Schaurige Schluchten und idyllische Naturszenen beim Konzert

Eigentlich hätten sie die vier Hörner mit hinaus ins Grüne nehmen müssen: Sopranistin Julia Hinger und Dirigent Bernhard Lingner nach dem Konzert der Jungen Sinfoniker Frankfurt an der Altkönigschule Foto: privat

Schönberg (kb) – Wie bringt man das Konzertpublikum bei schönstem Sonnenschein dazu, sich zu gruseln?

Dies gelang den Jungen Sinfonikern Frankfurt anlässlich ihres 14. Kooperationskonzerts mit der Altkönigschule. Schaurige Schluchten, idyllische Naturszenen und eine wunderbare junge Sopranistin erlebten die Zuhörerinnen und Zuhörer in der Aula der Schule, begrüßt von Oberstudienrat Carsten Giegler. Unter der Leitung von Bernhard Lingner spielte das vor rund 25 Jahren gegründete Orchester Auszüge aus Carl Maria von Webers Oper Der Freischütz und Ludwig van Beethovens 6. Sinfonie F-Dur op. 68 „Pastorale“. Solistin der Ännchen-Arien aus dem „Freischütz“ war Julia Hinger, Jahrgang 1995, Studentin der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücken. An der Figur des Ännchen liebt die Sopranistin vor allem ihre fröhliche, impulsive Art: „Sie ist ein sehr junges, sehr witziges Mädchen, die gerne mal spricht, bevor sie denkt!“

Der Freischütz

„Ins Schwarze getroffen“, jubelte Carl Maria von Weber im Juni 1821 nach der erfolgreichen Uraufführung seines „Freischütz“. Nach der Vorherrschaft der italienischen Oper wurde mit dem „Freischütz“ die Epoche der Romantik für die Opernbühne eingeläutet – zugleich die Anfangsstunde der deutschen Nationaloper. Unmittelbar nach den Napoleonischen Kriegen entstanden, setzt das Werk um Versagensangst, brüchige Konventionen und gespenstische Erscheinungen eine bildmächtige Fantasiewelt frei und verdeutlicht die Ängste sowie Sehnsüchte einer ganzen Generation. Die Musik präsentiert sich in eingängigem Volksliedton, verknüpft mit ernsten Klängen eines Musikdramas. Im dramatischen Kernpunkt der Oper, der „Wolfsschlucht“, trifft sich der junge Jäger Max mit dem Forstgehilfen Kaspar, um in einem nächtlichen Ritual sieben magische Freikugeln zu gießen, die angeblich niemals ihr Ziel verfehlen. Hier waren ausnahmsweise sogar die vokalen Qualitäten der die Jungen Sinfoniker Frankfurt zu bewundern, die ausgewählte Chorpartien sangen, flüsternd den satanischen Samiel beschworen und den Kugelsegen dramatisch umsetzten. Einen heiteren Gegenpol setzte Julia Hinger mit ihrer agilen und klangschönen Interpretation der Ännchen-Rolle und bedankte sich mit der „Canzone“ des Pagen Oscar aus Giuseppe Verdis „Un ballo in maschera“ für den enthusiastischen Applaus.

Beethovens „Pastorale“

Absolute Musik oder Programmmusik? Diese ästhetische Grundsatzfrage beherrscht oft die Diskussion um Ludwig van Beethovens 6. Sinfonie „Pastorale“: Sollte Musik völlig autonom für sich stehen oder sollte sie ein Gefühl ausdrücken oder gar eine (Natur-)Szenerie abbilden? Tatsächlich übertitelte der Komponist die fünf Sätze der Sinfonie mit „Szenen“-Beschreibungen als Anregung für die Imagination und die Empfindungen der Zuhörer. Gleichzeitig aber wollte Beethoven keine illustrative Musik komponieren, wie der Titel der Sinfonie zeigt: „Pastoral-Sinfonie, oder: Erinnerung an das Landleben. Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“. Es geht Beethoven also nicht um eine unmittelbare Abbildung naturalistischer oder folkloristischer Szenen, sondern vielmehr um die Wirkung auf das menschliche Gemüt: Der Komponist als Mittler zwischen Mensch und Natur. Auch hier zeigten sich die Jungen Sinfoniker Frankfurt spielfreudig und souverän und begeisterten das Kronberger Publikum einschließlich der inzwischen zahlreichen Stammgäste. Ludwig van Beethovens „Marcia alla turca“ als Zugabe sowie ein Überraschungs-Ständchen des Orchesters zum runden Geburtstag seines Dirigenten rundeten das gelungene Konzert ab. Für die kommende Konzertphase stehen romantische und spätromantische Werke französischer Komponisten auf dem Programm.



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