Stadt Kronberg treibt Nachhaltigkeit und Naturschutz voran

Mit seinen weißen Wegen und der säumenden Lavendel- und Irisbepflanzung bietet der Schulgarten aktuell ein prächtiges mediterranes Erscheinungsbild Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Ob Schulgarten, Naturgarten am Betriebsgebäude der Stadtwerke, Straßenbegleitgrün am Henker, im Hardtbergweg oder in der Jacques-Reiss-Straße – wer in diesen Tagen aufmerksam durch die Stadt geht oder fährt, dem dürften teils deutliche Veränderungen in puncto Blühpflanzen und Begrünung auf öffentlichen städtischen Flächen auffallen. Vor diesem Hintergrund hat der Kronberger Bote explizit nachgefragt, immerhin sind im Kampf gegen das dramatische Insektensterben in erster Linie Schutz und Ausbau der biologischen Vielfalt (Biodiversität) in aller Munde und kritische Stimmen in der Bevölkerung melden sich hin und wieder mit Vorwürfen zu Wort, in der Burgstadt geschehe viel zu wenig in dieser Hinsicht.

Stauden statt Wechselbepflanzung

Doch genau das Gegenteil ist der Fall, denn Schritt für Schritt nehmen auf der Agenda stehende Maßnahmen an Fahrt auf, wie aus dem Umweltreferat und den Stadtwerken zu erfahren war.

Aktuell fällt die neue Gangart vor allem im von Einheimischen und Gästen gern aufgesuchten Schulgarten ins Auge. Bei der jüngst modifizierten Gestaltung dieses Bereichs sind nach den Worten des Betriebsleiters der Stadtwerke, Thomas Schäfer, sowohl optische als auch Aspekte der Nachhaltigkeit (Stauden statt Wechselbepflanzung, weshalb bisher üblicher Austausch der Pflanzen entfällt) und des Naturschutzes (Lebensraum für Insekten/Bienen) zum Tragen gekommen. Die Bevölkerung quittiere diese Veränderung mit positiver Resonanz. „Unsere Mitarbeiter erfahren zurzeit viel Lob von den Bürgern und Gästen der Stadt die im Schulgarten flanieren“, hebt er heraus.

Vorreiter

Der Schulgarten ist jedoch nur eines der sich mehrenden Beispiele für die schon vor über zehn Jahren eingeschlagenen Wege der Stadt Kronberg im Taunus, die im Gegensatz zu umliegenden Gemeinden die Zeichen der Zeit frühzeitig erkannte und als Vorreiter und Multiplikator in Bezug auf naturnahe Gestaltung von Grünflächen in kleinen Schritten einen Umdenkprozess anschob.

So fand erst vor wenigen Tagen unter der Federführung der Stadt Kronberg eine Fortbildung städtischer Gärtner zum Thema „Blühflächen“ mit Diplom-Ingenieurin Dorothee Dernbach statt, einer ausgewiesenen Expertin für sensiblen ökologischen Umgang mit Natur-Erlebnis-Räumen. Diese Veranstaltung war nach Aussage von Yvonne Richter, Leiterin des Umweltreferates, im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit auch für interessierte Gärtner aus umliegenden Nachbarstädten geöffnet. Zwei Jahre ist es her, dass die Burgstadt in Zusammenarbeit mit dem Verein für naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung „NaturGarten“ den Regionaltag ausrichtete, in dessen Verlauf rund um das naturnahe öffentliche Grün – das heißt die Gestaltung von Straßenbegleitgrün, Spielflächen und Plätzen mit echten, heimischen Wildpflanzen – diskutiert wurde und anschließend Kronberger Beispiele persönlich in Augenschein genommen wurden, um sich selbst ein Bild zu machen, wie sich heimische Blumenwiesen und Wildblumensäume als Alternative zu einjährigen, nichtheimischen Blühmischungen planen, anlegen und pflegen lassen.

Start und Entwicklung

Der Veranstaltungsort Kronberg für diese bundesweite Aktion bot sich geradezu an, immerhin beschreitet der Fachbereich Stadtentwicklung und Umwelt schon seit über zehn Jahren konsequent Schritte in die naturnahe Grüngestaltung. So startete das Umweltreferat 2009 mit Bürger-Unterstützung mit der Anlage des Naturgartens bei den Stadtwerken in der Westerbachstraße. Dort, wo früher lediglich eine monotone Rasenfläche existierte, summt und brummt es von früh bis spät, weil Bienen, Hummeln und andere Insekten die Blütenpracht von einheimischen Pflanzen wie Essigrosen, Ackerglockenblumen, Wiesensalbei und Bocksbart vorfinden. Mittlerweile gibt es auf 300 Quadratmetern über 100 verschiedene Pflanzenarten in unterschiedlichen Beeten.

Getragen von der Motivation durch diesen verheißungsvollen Auftakt reifte der Gedanke, das Konzept der naturnahen öffentlichen Begrünung auf das gesamte Neubaugebiet „Am Henker II“ auszuweiten. Daraus resultierend erfolgte vor vier Jahren gemeinsam mit den Neubewohnern des Baugebietes zunächst die Planung des naturnahen Spielraums Amselweg, dann deren gemeinsame Umsetzung (wir berichteten). Als Glücksfall erwies sich dabei die Zusammenarbeit mit Dorothee Dernbach, auf deren Erfahrungen das Projekt-Team bauen konnte und die von Anfang an keinen Zweifel daran ließ, den natürlichen Entdeckungstrieb und Abenteuerlust der Kinder fördern zu wollen. Nach den positiven Erfahrungen mit dem städtischen Projekt mit Bürgerbeteiligung „Spielraum Victoriapark“ (2010 bis 2012) ein weiteres von Erfolg gekröntes mit Einbindung der Familien, die später das Gelände auch nutzen. Unübersehbar üppig und kunterbunt blüht es auf diesen Flächen.

Das Wohnumfeld im neuen Baugebiet wurde auf den öffentlichen Flächen attraktiv und lebendig durch Bepflanzung aller 27 Baumscheiben unter den Bäumen mit Wildblumen und Zwiebeln sowie eingesäte Wildblumenwiesen begrünt. Die Beete auf dem Goldammerplatz versorgte man mit einer langblühenden Wildblumenpflanzung und Wildsträuchern, rundete ebenfalls durch Ansaaten ab. Ein großes Beet im Amselweg ist mit einer einheimischen Staudenmischpflanzung bepflanzt.

Sowohl die am Regionaltag teilnehmenden Experten als auch der städtische Fachbereich Stadtentwicklung und Umwelt stehen für die Initiative, das Thema, dass naturnahe bepflanzte Flächen aktiver Naturschutz sind, weil dort Lebensräume für viele Tiere geschaffen werden, die in ausgeräumten Agrarlandschaften oder in mit Exoten bepflanzten Anlagen heimatlos geworden sind, voranzubringen und zunehmend ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. Einheimische Pflanzen sind robust und an das hiesige Klima bestens angepasst. Sie brauchen, richtig ausgewählt, kaum Pflege und keinen Winterschutz. In Zeiten der UN-Dekade zur Erhaltung der Biodiversität sind das wichtige und wegweisende Schritte in eine nachhaltige und lebendige Zukunft.

Mittlerweile macht das Ganze auch bei der nachwachsenden Generation Schule. So informiert sich, wie die Leiterin des Umweltreferates erläutert, die Montessori-Schule in Schönberg seit Jahren zu Umweltthemen bei der Stadt, was letztendlich in der naturnahen Gestaltung des Schulhofes gemündet habe.

Des Weiteren seien allein im letzten Jahr drei weitere Flächen naturnah gestaltet worden. Zum einen 180 Quadratmeter Straßenbegleitgrün „Hardtbergweg“, 75 Quadratmeter Baumscheiben in der Jacques-Reiss-Straße in Zusammenarbeit mit der Firma Ambero anlässlich deren 15-jährigen Firmenbestehens sowie insgesamt 40 Quadratmeter Baumscheiben in den Straßen „Am Hang“ und „Rothlauf“.

Beschluss und finanzielle Mittel

Ein weiterer Meilenstein datiert vom 14. Juni letzten Jahres im Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, dass die Stadt Kronberg im Taunus sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für den Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt einsetzen soll und die Liegenschaften der Stadt entsprechend zu gestalten und unterhalten sind. Für die Anlage von Blühstreifen im öffentlichen Raum (beispielsweise entlang der Ballenstädter Straße/ Grünflächen im Bereich Haus Altkönig) wurden Haushaltsmittel von 25.000 Euro bereitgestellt.

Damit fällt der Blick auf einen ganz elementaren Punkt, denn in der zurückliegenden Zeit der mehr als angespannten Haushaltssituation samt Haushaltssicherungskonzept waren selbstredend lediglich Gelder für das Notwendigste vorhanden. Seitdem diese angespannte Finanzsituation überwunden ist, nehmen die Anstrengungen zunehmend an Fahrt auf. Eine der jüngsten Aktionen liegt erst wenige Wochen zurück. Nachdem die Grünfläche zwischen Schönberger Straße und Altkönigstraße nach dem Bau des Regenrückhaltebeckens in einem eher trostlosen Zustand zurückgeblieben war, haben fünf Mitglieder des Vereins „Heckstadt – Freunde Oberhöchstadts“ unter der fachlichen Leitung und mit tatkräftiger Unterstützung der Leiterin des Fachreferats Umwelt im oberen Bereich der Fläche eine naturnahe Blühhecke angelegt.

Wiesen

Ein weiteres Augenmerk der Stadt liegt auf der extensiven Pflege der Wiesen. Nach den Worten Richters werden die im Victoriapark bereits seit Jahren nur ein bis zwei Mal im Jahr gemäht. Gleiches gelte für den Quellenpark Kronthal. In Ergänzung dessen sei 2018 eine Biotoptypenkartierung für den Victoriapark durchgeführt worden und Vorschläge für Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen erarbeitet worden, die nach und nach umgesetzt werden sollen. In diesen Flächen sehen Umweltreferat und Stadtwerke großes Potenzial für die Bioversität. Richter zufolge sind Herbizide bei der Grünpflege längst gestrichen, bei der Bekämpfung von Unkraut auf Wegen werde seit letztem Jahr auf heißen Dampf gesetzt.

Die Umstellung Wiesenpflege bringt, so Stadtwerke-Betriebsleiter Thomas Schäfer, eine Neuaufstellung der Gerätschaften mit sich. Hier werde geprüft, inwieweit kommunale Zusammenarbeit möglich sei. Das Kronberger Vorgehen in Sachen Nachhaltigkeit und Naturschutz habe sich indes längst herumgesprochen. „Viele Städte treten mittlerweile mit uns in Verbindung und fragen uns um Rat, bevor sie sich auf den Weg machen, denn wir verfügen über ausreichend Erfahrung“, stellt Richter heraus.

„Es wäre wünschenswert und ein wertvoller Umweltbeitrag“, fügt sie hinzu, „wenn diese Trendwende im öffentlichen Grün auch von privaten Gartenbesitzern übernommen würde“. „Mittlerweile weiß man, jeder Quadratmeter Naturgrün zählt, weil der Artenschwund dermaßen rasant voranschreitet!“

Anhand der bisher umgesetzten Beispiele mit heimischen Wildpflanzen sei eindeutig belegbar, nachhaltig, ökologisch sinnvoll und pflegeleicht sei nicht nur eine kostengünstige Variante, vielmehr zählten heimische Blumenwiesen und Wildblumensäume zum wertvollsten Gut, weil viele tausend Tierarten davon leben. Richter abschließend: „Wir gehen als Stadt mit gutem Beispiel voran und jedes kleine Puzzleteil zählt im Bestreben, irgendwann ein ganzes Bild zusammenzuhaben!“

Einen Eindruck darüber, dass Maßnahmen dieser Art tatsächlich den erhofften Effekt haben, vermittelt Klaus Dühr in einer Zusammenstellung von Informationen und Fotos aus dem Bereich des Spielplatzes im Henker unter www.naturgucker.de.

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