Wütender Feminismus und alltäglicher Beethoven – Kulturkreis veranstaltet zwei Mal in den Lichtspielen

Kronberg (kb) – In der gemeinsamen Reihe „Live im Kino“ mit den Kronberger Lichtspielen kommen zwei alte Bekannte wieder auf Einladung des Kulturkreises in die Taunusstadt: Sabine Fischmann mit „#Me Too Medusa, einem feministischen Wutausbruch“ am Mittwoch, den 6. März, und Konrad Beikircher am Mittwoch, den 20. März, mit Beethoven näher – „dat dat dat darf!“

Medusa, die Schreckliche, war und ist eine der wirkungsmächtigsten Frauengestalten der griechischen Mythologie. Ovid berichtet in seinen Metamorphosen, dass Medusa - damals noch eine Schönheit - vom Meeresgott Poseidon im Tempel der Göttin Athene „entehrt“ wurde. Manche Künstler erachten darin den Prozess einer Vergewaltigung. Athene, über die Entweihung ihres Tempels empört, verwandelte Medusa in ein schlangenhaariges Monster, bei dessen Anblick alles und alle zu Stein erstarren. Ovids Text- ende lässt die schändliche Tat im Unklaren, formuliert nicht eindeutig, worum es sich bei der Entehrung Medusas handelt. Das Schicksal, der aus einer patriarchalischen Kultur mit fragwürdigem Frauenbild stammenden Medusa klingt in den Augen der Regie verdächtig nach Bruckstücken der Gegenwart. Diese sieht in Medusas Geschichte in erster Linie ein Opfer männlicher Gewalt, das im Anschluss zum Schweigen verurteilt ist. In dem Stück soll ihr die Stimme zurückgeben werden. Dabei soll sie als Opfer nicht als Klagende, sondern als Wütende präsentiert werden. In den Augen der Regie ist Medusa weder lieblich noch gefällig, sondern eine „Wutmaschine“. Sie bringt ihre „Schreckensvisage in Stellung“, auf dass keiner ihr zu nahe komme. Es ist ihr egal, wenn sie unsympathisch und „rotzig“ erscheint. Sie genießt ihre Rolle als Killjoy, als Spaß- und Spielverderberin, denn die Zeit für eine neue Wut ist für sie, beziehungsweise die Protagonistinnen, die dieses Stück konzipierten, gekommen. Mit mehr als deutlich spürbarer Wut und damit einhergehender Aggression im Bauch wird Medusa dieses Mal selbst die ihr angetane Gewalt mithilfe heutiger Erfahrungsmuster schildern, den Tathergang in seiner Brutalität erzählen, wie er tatsächlich gewesen sein könnte. Die Beschreibung ihres Martyriums steht an dieser Stelle in faszinierendem Widerspruch zu ihrem antiken Sprachgestus im hexameterartigen Stil. Medusa ist an dieser Stelle zudem mit Leib und Seele Musikerin - ihre Wut ballt sich förmlich in der Musik: Sie schreckt nicht zurück vor frauenfeindlichem Rap, nicht vor frauenlobhudelnder Romantik, sie durchsucht alle Genres nach manifesten und versteckten Sexismen, sie wutinterpretiert Musik neu, jedes Stück ein Wutausbruch: Schumann mit Boxhandschuhen auf den Flügel gedroschen, Falco mit Barbiepuppen aufs Schlagzeug gefetzt, Deutschrapper Nimos Leck Sibbi in die Bütt gestellt, Roland Kaisers „Warum hast du nicht nein gesagt“ ins Mikrofon gehöhnt, Helene Fischers gesammelte Schmachtfetzen unerträglich produziert. Sabine Fischmann bearbeitet nicht nur den Flügel, sondern auch – zum ersten Mal – ein Schlagzeug und „haut einmal so richtig drauf.“

Ludwig van Beethoven – alle kennen ihn und viele kennen seine Werke. Aber wie hat er gelebt? Dank Konrad Beikirchers etwas anderer Sichtweise in „dat dat dat darf!“ erfährt man nun alles über den Alltag des berühmten Rheinländers im Wiener Exil. Koch, Familientier, erfolgloser Frauenheld, Helikopter-Onkel, liebenswürdiger Griesgram, Trinker, Patient, raffinierter Geschäftsmann, verpeilter Dandy, Mietnomade – all das und noch viel mehr war Ludwig van Beethoven. Mit drei Jahren hat Beikircher die erste Schellackplatte auf den Küchenboden fallen lassen: Beethoven’s Klaviersonate „Pathétique“, gespielt von Wilhelm Kempff. „Alle fielen ins Koma, er hat‘s überlebt.“ Sein Leben lang hat er ihn seitdem begleitet, Ludwig der Große. Jetzt ist es an der Zeit, zu erzählen, was dabei herausgekommen ist. Karten für diese beiden Abende, die um 20 Uhr beginnen, erhält man online unter www.kronberger-kulturkreis.de oder direkt in den Kronberger Lichtspielen.

Sabine Fischmann wütend am Klavier

Foto: privat

Konrad Beikirchen als Beethoven

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