Mit Zuversicht durch die Krise – Der Vater der Märkte wird 80

Horst Neugebauer ist gerne mittendrin im Geschehen, wie hier bei der Begrüßung eines Kinderchores auf dem Schönberger Wochenmarkt. Foto: Archiv/Kronberger Bote

Kronberg
(mw/pu) – 27 Jahre Leiter des Verkehrs- und Kulturamtes, langjähriger Geschäftsführer des Verkehrsvereins, unvergessener Kommentator des Oberhöchstädter Karnevalumzugs, Thäler Borjermaaster des Jahres 2000 und „Vater der Kronberger Märkte“: Die Rede ist von Horst Neugebauer, der kommenden Sonntag, 12. April, seinen 80. Geburtstag feiert. Feiern allerdings kann Horst Neugebauer im großen Familien- und Freundeskreis nicht, wie er es zu gerne täte. „Dass wir unsere Freunde nicht sehen können, das schmerzt schon sehr“, sagt er zur aktuellen Situation in der Corona-Krise. Noch schmerzlicher finden er und seine Frau Klara die Kontaktsperre zu ihren Enkelkindern. „Meine Tochter will am Geburtstag mit ihnen vor unser Haus kommen und uns vom Balkon aus gratulieren.“ Normalerweise sei es für ihn eine große Freude, wie er es nennt, seine „Lebensfreizeit“ jeden Tag aufs Neue selbst gestalten zu können. Die Enkelkinder seien da ein großer Bestandteil des Glücks, genauso wie das Plaudern mit Freunden. Trotz der Angst vor dem Virus und der einschränkenden Maßnahmen zur Bekämpfung blickt Horst Neugebauer optimistisch in die Zukunft. „Ich richte den Blick gerne nach vorne.“ Nur mit Zuversicht könne man Krisen meistern, ist er überzeugt. Er kann sich auch noch an die Not der Nachkriegszeit erinnern, die zu einem stärkeren Zusammenhalt in der Gesellschaft geführt habe. Hatte jemand beispielsweise etwas Kaffeepulver, wurde die Nachbarschaft gleich eingeladen und geteilt. „Bei Not ist die Nächstenliebe größer“, weiß er. Vielleicht biete die Krise so auch eine Chance, dass sich die Menschen merken, auf welch schmalem Grad sie leben und dadurch wieder bewusster leben. Sorgen macht er sich aber auch, um die wirtschaftlichen Folgen im Großen wie im Kleinen, um sein geliebtes Kronberg mit vielen kleinen Geschäften, die jetzt um ihre Existenz kämpfen müssen.

Der rüstige und noch immer kaum zu bremsende „Mann für alle Fälle“ ist seit 60 Jahren fest mit der Burgstadt verwurzelt. Geboren wurde er am 12. April 1940 in Hattersheim. Das musikalisch begabte Nesthäkchen der jungen Familie, mitten in den Zweiten Weltkrieg hinein geboren, sah sich in den ersten Jahren seines jungen Lebens mit den Belastungen rund um den Krieg und die Nachkriegsjahre konfrontiert. Der Vater war zum Militär eingezogen, die Mutter brachte den kleinen Horst und dessen beiden älteren Geschwister alleine durch diese schwere Zeit. „Wir mussten damals unser Heizmaterial selbst mit in die Schule bringen“, erinnert sich Horst Neugebauer zurück.

Derart geprägt entwickelte der Junge Führungsqualitäten, so beispielsweise als Anführer einer Straßenclique. Nach dem Besuch der Berufsfachschule sammelte er erste Erfahrungen im Berufsleben, unter anderem bei der Firma „Telefonbau und Normalzeit“. Doch nach einigen Jahren die Einsicht: „Das ist nicht mein endgültiger Platz für das Leben“. Mit 20 Jahren stellte er die Weichen für eine Veränderung mit richtungsweisenden Folgen. Sein Weg führte ihn nach Kronberg und zwar als Fahrer von Landgraf Philipp von Hessen, den er fortan sicher nach Rom, in die Schweiz oder zum Schloss Fasanerie nach Fulda brachte. Neugebauer lernte die Welt kennen, die Frau fürs Leben lief ihm jedoch Anfang der 1960er-Jahre in der Burgstadt über den Weg: Klara, genannt „Klärchen“ Jochmann. Die Hochzeit folgte 1963, die Geburt der beiden Kinder Petra und Andrea krönte das junge Glück. Ein weiterer Meilenstein war 1973 die Bewerbung auf die Stelle als „Sachbearbeiter für Fremdenverkehrs- und Kulturfragen“. In den folgenden Jahrzehnten kamen seine Wortgewandtheit, seine vielfältigen kreativen Fähigkeiten und sein Ideenreichtum erst richtig zum Tragen. Den ersten Kronberger Flohmarkt hatte der „Vater der Märkte“ allerdings bereits zwei Jahre vorher, 1971, als Vorstandsmitglied im Verkehrsverein aus der Taufe gehoben.

„Es war seinerzeit ein Wagnis mitten im Sommer einen Markt ins Leben zu rufen“, erinnert sich Neugebauer noch wie heute an die schwierigen Anfänge. Er habe jedoch die Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Rudolf Möller gehabt „Gute Idee! Junge mach nur, aber Überstunden sind tabu“. „Ich kannte Flohmärkte aus der Schweiz und wollte sowohl unser schönes Altstadt-Ambiente nutzen als auch Leben ins ‘Sommerloch’ bringen“, berichtet der engagierte Vereinsmensch weiter, der für seine zahlreichen Verdienste vor sieben Jahren mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet wurde. Mit dem neuen Markt sei man Vorreiter im gesamten Kreis gewesen. Später rief Neugebauer noch den Weihnachtsmarkt sowie den „Bilder- und Weinmarkt“ ins Leben. Marktzeit – da hieß es für Horst Neugebauer „Aufstehen mit dem ersten Hahnenschrei“ und auch ansonsten war „Horscht“ immer mit vollem Herzen dabei. Von 1974 bis 2001 als Geschäftsführer des Verkehrsvereins, von 1974 bis 1991 als Geschäftsführer des Kulturkreises, von 1991 bis 2000 als Gründer und Vorsitzender des Vereinsrings Kronberg, von 1980 bis 2003 als Vorstandsmitglied des Fremdenverkehrsverbandes Taunus Touristik oder von 1989 bis 2003 als Vorstandsmitglied der Fremdenverkehrs-Runde im Hochtaunuskreis. Dem Vorstand des Partnerschaftsvereins Kronberg-Le-Lavandou gehörte er von 1974 bis 2001 als Beisitzer an. Neugebauer hat die Städtepartnerschaft zwischen Le Lavandou (Frankreich) und Kronberg im Taunus, die seit 1972 besteht, tatkräftig unterstützt. Des Weiteren hat er als Beisitzer des Freundeskreises Porto-Recanati (Italien) bedeutende Kontakte gepflegt und zur Partnerschaftsarbeit einen erheblichen Beitrag geleistet (von 1988 bis 2001). Die Liste des vielfältigen Engagements des „Vereinsmenschen“ ist noch lange nicht vollzählig. Ihm wurden aus diesem Grund auch einige Ehrenmitgliedschaften zuteil. Das Einsetzen für die Belange der Senioren und die Musik spielten ebenso eine große Rolle in seinem Leben. So veranstaltete und moderierte er früher während der Thäler Kerb den Altennachmittag oder organisierte als Mitglied des Musik-Vereins Kronberg Konzerte. Für diejenigen, die sich noch erinnern, auch die Geschichte des Kronberger Kulturkreises reicht weit zurück: Er wurde bereits 1968 gegründet: „Damals hatten wir im Hotel Taunushof schräg gegenüber des Berliner Platzes ein schon ein Jahr später eine durchaus qualitativ hochwertige Kammermusikreihe etabliert“, erinnert er sich zurück.

Lebenselexier Familie

Die Familie ist sein Lebenselixier, gemeinsam wurden in all den Jahren alle Herausforderungen des Lebens sowie die vielfältigen Aufgaben gemeistert. „Ohne mein Klärchen hätte ich das nie geschafft“, blickt der Jubilar zurück, der genau weiß, die Frau an seiner Seite hielt ihm nicht nur stets den Rücken frei, sondern half, wo immer es nötig war.

Die Stunden für Freizeit und Muße mögen seit der Pensionierung Neugebauers im Jahr 2001 deutlich mehr geworden sein, dennoch ist er – wenn er sein darf – immer noch mittendrin im Geschehen dieser Stadt, deren kulturelles Leben er maßgeblich in den letzten Jahrzehnten mit geprägt hat.

Der Markt lässt ihn nicht los

Seit vielen Jahren fungiert Neugebauer als ehrenamtlicher „Marktmeister“, als Bindeglied zwischen Marktbeschickern und der Stadt. Auch in Corona-Zeiten lässt er sich nicht nehmen, donnerstags in Schönberg und samstags in Kronberg über den Markt zu schlendern und – den Zwei-Meter-Abstand einhaltend – hier und da wenigstens mal zu grüßen und ein paar aufbauende Wort zu wechseln. „Es ist wichtig, das Positive zu sehen“, betont er. „So dürfen sich die Kronberger freuen, bei strahlend blauem Himmel in bester Taunusluft einzukaufen auf ihren Märkten, die jetzt sogar ein Umsatzplus verzeichnen“, so Neugebauer. „Und wenn ich zu Hause bleiben muss, dann freue ich mich über meinen Ausblick über die Dächer hinweg von Seligenstadt bis nach Hattersheim rüber“, verrät er. „Einen solch intensiv blauen, klaren Himmel gab es aufgrund der vielen Flugzeuge und ihrer Kondensstreifen noch nie“, beteuert er.

Natürlich freut er sich auf die Zeit, in denen er wieder als charmanter Städteführer unterwegs sein darf und auf seine geliebten Kronberger Feste gehen kann. „Das wird allerdings noch dauern“, fürchtet er und deshalb wird er die Geburtstagstorte, die es mit Sicherheit am Sonntag für ihn geben wird, („Ja, ich bin ein Süßer!“) mit seiner Frau erst einmal alleine essen müssen.



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