Mit nachhaltigen Konzepten wird am „Wald der Zukunft“ gearbeitet

Oberhalb des Waldschwimmbades: Blick in den Kronberger Stadtwald. Stürme, Trockenheit, Hitze und Borkenkäfer haben dort sichtlich ihre Spuren hinterlassen. Es gibt eine Menge Handlungsbedarf. Fotos: Puck

Kronberg (pu/kb) – Laut Waldzustandserhebung 2020 des Bundesministeriums haben die vergangenen drei Dürrejahre, der massive Borkenkäferbefall, Stürme und vermehrte Waldbrände in den Wäldern langfristig massive Schäden angerichtet. Die vorliegenden Ergebnisse zählen zu den schlechtesten seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984, die meisten Bäume haben lichte Kronen.

Davon ist auch der Kronberger Stadtwald nicht ausgenommen. Der Kronberger Bote berichtete bereits vor exakt einem Jahr über die bedrohliche Gesamtlage. Im Februar gab der stellvertretende Forstamtsleiter des Königsteiner Forstamts, Sebastian Gräf, im Rahmen einer Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) einen neuerlichen Überblick zum Status quo und den vom Landesbetrieb HessenForst entwickelten nachhaltigen modernen Konzepten zur Zukunftssicherung. „Nachhaltigkeit ist in aller Munde, aber die wenigsten wissen, was das im forstwirtschaftlichen Sinn bedeutet“, hob Gräf heraus. Des Weiteren hatte er als gute Nachricht für die Kronberger im Gepäck: „Manche Kommunalwälder sind fast entwaldet, aber nicht der Stadtwald Kronberg!“

Nichtsdestotrotz: „Erst kam im Januar 2018 Friederike, dann folgten Hitze und Trockenheit, und fortan reihte sich Kalamität an Kalamität – nun bereits drei Jahre in Folge.“ Insgesamt gehen die Experten davon aus, dass Jahre mit Wetter-Extrema im fortschreitenden Klimawandel immer häufiger auftreten.

Wissenschaftliche Grundlagen

Umso dringender entwickelt HessenForst Konzepte für den Umgang mit den Schadflächen, denn hier sollen möglichst bald wieder Bäume wachsen und das Treibhausgas CO2 speichern. Das notwendige Handeln fußt auf wissenschaftlichen Grundlagen. Die Fachleute entscheiden demnach im Fall jeder Schadfläche individuell, welche Mischung von Baumarten in der besten Kombination von aktiver Nachpflanzung und natürlicher Aussaat am sichersten und schnellsten zu einem zukunftsfähigen Wald führt. Allein 2020 habe HessenForst fünf Millionen Bäume gepflanzt.

Entstehen soll ein vielfältiger, widerstandsfähiger und anpassungsfähiger Wald, der gleichzeitig auch in Zukunft hochwertiges Trinkwasser sowie den nachhaltigen Rohstoff Holz liefert und den Bürgerinnen und Bürgern Erholung bietet. Der Fokus liegt bei den Schadflächen auf einem künftigen Mischwald mit mindestens drei unterschiedlichen klimastabilen Baumarten, von denen jede Art mindestens zehn Prozent Anteil am Waldbestand hat.

„Wir setzen auf Risikostreuung. Wir wissen nicht genau, wie sich das Klima entwickeln wird und welche Baumarten sich unter welchen Klimabedingungen tatsächlich als widerstandsfähig erweisen werden. Das hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit von Nährstoffen und Wasser am jeweiligen Standort ab“, so Gräf.

Die Ausgangssituation für die Wiederbewaldung sei ebenso vielfältig wie der Wald von morgen. Die jeweils standortgerechte Strategie von HessenForst gründet im Prinzip auf drei Elementen:

Die Natur machen lassen

Überall dort, wo bereits aktuell rund um eine Schadfläche Bäume stehen, die auch in ihrer Mischung im Klimawandel standortgerecht sind, lassen die Forstleute der Natur freien Lauf. Die unterschiedlichen Mutterbäume liefern Samen für die nächste Waldgeneration. Je kleiner die Fläche ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass es aus dem umliegenden Mischwald zum Samenanflug in der gewünschten Vielfalt und Qualität kommt.

Wiederbewaldung auf ganzer Fläche

Damit der Wald von morgen nicht so aussieht wie der von gestern, werden insbesondere große Kahlflächen, auf denen bisher fast ausschließlich Fichten standen, neu begründet. Ohne aktive Pflanzung wüchsen dort sonst wieder risikobehaftete Fichten. Die neuen Bäume sind Eichen, Ahorne, Linden, aber auch Tannen und Douglasien. Eichenpflanzungen sind besonders aufwendig und teuer. Zäune sind oft noch nötig, um Reh- und Rotwild fernzuhalten. Die jungen Bäume müssen jahrelang immer wieder freigeschnitten, die Zäune auf Schäden kontrolliert werden.

Ergänzen, damit es vielfältig wird

In einem ehemaligen Fichtenwald hat sich laut Gräf hier und da bereits die neue Waldgeneration aus Birken, Lärchen und Fichten eingefunden. Aber an manchen Stellen tue sich die natürliche Verjüngung schwer. Hier helfe HessenForst nach und ergänze beispielsweise mit Douglasien, Weißtannen oder Buchen, damit der Wald der Zukunft klimarobuster wird.

Gefahren

Der stellvertretende Forstamtsleiter warnte außerdem vor aktuellen Gefahren beim Waldspaziergang. Besonders die in Hessen weit verbreitete Buche leide unter dem Wassermangel. „Man sieht den Bäumen auf den ersten Blick nicht immer an, dass sie schon absterben. Wir schauen ganz genau hin. Manchmal sind die Kronen der Bäume noch grün, aber am Stamm platzt die Rinde ab. Das ist kein gutes Zeichen.“

Den Forstleuten bleibt dann nur, die Bäume zu fällen. Blieben sie stehen, müssten Wege und Wälder für die Erholungssuchenden gesperrt werden, weil der Aufenthalt unter den absterbenden Bäumen einfach zu gefährlich wäre.

Doch gerade momentan zieht es viele Menschen in die Wälder, um einfach mal frische Luft zu schnappen und den Corona-Alltag hinter sich zu lassen. „Jeder, der sich unter absterbenden Bäumen aufhält, begibt sich in Gefahr“ so Gräf weiter, „das gilt natürlich auch für die Menschen, die im Wald arbeiten.

100.000 neue Bäume

Bei sonnigem Frühlingswetter begannen jüngst die Pflanzarbeiten im Forstamt Königstein. Insgesamt sollen bis Ende des Monats über 100.000 neue Traubeneichen, Linden, Hainbuchen, Douglasien und andere Baumarten in den vom Forstamt betreuten Forstbetrieben gepflanzt werden. In den Kommunalwäldern erfolgt die Wiederbewaldung mit Hilfe von staatlichen Fördergeldern.

Dort werden zu den Kulturen Waldränder mit selteneren Baumarten wie Elsbeere, Mehlbeere und Vogelkirsche angelegt, um zahlreichen Insekten und Kleinsäugern Schutz und Nahrung zu geben und die Artenvielfalt in den Beständen zu erhöhen. Dass die Pflanzung klappt, hängt nicht nur vom Regen der nächsten Wochen ab. Forstpflanzen sind gerade ein knappes Gut und im ganzen Land stark nachgefragt. HessenForst setzt nur hochwertiges, zertifiziertes und zugelassenes Pflanzmaterial ein. „Immerhin legen wir jetzt den Grundstein für mindestens die nächste Waldgeneration. Unsere Enkel werden uns das Setzen auf Qualität danken“, sagte Gräf.

Er lädt Waldbesucher ein, sich auch vor Ort ein Bild zu machen. „Wir freuen uns über das große Interesse am Wald und an unserer Arbeit und beantworten Fragen gern! Aber wenn Sie eine Absperrung sehen, gehen Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit bitte nicht weiter.“

Vor den Forstleuten liegt eine Mammutaufgabe. All die Flächen mit ihrem vielfältigen Jungwuchs müssen insbesondere in den frühen Jahren intensiv begleitet werden, sei es durch Schutz vor Wildverbiss, Zurückdrängen von Gräsern und Brombeerhecken oder auch durch das Herauspflegen der zukunftsfähigen Baumarten.

Insgesamt gibt es in Hessen rund 892.000 Hektar Waldfläche – inklusive Waldwiesen und Waldwege. HessenForst kümmert sich um 342.000 Hektar Staatswald und einen Großteil der Kommunal- und Privatwaldfläche. Davon galten Ende 2020 mindestens 25.000 Hektar als Schadflächen, 1.500 Hektar wurden 2020 im Staatswald wieder aufgeforstet.

Spenden und Pflanzaktionen

Inzwischen hat sich der zwingende Handlungsbedarf in puncto Wiederbewaldungsmaßnahmen herumgesprochen. Das rief im letzten Jahr auch einen Kronberger Gewerbebetrieb auf den Plan. Für jede eingebaute Heizung und jedes neue Bad, die seit 2019 und für die Zukunft eingebaut wurden und werden, pflanzt die Hildmann Bad & Heizung e.K., die im letzten Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feierte, einen Baum. Auf diese Weise ist auf einer 0,5 Hektar großen Fläche im Bereich Hünerberg ein „Hildmann-Wald“ entstanden mit insgesamt 4.000 jungen Bäumen, darunter Edel-Kastanien, Trauben-Eichen und Hainbuchen. Zuvor hatte Firmenchef Peer Hildmann seine Idee an die Stadt Kronberg herangetragen und Unterstützung beim Finden einer geeigneten Fläche durch den Ersten Stadtrat, das Umweltreferat, die städtische Wirtschaftsförderung, Revierförster Martin Westenberger und HessenForst erhalten. Dies ist lediglich ein Beispiel, denn ob mit einer Spende, als Sponsor oder indem selbst der Spaten geschwungen wird – jede Bürgerin und jeder Bürger kann dabei helfen, die geschädigten Waldflächen mit klimaangepassten Baumarten wiederzubewalden. Informationen zu den verschiedenen Aufforstungsflächen und Spendenmöglichkeiten im Staats- und Kommunalwald erhalten Interessierte im Forstamt Königstein unter der Rufnummer 0674-9286-26 oder per E-Mail an ForstamtKoenigstein[at]Forst.Hessen[dot]de. Sobald es die Covid-19-Situation zulässt, werden im Bereich des Forstamtes öffentliche Pflanzaktionen stattfinden, bei denen interessierte Bürger und Gruppen, wie zum Beispiel Schulklassen, Vereine und Familien die Möglichkeit haben, sich aktiv an der Wiederbewaldung zu beteiligen.geforstet.

Weitere Artikelbilder



X