Zwei Welten und eine Künstlerin dazwischen

Das Haus, in dem Frohsinn und Fröhlichkeit erblüht. Ihr Leben zwischen Korea und Deutschland. Im Sockel sind die Silhouetten von Kronberg und Frankfurt abgebildet. Foto: privat

„Meine lieben Freunde, lasst uns, wie fliegende Wale, wieder in Richtung unserer Träume fliegen.“ Foto: privat

Kronberg (hmz) – Alte Häuser leben von ihrer Geschichte und so verhält es sich auch mit dem kleinen, pittoresken Häuschen in der Grabenstraße 7. Jahrzehntelang beherbergte es die Goldschmiede von Christopher Stenzel, dann wurde es umgebaut und nun bietet es wieder Raum für Kunst und Kreativität. Solne Kim, was in der deutschen Übersetzung „Tannenbaum am Bach“ bedeutet, hat hier ihr Studio eröffnet und präsentiert seitdem einem interessierten Publikum ihre ganz eigene koreanische Bilderwelt, voller Symbolik und Motive, die vor Farbe, Expression und Fantastik nur so strotzen. War das Auge bislang an den einzigartigen Charakter der koreanischen Kunst mit ihrer unaufdringlichen Schlichtheit und Spontanität, verbunden mit einem Gefühl der Harmonie mit der Natur, gewöhnt, sieht es sich im Studio von Solne Kim einer überschwänglichen Farbenpracht gegenüber. Diese hat auch einen Namen: Minhwa, was wörtlich „Bilder des Volkes“ heißt und die konkret als „Volksmalerei“ bezeichnet wird. Der Kreativität bei den Kreationen von Minhwa sind keine Grenzen gesetzt. Ihr traditioneller Stil ist überwiegend durch einfache Umrisse, flache Strukturen und auffällige Farben gekennzeichnet. Die Tradition wird in der Moderne bewahrt. Durch die Werke soll ein optimistischer Eindruck der Umwelt und des menschlichen Lebens vermittelt werden sowie eine Welt ohne Leid und Trauer.

Solne Kim greift in ihren Bildern diese koreanische Tradition auf, aber da ist eben auch immer der Schritt über diese und diesen Kulturkreis hinaus erkennbar, gerade so, dass sich das Beste aus zwei Welten wiederfindet. Die Künstlerin ist mit ihrem Mann, einem Architekten, nach Deutschland gekommen. Seitdem versucht sie den Spagat zwischen ihren prägenden buddhistischen und katholischen Glaubenslehren sowie ihren eigenen familiären Wurzeln und der Adaption ihrer gegenwärtig gelebten Wirklichkeit zu schaffen:„Seit ich jung war, wollte ich immer Korea verlassen und die Welt kennenlernen. Ich lebe seit mehr als 25 Jahren im Ausland, erst in China und jetzt in Deutschland. Mein Leben war nicht immer voller Freude, doch ich habe immer versucht, Frohsinn und Fröhlichkeit darin zu finden. Ich bemühe mich, mein Gefühl von einem Zuhause in Frankfurt und in Kronberg auszudrücken und darzustellen. Es ist eine wichtige Basis meines Lebens in Deutschland.“

Zwei Monde

Bei ihren Bildern handelt es sich daher nicht um simple Bildgeschichten, sondern auch um sehr persönliche Darstellungen, deren Bedeutung und Symbolik erst gelesen werden müssen. „Über mir gehen immer zwei Monde auf. Ich wurde in Korea geboren und lebe in Deutschland. Also lebe ich mit zwei Monden, das heißt in zwei Welten. Ich erinnere mich an meine Zwanziger, als ich an der Steinmauer des Deoksugung Palastes (einer der fünf großen Paläste der Joseon Dynastie) entlang gegangen bin. Ich habe mich dabei gut gefühlt, an der Steinmauer entlang zu gehen. Glücklicherweise gibt es viele Steinmauern in Kronberg, wo ich lebe. Selbst jetzt, in meinen Vierzigern, träume ich immer noch, wenn ich an Steinmauern entlanglaufe.“

Es geht bei ihren Bildern nicht unbedingt um eine realistische Darstellung, sondern vielmehr um die Erzeugung eines auffälligen und eindrucksvollen Motivs und auch die oftmals übertriebene Mimik der Tiere und ihre Positionierung zueinander tragen zum Gesamteindruck bei und geben Aufschluss über die möglichen Deutungen des Kunstwerks. Ein weiteres Genre der Minhwa sind Bücher und weitere Gegenstände wie Schriftrollen, Pinsel und Tinte als Motive, von Solne Kim anschaulich umgesetzt. Zudem bildet sie Schreibtische und Bücherregale ab, ebenso Malereien mit Blumen und Vögeln.

Die königliche Pfingstrose

Pfingstrosen, wegen ihrer langen und eleganten Form als Königin der Blumen bekannt, sind seit der Antike ein Symbol für Reichtum und Wohlstand. „Der seltsam geformte Stein mit Pfingstrosen auf dem Bild symbolisiert Ewigkeit und Langlebigkeit. Pfingstrosen, die auf dem Stein blühen, drücken den Wunsch der Menschheit aus, lange zu leben, gesund und wohlhabend. Wegen seiner Bedeutung wird das Bild bei traditionellen koreanischen Hochzeiten immer als Dekoration für den Paravent, die Trennwand, genutzt. Zurückblickend auf meine 14 Ehejahre habe ich ein Bild gemalt, mit dem ich meinem Ehemann, der mit Geduld gut ausgeharrt hat, eine erfolgreiche und rosige Zukunft wünsche.“ Eines der Lieblingsmotive von Solne Kim ist der Wal. „Ich liebe Wale, seitdem ich jung war und ich stelle mir immer riesige Wale vor, die im oder über den Himmel fliegen. Es ist eine perfekte Vorstellung, dass ein Wal trotz seines Gewichts in den Himmel fliegen kann. Wie frei und glücklich wären Wale, wenn sie fliegen könnten. Der Wal bin ich selber und ich stelle mir ständig Dinge vor und versuche, Träume zu erreichen, von denen ich dachte, dass sie unmöglich wären, um darin Glück und Freude zu finden.“

Ein Besuch im Studio von Solne Kim lohnt sich und wer Interesse hat, kann sich bei ihr zu Malkursen anmelden. Zu erreichen ist sie unter der Handynummer 0159 01370565, solnestudio[at]gmail[dot]com oder auf instagram.com/solnekim.

Solne Kim in ihrem Studio

Foto: Muth-Ziebe

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