Kronberg (pu) – Auf Antrag des Magistrats der Stadt Kronberg war die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Oktober-Sitzung aufgefordert, den Entwurf der überarbeiteten Stellplatzsatzung zu beschließen. Diese Entscheidung wurde jedoch wegen noch offener Fragen vertagt. Nach den Herbstferien steckten Verwaltung und Vertreter aller Fraktionen im Verlauf eines anberaumten Workshops noch einmal die Köpfe zusammen mit dem Ziel, das Ganze nunmehr in der aktuellen Sitzungsrunde abzuschließen.
Immerhin datiert der durch Parlamentsbeschluss gegebene Auftrag, die dritte Fassung der Stellplatzsatzung aus dem Jahr 2004 umfassend zu überarbeiten, vom 22. April 2022.
Mal abgesehen von dem einen oder anderen unter Umständen einfließenden Änderungsantrag schien eine Verabschiedung des Entwurfs am 4. Dezember lediglich Formsache.
Hessisches Eckpunktepapier
Umso überraschender kam für Außenstehende die Entwicklung in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU). An diesem Abend lenkte der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas den Blick auf einen vor wenigen Tagen in der Presse erschienenen Bericht, der über Details zu vorliegenden Vorschlägen einer Expertenkommission für künftig kostengünstigeres, nachhaltiges und innovatives Bauen in Hessen informierte.
Laut einer Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum berieten Bauexperten und Wirtschaftsministerium in der Kommission „Innovation im Bau“ seit Juni. Im Rahmen dessen seien übermäßig baukostensteigernde Vorschriften identifiziert und innovative Vorschläge für den Bürokratieabbau im Genehmigungsverfahren erarbeitet worden. Gleichzeitig auch intelligente Lösungen, begrenzte Bauflächen bestmöglich nutzbar zu machen, um mehr lebenswerten und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dieses Eckpunktepapier wurde jüngst dem Hessischen Wohnungsbauminister Kaweh Mansoori übergeben. Der sprach von einer „guten Nachricht für jeden Häuslebauer in Hessen und für die Unternehmen der Bauwirtschaft“. „Das Baupaket I setzt die richtigen Impulse,
damit die Bautätigkeit in unserem Bundesland neuen Schub bekommt“, betonte Mansoori. Das Bauen könne vereinfacht und beschleunigt werden, ohne das Sicherheitsniveau herabzusetzen. Zu den insgesamt 20 erarbeitenden Punkten zählt auch der Stellplatzverzicht bei Schaffung zusätzlichen Wohnraums (Punkt vier).
Über das Baupaket I muss noch abschließend parlamentarisch beraten werden. Ein eventueller Beschluss vorausgesetzt soll bis Ende 2030 gelten.
Unterschiedliche Auffassungen
Vor diesem Hintergrund warf Kronbergs SPD-Fraktionschef Haas die Frage in den Raum, ob es Sinn mache, „kleinteilig über unsere Stellplatzsatzung zu diskutieren, wenn wir damit rechnen müssen, dass sie bald überflüssig ist.“ Diesen Ball aufnehmend schlug Markus Lind, Vorsitzender der Unabhängigen Bürgergemeinschaft (UBG), vor, die Stadtverordnetenvorlage zu schieben und „für ein halbes Jahr einzufrieren“.
Davon „den Antrag vom Herd zu nehmen und in den Kühlschrank zu stellen“, riet wiederum Erster Stadtrat Heiko Wolf (parteilos) ab. Zweifellos habe sich die neue hessische Landesregierung mit dem einzigen Entbürokratisierungsminister in Deutschland auf die Fahne geschrieben "zu liefern“, eine Mehrheit für das Baupaket I sei wahrscheinlich.
Andererseits „sollte uns das nicht davon abhalten, nach unseren gemachten Hausaufgaben den eigenen Prozess abzuschließen.“ Mit dem aus seiner Sicht unschädlichen Schritt des Beschlusses honoriere man vielmehr den hohen Aufwand, den Verwaltung und Fraktionen geleistet hätten. „Andernfalls laufen wir Gefahr wieder einen der Anträge zu haben, die am Ende in der Ecke liegen und verstauben. Ich halte das nicht für einen sinnvollen Weg“, argumentierte Wolf. Mal ganz abgesehen davon, dass es sich beim Baupaket I „um einen Testballon bis 2030“ handeln werde. Ganz abgesehen davon, dass es sich beim Baupaket I „um einen Testballon bis 2030“ handeln werde.
Nicht zu vergessen ein weiterer wichtiger Aspekt, auf den an diesem Abend Dr. Marcus Bodesheim von der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“(KfB) den Fokus lenkte: „Ursprünglich war ja Hintergrund des Antrags zur Neufassung der Stellplatzsatzung, die Autos von den Straßen, Stichwort öffentlicher Raum, zu bekommen. Denn wo sollen sie denn hin, nachdem wir wissen, dass jeder Bürger zwischen 18 und 70 ein Auto hat?“
Im Ergebnis stimmten mit CDU, FDP und KfB fünf ASU-Mitglieder gegen einen Beschluss zur Neufassung der Stellplatzsatzung bei vier Befürwortern von SPD, Bündnis90/Die Grünen und UBG.