umfassender Restauration: Die Ruine der einstigen Wallfahrtskirche „Unsere liebe Frau zum Landstein“, kurz „Landstein“ genannt. Insbesondere förderte Landrat Ulrich Krebs die Restaurierung der historischen Anlage. Dabei wurde auch die Erforschung der markanten kirchlichen Wegmarke im Weiltal unterhalb des Ortes Treisberg intensiviert. Über die neuesten diesbezüglichen Erkenntnisse referierte Gregor Maier, Leiter des Fachbereichs Kultur und des Kreisarchivs des Hochtaunuskreises in Bad Homburg, kürzlich in seinem spannenden Vortrag auf Einladung des Kronberger Geschichtsvereins in der Villa Winter und das nicht ohne Grund, denn die Kronberger Adelsfamilie „mischte“ vor rund 650 Jahren am Landstein wohl kräftig mit.

Dürftige historische Quellenlage

Im ersten Teil seines Vortrags ging Maier auf die Historie des Landsteins ein, wobei er betonte, dass leider nur wenige stichfeste geschichtliche Quellen vorliegen. Zunächst überrasche die Größe des Gotteshauses, dessen wahre Dimension erst wieder in den letzten Jahren durch die archäologische Ausgrabung unter Leitung des renommierten Burgforschers Dr. Joachim Zeune zum Vorschein getreten sei. Die Wallfahrtskirche sei weit größer als die Gotteshäuser der umliegenden Gemeinden gewesen, so Maier. Ihre erste eindeutig gesicherte Erwähnung geht auf das Jahr 1500 zurück. Dort heißt es in einer Schrift vom 17. Juni, die sich heute im Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden befindet, dass Gottfried IX. von Eppstein-Münzenberg „zu dem landsteynn in der Kirchenn“ eine Messe stiftete, die jeden Samstag zu lesen war. Diese Aussage zeigt, dass schon vor 525 Jahren ein Gotteshaus am Landstein existiert haben muss, ohne zu wissen, wann es zuvor genau entstanden ist. „Das noch stehende Westwerk mit dem beeindruckenden Turmstumpf wird aktuell auf das Ende des 15. Jahrhunderts datiert“, grenzt Maier ein. Finanziert wurde die gestiftete Messe laut der Archivalie durch den Verkauf von Korn der Landsteiner Mühle. Diese Donation war zugleich mit einem Marienpatrozinium verbunden, erfolgte sie doch gemäß der Urkunde „zu der eren gottes uund seiner liebenn mutter der hochgeloptenn Konigin vol aller gnaden“.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts setzte dann eine kurze Blütezeit am Landstein ein. Rasch kamen eine Reihe weiterer Stiftungen und so genannter Verschreibungen – eine Art Schuldbrief – hinzu, die immerhin zeitweilig 20 Gulden laut erhaltenem Rentbuch in toto ergaben. In Kronberg lag dieser kirchliche Betrag in jener Zeit nur bei 7 Gulden. Eine Inventarliste von 1519 bezeugt zudem eine stattliche Ausstattung der Wallfahrtskirche – darunter befinden sich neben einem Marien-Gnadenbild vier Altäre, weiterhin zahlreiche wertvolle Messgewänder und -bücher sowie sakrale Gerätschaften.

Mit dem Einzug der Reformation endete die Hochphase der Marienwallfahrt am Landstein jedoch abrupt. Da die Kirche dem Bistum Trier unterstand, war die alte Römerstadt an der Mosel zu weit entfernt, um die Etablierung des neuen Glaubens am Landstein zu verhindern. „Der damals aktuelle Besitzer des Landsteins, Ludwig von Stolberg-Königstein, führte zudem 1540 in seiner Grafschaft den lutherischen Glauben ein, was das Ende der Pfarrei in Treisberg samt Wallfahrt mit sich brachte“ führte Maier weiter aus. 1556 wird der Landstein schon als „verwüstete Kirch“ bezeichnet und 1577 die einst stolze Wallfahrtskirche im Weiltal als baufällig, das heißt ohne Türen sowie Glocken, erwähnt. Recycling war damals schon sehr verbreitet und ist keine Erfindung unserer Zeit, denn viele der hochwertigen Baumaterialien wurden von der Ruine am Landstein abgezogen und wiederverwertet. So langten die Bauleute, welche gerade die neue Stadtpfarrkirche in Usingen errichteten, eifrig am Landstein zu. Auf die Säulen aus Miltenberger Mainsandstein waren sie besonders scharf.

70 Jahre Kronberger Pfand

Die eingangs erwähnten archäologischen Ausgrabungen unter Zeune haben jedoch ergeben, dass die heutige Ruine einen Vorgängerbau wohl aus dem 14, Jahrhundert hatte, der nunmehr die Edlen von Kronberg laut Maier „ins Spiel“ bringt, denn zu dieser Zeit war der Landstein in kronbergischem Besitz und das kam so zustande: Das bei Kelkheim gelegene Kloster Retters war quasi das Hauskloster der Herren von Eppstein. Die Mönche aus Retters hatten den Landstein 1272 von den Herren von Eppstein als den damaligen Besitzern geschenkt bekommen. Kloster Retters wiederum verpfändete den Ort Treisberg samt dessen Gericht inklusive dem dazugehörigen Landstein aus finanziellen Gründen knapp hundert Jahre später im Jahr 1369 an den vermögenden Frank VII. von Kronberg, der mit Loretta von Reiffenberg verheiratet war, für 200 Gulden.

Zu dieser Zeit wollten die Kronberger wohl ins Weiltal expandieren. Dazu passt, dass sie in jener Zeit auch Teile von Altweilnau, Wehrheim und Langenbach bei Weilmünster erwarben. Treisberg samt dem Landstein verblieben bis 1441 im Pfandbesitz der Kronberger, um dann wieder von den Eppsteiner als ursprüngliche Besitzer ausgelöst zu werden. Gerade im 14. und 15. Jahrhundert betrieb die inzwischen pekunär sehr potente Adelsfamilie aus Kronberg einen regen Bau von kirchlichen Einrichtungen. Dazu zählten beispielsweise die Johanniskirche in Kronberg neben der Antoniuskapelle im Ruthardshain oberhalb des heutigen Bürgelstollens.

„Vor diesem Hintergrund würde es durchaus Sinn machen, dass Frank VII. seiner neuen Herrschaft im oberen Weiltal ebenfalls durch ein Kirchenbau oder durch die Erweiterung eines älteren Gebäudes Ausdruck verschaffte.(...). Der Blick ins 14. Jahrhundert ist also der Blick in die Blütezeit der Herren von Kronberg. Aber dennoch: Ob die Kirche am Landstein tatsächlich ein Zeugnis dieser Blütezeit ist, das muss bis auf Weiteres leider auf Grund des bedauerlichen Fehlens von entsprechenden Quellen eine Vermutung bleiben, bietet aber reichlich Stoff für künftige Forschungen“, so das Resümee.



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