Leserbrief

Unse
r Leserin Elke Lischke, Talweg, Kronberg, schreibt über Kronberg
Folgendes: „Liebes Kronberg, heute möchte ich dir mal insgeheim verraten, worüber ich schon recht lange nachdenke. Ich verstehe es einfach nicht. Ich bin unendlich traurig darüber, wie du kleines, hübsches Städtchen dich verändert hast. Hast du in der letzten Zeit mal in den Spiegel geguckt? Nimmst du eigentlich wahr, wie heruntergekommen, ja, verlottert du stellenweise aussiehst? Stellenweise. Versteh‘ mich bitte richtig! Nicht überall. Aber leider doch signifikant.

Dabei haftet dir noch immer der Ruf legendärer Schönheit an. Du warst nicht nur bei den Malern beliebt, du bist es auch heute noch bei ehrgeizigen Musikern, fröhlichen Besuchern deiner Märkte, tüchtigen Immobilienkaufleuten ... .Vor knapp 60 Jahren hat ein Kind in einem Gedicht geschrieben: „Alle wollten ein Häuschen im Grünen, doch das Grüne wurde grau ...“ Ja, grau bist du geworden, du Perle des Vordertaunus, und ja, Grünes sieht man auch (noch). Aber es ist ein trügerisches Grün. Es ist das Grün von Gebück (Hoffentlich hast du nicht vergessen, was das ist!). Dich umgibt eine hässliche, gefährliche Dornenhecke. Du bist zu einem Dornröschenschloss geworden. Das meine ich nicht nur symbolisch. Deine Dornenhecke besteht tatsächlich aus wild und ungehemmt wuchernden Brombeeren, Brennnesseln und Bäumen, die manche Weglaterne düster einhüllen. Viele deiner romantischen Spazierwege müssen die Wanderer sich erst frei schneiden. Deine Bäche kann man nur noch hören, vorausgesetzt, die Ohren sind nicht zugestöpselt. Klar, da sind schließlich die Bienen und anderen Insekten! Aber, mal ehrlich, zu denen bist du so, wie du bist, ja nicht freundlicher. Insekten akzeptieren die Alternativen „vermüllter Wildwuchs“ contra „stylisch elegant gestaltete Flächen aus weißem Kies, grauen Flusskieseln, anthrazitfarbenem Split und schwarzem Schotter“ ganz bestimmt nicht. Sie suchen sich die schönen, lebendig blühenden und mit Bedacht gepflegten Gärten. Wetten? Apropos Pflege: Hast du mal nachgeschaut, ob nicht in deinen verfilzten Zottelhaaren Läuse sitzen?

Bist du nicht auch der Ansicht, dass man das, was man liebt, gut behandeln, hegen und pflegen sollte? Wie ist es da mit deiner Selbstachtung, du Städtchen, das schon immer auch den Reichen und Schönen, ja, sogar einer Kaiserin, gefiel?

Lass bitte nicht länger zu, dass diejenigen, die dich heute aus-/machen, dich einerseits übertrieben aufdonnern, aber andererseits krasse Schmuddelecken schönreden, um sie letztlich sich selbst zu überlassen. Lass dich nicht missbrauchen von denen, die unter Pflege schönheitschirurgische Brustkorrektur, Facelifting, Botox-Lippen und schrille Perücken verstehen.

Fordere energisch eine milde, aber gründliche regelmäßige Pflege deines Äußeren. Die hast du verdient. Die ist man dir schuldig. Und: Diese Pflege kostet bestimmt keine 58,5 Millionen Euro.

Nein, nimm sie nicht in Schutz! Die, die dich aus-/machen, können für deine angemessene Pflege sehr wohl sorgen. Eigentlich! Schließlich beschäftigen sie auf ihren Privatgrundstücken ja auch Gärtner.

Sehr besorgt, aber herzlich grüßt dich Elke Lischke.



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