Kronberg (pf) – Mit der selten gespielten Ouvertüre zur Operette „Pique Dame“ von Franz von Suppè begann Sonntagabend stimmungsvoll das Neujahrskonzert des Johann-Strauß-Orchesters Frankfurt im Festsaal des Altkönig-Stifts. Zu Ende aber ging es wie in jedem Jahr – und wie traditionell auch das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker – schwungvoll „Unter Donner und Blitz“, der Schnellpolka von Johann Strauß Sohn, und dem schmissigen „Radetzkymarsch“ von Johann Strauß Vater. Dass dabei auf der Bühne zischend und für das Publikum völlig überraschend sogar ein richtiges Feuerwerk abgebrannt wurde, war dagegen eine Premiere.
Eine weitere Überraschung war die Sopranistin, die beim zweiten Werk des Abends die Bühne betrat und aus der Operette „Gasparone“ von Carl Millöcker die Liebesgeschichte von Anzoletto und der schönen Estrella vortrug. Die sträubt sich zunächst gegen Anzolettos Werben, aber als das Tamburin erklingt, wird sie doch schwach, eilt in seine Arme und findet bei einer Tarantella ihr Glück. Es war die Koloratursopranistin Barbara Felicitas Marin, die für Maren Schwier vom Staatstheater Mainz, die kurzfristig hatte absagen müssen, eingesprungen war. Vor ihrer Gesangsausbildung in Rom, Stuttgart und Köln, stellte Dirigent Witolf Werner die Sängerin vor, habe sie Romanistik und Literatur studiert. Inzwischen ist sie in Operette und leichter Muse ebenso zuhause wie in Oper, Oratorium und Konzert.
Bei der folgenden Champagner-Polka von Johann Strauß Sohn lernte das Publikum ein neues Instrument kennen: die Champagnerkorken-Knallmaschine, die der Dirigent selbst bedient hatte und humorvoll vorstellte. Aus Franz Lehárs Operette „Das Land des Lächelns“ sang die Sopranistin die sehnsuchtsvolle Arie „Ich möcht‘ wieder einmal die Heimat seh‘n“, ehe das Orchester mit dem Loreley-Rhein-Walzer von Johann Strauß Vater Rheinromantik in den Festsaal zauberte. Mit der Arie „Was in der Welt geschieht“ aus „Die Zikusprinzessin“ von Emmerich Kálmán stand eine weitere selten aufgeführte Operette auf dem Programm ehe es mit dem Faschingsmarsch aus Franz Lehárs Operette „Der Graf von Luxemburg“ in die Pause ging.
Dem Motto des Neujahrskonzerts „Von der Donau bis zur Spree“ entsprechend erklangen im zweiten Teil nach der Ouvertüre zur Operette „Frau Luna“ von Paul Lincke, der als „Vater der Berliner Operette“ gilt, ein Medley aus Fred Raymonds in Berlin uraufgeführter „Maske in Blau“, Paul Linckes Walzer „Oh Frühling, wie bist du so schön“ und zum Abschluss sein Marsch „Das ist die Berliner Luft“, bei dem mitgesungen, mitgeklatscht und mitgepfiffen werden durfte, was perfekt gelang.
Dazwischen sang die ebenso stimmgewaltige wie charmante Barbara Felicitas Marin, die ihr rotes Abendkleid gegen ein schwarz-golden Schimmerndes getauscht hatte, „Was ich dir noch sagen wollte“ aus der Operette „Hochzeitsnacht im Paradies“ von Paul Linckes Schüler, dem Komponisten Friedrich Schröder, „Ich bin verliebt“ aus Nico Dostals ebenfalls in Berlin uraufgeführten Operette „Clivia“ und „Eine Frau wird erst schön durch die Liebe“ des Pianisten, Dirigenten und Komponisten Theo Mackeben, der seine letzten Lebensjahre in Berlin verbrachte.
Es war ein Abend mit Musik voller Lebensfreude, für das sich die Vorstandsmitglieder Tatyana Kleinschmidt und Boris Quasigroch beim Dirigenten mit einer Flasche Wein und der wunderbaren Sängerin mit einem leuchtend bunten Blumenstrauß bedankten. „Möge die Lebensfreude und die positive Energie des Neujahrskonzerts uns noch lange begleiten“, wünschte Tatyana Kleinschmidt dem Konzertpublikum zum Abschied, das – wie der langanhaltende Applaus bewies – sich noch weitere Zugaben gewünscht hätte.
Mit leuchtenden und zischenden Lichterkugeln überraschten das Johann-Strauß-Orchester Frankfurt und sein Dirigent Witolf Werner ihr Publikum zum Abschluss des traditionellen Neujahrskonzerts im Festsaal des Altkönig-Stifts.
Foto: Wilfried Schumacher
(Foto: Wilfried Schumacher)