Leserbrief

Unser Leser Martin Freise, Grüner Weg, Kronberg, nimmt mit einem Blick in die Historie unter der Überschrift „Lob des Kirchenschlafs“ Bezug zur Titelgeschichte „Time to say Goodbye: Pfarrer Blechschmidt verlässt Pfarrei Maria Himmelfahrt im Taunus“, veröffentlicht im Kronberger Boten von Donnerstag, 23. Juli: In seiner Ausgabe rühmt der Kronberger Bote den scheidenden katholischen Pfarrer Blechschmidt für seine Predigten, die viel zu spannend gewesen seien, „als dass jemand im Auditorium den Wunsch verspürte einzuschlafen“, und urteilt: „das will etwas heißen“. In der Tat! Denn es soll ja Menschen geben, die am Gottesdienst gerade die Möglichkeit schätzen, dort sanft vor sich hinzudämmern oder gar zu schlafen – wie schon einst Lieselotte von der Pfalz, die Gemahlin Philipps von Orléans, des Bruders Ludwigs XIV.

Die schrieb am 19. März 1693 an die Kurfürstin Sophie, ihre Tante in Hannover: „Ich kann unmöglich predigen hören, ohne zu schlafen, und eine Predigt ist ein recht opium vor mich. Ich hatte einmal hier einen starken Husten und war drei Nächte gewesen ohne ein Aug zuzutun, da fiel mir ein, dass ich als in der Kirch schlaf, sobald ich predigen oder Nonnen singen höre; fuhr derowegen in ein Kloster, wo man predigen sollte. Die Nonnen fingen aber kaum an zu singen, da schlief ich ein und schlief die drei Stund über, dass das office währte; welches mich ganz wieder erholte. Hieraus sehen E.L. (Euer Libden), dass ich nicht weniger den Segen habe, in der Kirch zu schlafen, als E.L. und I.G. (Ihro Gnaden) mein Herr Vater selig gehabt hat.“

Und am 13. Februar 1695 wieder an die Kurfürstin Sophie: „Es ist eine große Ehre, in der Predigt an des Königs Seite zu sitzen, allein ich möchte gerne die Ehre einem andern überlassen, denn I.M. (Ihro Majestät) wollen mir das Schlafen nicht erlauben. Sobald ich einschlaf, stößt mich der König mit dem Ellenbogen und macht mich wacker, kann also weder recht einschlafen noch recht wacker werden, und das tut einem wehe im Kopf.“ (zitiert nach: Lieselotte von der Pfalz, Briefe. Hg. von Annedore Haberl, Carl Hanser Verlag und Langewiesche-Brandt 1996, Seiten 164 und 188).



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